3 von 4 Unternehmen wurden Opfer von Sabotage, Datendiebstahl oder Spionage. Die Spur zeigt oft nach Osten.
Kriminelle Attacken auf Unternehmen verursachen in Deutschland Rekordschäden. Durch Sabotage, Datendiebstahl oder Spionage entsteht der deutschen Wirtschaft jährlich ein Gesamtschaden von 102,9 Milliarden Euro – analoge und digitale Angriffe zusammengenommen. Der Schaden ist damit fast doppelt so hoch wie noch vor zwei Jahren (2016/2017: 55 Milliarden Euro p.a.). Drei Viertel der Unternehmen (75 Prozent) waren in den vergangen beiden Jahren von Angriffen betroffen, weitere 13 Prozent vermuten dies. In den Jahren 2016/2017 wurde nur jedes zweite Unternehmen (53 Prozent) Opfer. Das ist das Ergebnis einer Studie des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 1.000 Geschäftsführer und Sicherheitsverantwortliche quer durch alle Branchen repräsentativ befragt wurden [1].
»Umfang und Qualität der Angriffe auf Unternehmen haben dramatisch zugenommen«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Die Freizeithacker von früher haben sich zu gut ausgerüsteten und technologisch oft sehr versierten Cyberbanden weiterentwickelt – zuweilen mit Staatsressourcen im Rücken.« Digitale Angriffe haben in den vergangenen beiden Jahren bei 70 Prozent der Unternehmen einen Schaden versursacht, im Jahr 2017 waren es erst 43 Prozent.
Diebstahl und Social Engineering häufige Delikte
Demnach berichtet jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent), dass sensible digitale Daten abgeflossen sind, bei 17 Prozent wurden Informations- und Produktionssysteme oder Betriebsabläufe digital sabotiert. Bei jedem achten Unternehmen (13 Prozent) ist die digitale Kommunikation ausgespäht worden. Es wird aber nach wie vor noch oft analog angegriffen. Bei einem Drittel der Unternehmen (32 Prozent) wurden IT- oder Telekommunikationsgeräte entwendet, sensible physische Dokumente, Maschinen oder Bauteile wurden bei jedem Sechsten gestohlen. Weiter auf dem Vormarsch ist das sogenannte Social Engineering. Dabei werden Mitarbeiter manipuliert, um an sensible Informationen zu kommen, mit denen dann in einem weiteren Schritt zum Beispiel Schadsoftware auf die Firmenrechner gebracht werden kann. Mehr als jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) war davon analog betroffen, 15 Prozent digital.
Hierzu Michael Niemeier, Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV): »Spionage und Sabotage gefährden den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Aufklärung solcher Verdachtsfälle ist eine der Kernkompetenzen des Verfassungsschutzes.«
Daten aller Art im Visier: Finanz-, Mitarbeiter- und Kundendaten
Angreifer haben bei ihren Attacken unterschiedlich sensible Daten erbeutet. Bei fast der Hälfte (46 Prozent) der betroffenen Unternehmen wurden Kommunikationsdaten wie E-Mails gestohlen. Bei jedem vierten Unternehmen sind durch digitale Angriffe jeweils Finanzdaten (26 Prozent), Mitarbeiterdaten (25 Prozent) und Kundendaten (23 Prozent) abgeflossen. Kritische Geschäftsinformationen wie Marktanalysen oder Preisgestaltung sind bei jedem achten Unternehmen (12 Prozent) in kriminelle Hände gefallen. »Im globalen Wettbewerb kann jede Information über die Konkurrenz zum Vorteil werden – dafür greifen immer mehr Unternehmen zu kriminellen Mitteln«, sagt Berg.
Ehemalige Mitarbeiter als Gefahrenquelle
Wer sind die Täter? Vor allem ehemalige Mitarbeiter verursachen Schäden. Ein Drittel der Betroffenen (33 Prozent) sagt, dass sie von früheren Mitarbeitern vorsätzlich geschädigt wurden. Ein knappes Viertel (23 Prozent) sieht vormals Beschäftigte in der Verantwortung, ohne ihnen ein absichtliches Fehlverhalten zu unterstellen. Vier von zehn Betroffenen (38 Prozent) führen Angriffe auf Einzeltäter beziehungsweise sogenannte Hobby-Hacker zurück. Bei einem Fünftel geht die Spur jeweils zur organisierten Kriminalität (21 Prozent) oder zu konkurrierenden Unternehmen (20 Prozent). Bei 12 Prozent stammen Attacken von ausländischen Nachrichtendiensten.
Auch wenn die regionale Herkunft nicht immer eindeutig ist, verorten fast drei von zehn Betroffenen (28 Prozent) den Ursprung der Angriffe in Osteuropa (ohne Russland). Bei ähnlich vielen (27 Prozent) stammen die Attacken aus China, 19 Prozent sehen Russland als Ursprung, dicht gefolgt von den USA (17 Prozent). Für vier von zehn Betroffenen (39 Prozent) gingen kriminelle Handlungen aus Deutschland aus, für ein Viertel (24 Prozent) war die Herkunft unklar.
Interne Sicherheitsmaßnahmen sind entscheidend
Häufig sind es aber auch Mitarbeiter, die auf der anderen Seite dafür sorgen, dass kriminelle Handlungen aufgedeckt werden. Sechs von zehn betroffenen Unternehmen (62 Prozent) sind so erstmals auf Angriffe aufmerksam geworden. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) erhielt Hinweise auf Angriffe durch eigene Sicherheitssysteme, bei fast drei von zehn (28 Prozent) war es hingegen reiner Zufall. »Gut geschulte Mitarbeiter sind der effektivste Schutz. So lässt sich unbeabsichtigten Schäden vorbeugen, Angriffe von außen werden besser abgewehrt und sind sie doch erfolgreich, lässt sich schnell gegensteuern«, so Berg.
Wirtschaft fordert mehr Zusammenarbeit
Nur bei 13 Prozent der Unternehmen gingen erste Hinweise auf Delikte durch externe Strafverfolgungs- oder Aufsichtsbehörden ein. Auch deshalb fordern praktisch alle Unternehmen eine engere Zusammenarbeit mit Staat und Behörden. So sind 96 Prozent der Meinung, dass der Informationsaustausch zu IT-Sicherheitsthemen zwischen Staat und Wirtschaft verbessert werden sollte. Ebenso viele sagen: Die zuständigen Behörden sollten die Wirtschaft bei Fragen zur IT-Sicherheit besser unterstützen. Und 91 Prozent finden, dass der Informationsaustausch zwischen staatlichen Stellen verbessert werden sollte.
Für die Zukunft prognostiziert eine breite Mehrheit der Unternehmen eine weitere Verschärfung der Sicherheitslage. 82 Prozent gehen davon aus, dass die Zahl der Cyberattacken auf ihr Unternehmen in den nächsten zwei Jahren zunehmen wird. Berg: »Staat und Behörden können Unternehmen noch besser bei der Gefahrenabwehr unterstützen, etwa durch ein umfassendes Lagebild und einen besseren Informationsaustausch. Das von der Bundesregierung geplante Cyber-Abwehrzentrum plus sollte möglichst schnell aufgebaut werden, um das vorhandene Wissen bestmöglich zu teilen und anzuwenden.«
»Der Bitkom ist für das BfV ein wichtiger Partner im Wirtschaftsschutz. Das BfV hat daher bereits im Jahr 2016 mit dem Bitkom ein ›gemeinsames Handeln für digitale Sorgfalt und zum Schutz von Know-how in Deutschland‹ vereinbart. Daraus haben sich eine fruchtbare Kooperation und vielfältige Aktivitäten ergeben«, so BfV-Vizepräsident Niemeier.
Wie sich Unternehmen vor Angriffen schützen können, hat Bitkom unter folgendem Link zusammengetragen: www.bitkom.org/Themen/Datenschutz-Sicherheit/Oeffentliche-Sicherheit-Wirtschaftsschutz/Goldene-Regeln-fuer-den-Wirtschaftsschutz.html
[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.070 Unternehmen mit 10 oder mehr Mitarbeitern befragt. Die Interviews wurden mit Führungskräften durchgeführt, die in ihrem Unternehmen für das Thema Wirtschaftsschutz verantwortlich sind. Dazu zählen Geschäftsführer sowie Führungskräfte aus den Bereichen Unternehmenssicherheit, IT-Sicherheit, Risikomanagement und Finanzen. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft.
705 Artikel zu „Schaden Cyber“
TRENDS 2019 | TRENDS WIRTSCHAFT | TRENDS SECURITY | NEWS | BUSINESS | IT-SECURITY
Durchschnittlicher Schaden pro erfolgreicher Cyberattacke über 1 Million Euro

Erfolgreiche Cyberattacken auf Unternehmen richten im Durchschnitt einen Schaden in Höhe von jeweils 1 Million Euro an. Dies ist die Schätzung von 790 IT-Führungskräften aus aller Welt, die Radware für seinen nun veröffentlichten Global Application and Network Security Report 2018-2019 befragt hat [1]. Sie basiert auf realen Vorfällen und deren Folgen. Unternehmen, die den Schaden…
NEWS | IT-SECURITY | SERVICES | TIPPS
55 Milliarden Euro Schaden durch Cyberkriminalität

Deutschland ist wirtschaftlich oben auf, die Wirtschaft boomt. Das macht Deutschland leider zu einem bevorzugten Ziel von Cyberkriminellen und Hackern. Die Zahl der Opfer und die Summe der Schäden wachsen stetig. Die Angreifer werden immer professioneller, sowohl was die Organisationsstruktur, als auch die Qualität der Angriffe betrifft. Darum ist es umso wichtiger, die eigenen Netzwerke…
TRENDS SECURITY | NEWS | DIGITALISIERUNG | TRENDS 2016 | IT-SECURITY
Hacker-Netzwerk aus Nigeria – Cyberkriminelle »419« werden trickreicher, aktiver und vergrößern Schäden

Anti-Malware-Abteilung gibt in aktuellem Bericht detaillierten Einblick zu Akteuren, finanziellen Schäden der Opfer und eingesetzten Techniken der weltweit aktiven Hacker. Das Anti-Malware-Team von Palo Alto Networks, Unit 42, veröffentlicht den neuen Bericht über cyberkriminelle Aktivitäten, die von Nigeria aus erfolgen. Seit über zehn Jahren treibt hier ein Netz aus Kriminellen sein Handwerk – und das…
TRENDS SECURITY | NEWS | BUSINESS | TRENDS 2016 | IT-SECURITY
Geschäftsführung soll für Schäden aus Cyberattacken gerade stehen

Fast jede vierte IT-Führungskraft informiert die Geschäftsführungsebene nicht über Cyberattacken, Sicherheitslücken und Datenverluste. Viele Unternehmenslenker unterschätzen die Bedrohungslage geschäftskritischer Daten. Nur 11 Prozent von ihnen haben das Thema Cybersecurity auf ihrer Agenda. Jeder dritte IT-Sicherheitsexperte erwartet in den nächsten 90 Tagen eine Cyberattacke auf sein Unternehmen – fühlt sich aber gegen die neuen Angriffsmittel- und…
TRENDS WIRTSCHAFT | TRENDS SECURITY | NEWS | TRENDS 2016 | IT-SECURITY
Cyberangriffe verursachen 13 Milliarden Euro Schaden pro Jahr allein in Deutschland

Deutschen Unternehmen sind in den letzten fünf Jahren Schäden von insgesamt 65,2 Milliarden Euro durch Internet-Attacken entstanden. Das ergibt eine jährliche Schadenssumme für die deutsche Wirtschaft von rund 13 Milliarden Euro – so viel wie die Bundesregierung im Jahr 2016 in die komplette Infrastruktur des Landes investieren will. Besonders stark betroffen ist die herstellende Industrie.…
TRENDS SECURITY | NEWS | IT-SECURITY
Schäden durch Cyberangriffe gehen in die Hunderttausende

Je größer ein Unternehmen, desto höher ist der voraussichtliche Schaden in Folge eines Cyberangriffs. Das ist unter anderem das Ergebnis einer weltweiten Umfrage, die Kaspersky Lab gemeinsam mit B2B International durchgeführt hat [1]. Deutsche Großunternehmen müssen demnach durchschnittlich mit über 360.000 Euro Folgekosten rechnen, wenn sie eine Cyberattacke zu beklagen hatten. Mit im Durchschnitt rund…
NEWS | BUSINESS | IT-SECURITY | SERVICES | TIPPS
Wie sinnvoll ist eine Cyberversicherung?

Die Absicherung durch eine Cyberversicherung gilt nur für den Schadensfall aus der Police – Cyberattacken vorbeugen und IT-Infrastruktur absichern müssen Unternehmen dennoch. Dramatische Angriffe auf die Cybersicherheit bedrohten in den vergangenen Jahren Großkonzerne genauso wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Betroffene Betriebe stehen vor immensen finanziellen Schäden – vom angekratzten Ruf ganz zu schweigen.…
AUSGABE 9-10-2019 | NEWS | BUSINESS | LÖSUNGEN
Neues Wording bei Cyberversicherungen für mehr Transparenz – Feuerversicherung des 21. Jahrhunderts
NEWS | BUSINESS | DIGITALISIERUNG | FAVORITEN DER REDAKTION | STRATEGIEN
Kampf gegen Cyberbedrohungen: Darum sind KI, Robotik und menschliches Vorstellungsvermögen unsere Rettung

Cyberangriffe werden immer raffinierter, doch auch der Kampf gegen derartige Bedrohungen aus dem Cyber Space nimmt neue Formen an. Warum Künstliche Intelligenz, Robotik und menschliches Vorstellungsvermögen unsere Rettung sind, dazu hat sich Euan Davis, Leiter des Cognizant Center for the Future of Work in Europa, anlässlich des European Cyber Security Month Gedanken gemacht: Oktober…
TRENDS 2019 | TRENDS SECURITY | NEWS | IT-SECURITY
85 Prozent der Führungskräfte sehen menschliche Schwächen als größte Gefahr für die Cybersicherheit

Proofpoint hat in Zusammenarbeit mit der Economist Intelligence Unit eine Umfrage unter mehr als 300 CIOs und CISOs in Nordamerika, Europa und dem asiatisch-pazifischen Raum veröffentlicht [1]. Dabei sind fünf von sechs der Manager der Meinung, dass menschliche Schwächen ein deutlich größeres Risiko hinsichtlich Cyberattacken bergen als Lücken in der technischen Infrastruktur oder Probleme in…
TRENDS 2019 | TRENDS SECURITY | NEWS | IT-SECURITY
Deutsche Unternehmen unzureichend gegen Cyber-Attacken geschützt

Im Report Industry Cyber-Exposure Reports »Deutsche Börse Prime Standard 320« zeigt Rapid7 auf, wir gut die 320 als Prime Standard an der Deutschen Börse gelisteten Unternehmen (DB 320) gegen Cyber-Kriminalität geschützt sind. Die Untersuchung wurde 2019 im dritten Quartal durchgeführt. Die Ergebnisse zeichnen ein überraschendes Bild: Die untersuchten DB 320-Unternehmen bieten im Durchschnitt eine öffentliche…
TRENDS SECURITY | NEWS | IT-SECURITY
Cybersicherheit: größere Zuversicht trotz gleichbleibend hohem Bedrohungsniveau

98 Prozent der befragten deutschen Unternehmen berichten von Sicherheitsverletzungen, Hauptursache sind Phishing-Angriffe. Carbon Black, Anbieter von Cloud-nativen Lösungen für den Schutz von Endpoints, gibt die Ergebnisse seines zweiten Threat Reports für Deutschland bekannt. Für den Carbon Black Threat Report wurden weltweit gut 2000 CIOs, CTOs und CISOs befragt, davon 256 aus ganz Deutschland. Die…
TRENDS 2019 | TRENDS SECURITY | NEWS
2019: Aktuelle Trends in der Cyberkriminalität

Massive Steigerung finanziell motivierter Angriffe (E-Crime). Einzelhandel rückt verstärkt ins Visier von Cyberkriminellen. China bleibt einer der aktivsten Angreifer unter den staatlichen Akteuren. Das OverWatch Team von CrowdStrike, einem Anbieter von cloud-basiertem Endgeräteschutz, hat seinen Falcon OverWatch-Halbjahresbericht für 2019 herausgegeben. Er fasst die Erkenntnisse des OverWatch Threat Hunting Teams im ersten Halbjahr 2019 zusammen…
NEWS | IT-SECURITY
Viele leitende Angestellte weichen Cybersicherheits-Richtlinien auf oder ignorieren sie

44 Prozent der in einer Studie befragten IT-Security-Experten aus Deutschland sagen, dass leitende Angestellte in ihrem Unternehmen Cybersicherheits-Richtlinien aufweichen oder ignorieren. Dies ist eines der brisantesten Ergebnisse der von Bitdefender veröffentlichten Studie »Hacked Off!« [1]. Dafür wurden im Rahmen einer internationalen Umfrage unter mehr als 6.000 IT-Security-Experten in acht Ländern auch 515 in Deutschland tätige…