Wie sinnvoll ist eine Cyberversicherung?

Die Absicherung durch eine Cyberversicherung gilt nur für den Schadensfall aus der Police – Cyberattacken vorbeugen und IT-Infrastruktur absichern müssen Unternehmen dennoch.

 

Illustration: Geralt Absmeier

Dramatische Angriffe auf die Cybersicherheit bedrohten in den vergangenen Jahren Großkonzerne genauso wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Betroffene Betriebe stehen vor immensen finanziellen Schäden – vom angekratzten Ruf ganz zu schweigen. Angesichts dieser Gefahren erscheint es sinnvoll, wenn sich Unternehmen mit einer Cyberversicherung beschäftigen. »Ob sich diese allerdings im Einzelfall lohnt und welche Versicherungsleistungen inbegriffen sind, sollten Unternehmen im Vorfeld zwingend prüfen. Denn Cyberversicherungen kommen erst dann zum Tragen, wenn es in Unternehmen zu IT-Sicherheitsvorfällen kam, die in der Police abgedeckt sind. Unternehmen sind nicht von der Pflicht entbunden, selbst Sicherheitsvorfällen vorzubeugen. Zumal solche Versicherungen auch mit hohen Kosten verbunden sind«, gibt Patrycja Tulinska, Geschäftsführerin der PSW GROUP Consulting (www.psw-consulting.de), zu bedenken.

 

Der Markt für Cyberversicherungen ist stark in Bewegung, weshalb es sich lohnt, Angebote genau zu vergleichen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) listet aktuell 39 Anbieter für Cyberversicherungen – Tendenz steigend. Die Angebote sind komplex und vielfältig. »Grundsätzlich hat eine Cyberversicherung das Ziel, Schäden finanziell aufzufangen, die durch verschiedene IT-Sicherheitsvorfälle entstehen können. Dabei hängen die Art und Höhe der Abdeckung von der jeweiligen Police ab. In einigen Fällen sind auch Schäden Dritter mitversichert, etwa dann, wenn ein Unternehmen durch einen Hackerangriff Malware an seine Kunden weitergeleitet hat«, informiert Tulinska.

 

Neben geldwerten Entschädigungen und Kostenerstattungen bieten die meisten Versicherungen auch Beratungen zum Verhalten bei Cyberangriffen. Unternehmen bekommen dann Experten wie Anwälte, IT-Forensiker, Krisenkommunikatoren oder Datenschutzbeauftragte an die Seite, die sie mit Rat und Tat unterstützen. In leistungsstärkeren Tarifen kommt auch der Umgang mit Lösegeldforderungen bei Erpressungsversuchen mittels Trojaner hinzu. Auch Sachschäden an der IT-Hardware lassen sich in einigen Tarifen übernehmen. Diese Flexibilität und das bedarfsgerechte Zuschneiden sind weitere Vorteile einer Cyberversicherung.

 

Allerdings: Die Kosten für eine solche Versicherungspolice können zwischen 500 bis 100.000 Euro pro Jahr liegen. Die Prämie hängt dabei unter anderem von der Größe des Unternehmens oder der Mitarbeiterzahl, dem Jahresumsatz, Höhe der Selbstbeteiligung, der Vertragslaufzeit und weiteren Faktoren ab – oft gibt es Rabatte bei längeren Laufzeiten – und der Zahlweise. »Auf keinen Fall nimmt eine Cyberversicherung die Aufgabe ab, die IT-Infrastruktur abzusichern. Das Gegenteil ist der Fall: Um eine Cyberversicherung überhaupt erst abschließen zu können, benötigt die IT-Infrastruktur ein Mindestmaß an Sicherheit. Die verschiedenen Anbieter setzen hier unterschiedliche Maßnahmen voraus. In der Regel sind es Virenschutz und Firewall auf aktuellem Stand, regelmäßige Datensicherungen, Zugriffsrechte und effizientes Passwortmanagement«, mahnt Tulinska und betont »Eine Cyberversicherung schützt nicht vor dem Hackerangriff selbst, sondern lediglich vor seinen finanziellen Folgen. Womöglich ist es sinnvoller, in einen eigens für die IT-Sicherheit Verantwortlichen zu investieren. Dieser kann schon vorher ansetzen und dafür zuständig sein, Cyberrisiken wie Hackerangriffe durch Verschlüsselung und andere Maßnahmen zu verringern.«

 

Trotz dieser Vor- und Nachteile: Interessant ist die Cyberversicherung grundsätzlich für jedes Unternehmen, das mit sensiblen Daten umgeht und in denen der Geschäftsbetrieb von einer zuverlässigen Verfügbarkeit von Daten und IT-Infrastruktur abhängt. Gerade in KMU gibt es zudem häufig keinen speziellen Ansprechpartner für die IT. Hier kann die Cyberversicherung eine wertvolle Ergänzung sein, denn viele Policen sind mit Notfall-Beratungen ausgerüstet. Es gibt auch Policen, die das Einführen sinnvoller Sicherheitsmaßnahmen nach einer Cyberattacke beinhalten. »Ich rate jedoch Firmen, die eigene IT-Experten beschäftigen, deren Kenntnisse zur Abwehr von Attacken zu nutzen. Eine Möglichkeit – auch für KMU ohne eigene Fachkräfte – sind externe IT-Experten, die unabhängig von einer Cyberversicherung für das Unternehmen tätig werden«, so Patrycja Tulinska.

 

Wie überall im Leben gilt deshalb auch in der IT-Sicherheit: Vorbeugen ist besser als heilen: »Bevor Unternehmen über den Abschluss einer Cyberversicherung nachdenken, gilt es, die IT sinnvoll abzusichern«, betont die IT-Sicherheitsexpertin. Dazu gehören unter anderem die Verschlüsselung der E-Mail-Kommunikation sowie der Website, die Sensibilisierung der Mitarbeiter und gegebenenfalls die Investition in eine speziell ausgebildete IT-Sicherheits-Fachkraft, ein effizienter Virenschutz und eine gute Firewall, Regeln im Umgang mit Schatten-IT im Unternehmen, eine Passwortrichtlinie, regelmäßige Datensicherungen auf verschlüsselten externen Speichermedien, die Einführung von Zugriffsrechten auf Daten oder ganze Anwendungen und Zertifizierungen. »Letztere beugen teuren Bußgeldern vor, falls sensible Daten gestohlen werden können. Mittelgroße und große Unternehmen sollten hier den weltweit anerkannte ISO 27001-Standard wählen, KMU finden mit ISIS12 eine angepasste Zertifizierung«, erklärt Tulinska.

 

Ihr Fazit: »Grundsätzlich spricht nichts gegen eine gute Cyberversicherung, solange Unternehmen diese als das begreifen, was sie ist: Eine Absicherung für den Schadensfall. Einem Schaden vorbeugen können Unternehmen jedoch nur allein – gern mit uns als Partner an ihrer Seite.«

 

Weitere Informationen unter: https://www.psw-consulting.de/blog/2019/09/24/cyberversicherung-als-rettung-des-datenschutzes/

 

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