Unternehmen nutzen zunehmend Blockchain-Lösungen für verteilte Konten und »Smart Contracts«. Die Technologie, die der Kryptowährung Bitcoin zugrunde liegt, findet steigende Akzeptanz. Diesen Trend hat die Softwareberatung ThoughtWorks in der 17. Ausgabe ihres Technology Radar aufgezeigt [1]. Der Report, der zweimal jährlich erscheint, bewertet die neuesten Trends für Softwareentwicklung und Geschäftsstrategie.
Der Technology Radar, der auf ThoughtWorks Beobachtungen, Gesprächen und Erfahrungen bei der Lösung komplexer geschäftlicher Herausforderungen seiner Kunden beruht, behandelt sowohl existierende als auch neu aufkommende Technologien. Der Report nutzt einen visuellen Ansatz, um die Trends in vier Gruppen einzuteilen: Techniken, Plattformen, Tools sowie Programmiersprachen und Frameworks. Innerhalb dieser Gruppen wird jeder Trend mit einer Empfehlung versehen: »Hold« für Technologien, von deren Verwendung vorerst abgeraten wird; »Assess« für Technologien, die einer weiteren Evaluation bedürfen; »Trial« für Technologien, die einsatzbereit sind und »Adopt« für ausgereifte Technologien.
»Mit der Aussicht auf Vorteile wie reduzierte Kosten, gesteigerte Transparenz und klare Verantwortlichkeiten gehen Unternehmen über Machbarkeitsstudien hinaus und nutzen Blockchain-Lösungen«, sagt Dr. Rebecca Parsons, Chief Technology Officer bei ThoughtWorks. »Wie bei jeder neuen Technologie, die sich schnell entwickelt, gibt es Risiken, die zu beurteilen sind. Dies ist für Blockchain nicht anders – auch wenn die Technologie zunehmend ausgereift ist.«
»Blockchain-Technologien wie Ethereum werden auf immer interessantere Arten genutzt – als Grundlage für dezentrale Applikationen, die über Fintech und Kryptowährung hinausgehen«, sagt Mike Mason, Head of Technology, Office of the CTO bei ThoughtWorks. »Die Technologie kann manipulationssichere Datensätze über eine Vielzahl von Datenpunkten entlang der Lieferkette erzeugen. Ob es darum geht, Arzneimittelfälschungen zu bekämpfen oder die Herstellungskette unserer Lebensmittel vom Erzeuger zum Verbraucher nachzuverfolgen – Blockchain gewinnt an Bedeutung im digitalen Ökosystem.«
Zu den wichtigen Themen im neuen Technology Radar gehören:
Vertrauen in Blockchain wächst
Trotz der Verwirrung rund um Kryptowährungen nutzen viele ThoughtWorks-Kunden Blockchain-Lösungen für verteilte Konten und »Smart Contracts«. Der Technology Radar belegt, dass der Einsatz dieser Technologie einen höheren Reifegrad erreicht hat. Blockchain bietet eine Anzahl an Techniken und Programmiersprachen für »Smart Contracts«. Deshalb fördern Unternehmen das Vertrauen ihrer Mitarbeiter in die Mechanismen, die Blockchain-Implementierungen zugrunde liegen. Viele Branchen haben deutliche Probleme mit Systemen, die auf verteiltem Vertrauen basieren. Wir gehen davon aus, dass die Blockchain-Technologie hier weiterhin Lösungen liefern wird.
Cloud ist die neue Normalität
Die Public Cloud wird für viele Unternehmen zum neuen Standard; fallende Preise und steigende Leistungsfähigkeit der Systeme fördern diese Entwicklung. Die Anbieter von Cloud-Lösungen entwickeln über die Basisfunktionen hinaus Lösungen für spezifische Anforderungen. Deshalb nutzen Unternehmen zunehmend die Vorteile mehrerer Anbieter innerhalb einer Poly-Cloud-Strategie, bei der entsprechend einem Best-of-Breed-Modell verschiedene Anbieter unterschiedliche Arten von Workload verarbeiten.
Kubernetes als Mittel der Wahl für Container-Orchestrierung
Kubernetes ist auf dem Weg zum De-facto-Standard als Betriebssystem für Container. Viele Cloud-Anbieter nutzen seine offene und modulare Architektur. Der Erfolg beruht auch auf dem wachsenden Ökosystem an Servicetools rund um Kubernetes. Der Einsatz von Kubernetes in zahlreichen Produkten macht es zur nächsten Abstraktions-Ebene nach Microservices und Containern. Dies zeigt, dass Entwickler moderne Software-Architekturen trotz der inhärenten Komplexität verteilter Systeme nutzen können.
Open Source in China auf dem Vormarsch
Veränderungen in der politischen und gesellschaftlichen Haltung haben dazu geführt, dass große chinesische Unternehmen wie Alibaba und Baidu in schneller Folge Open Source Frameworks, Tools und Plattformen veröffentlichen. Angesichts der zahlreichen Softwareprojekte im boomenden chinesischen Markt wird die Anzahl und Qualität von Open-Source-Projekten auf GitHub und anderen Open-Source-Plattformen steigen. Daher erwarten wir, dass bedeutende Open-Source-Innovationen den Trend fortsetzen werden, README-Dateien zuerst auf Chinesisch und dann auf Englisch zu schreiben.
[1] Unter Thoughtworks.com/radar findet sich eine interaktive Version des Technology Radar.
ThoughtWorks bietet Unternehmen außerdem Zugang zu einem Open-Source-Visualisierungs-Tool an. Mithilfe des Tools ist es möglich, das eigene Technologie-Portfolio abzubilden und die Leistungsfähigkeit der einzelnen Technologien objektiv zu beurteilen. Auf diese Weise können Unternehmen ihren eigenen Technology Radar erstellen.
Im Dezember 2017 sowie im Januar 2018 werden ThoughtWorks-Experten die Ergebnisse des Technology Radar in Hamburg, München, Berlin und Köln vorstellen (um Anmeldung wird gebeten).
Vorsicht bei der Blockchain
Die disruptive Technologie der Blockchain ist vielseitig einsetzbar. Viele Unternehmen prüfen deshalb bereits, inwiefern sie sich für den geschäftlichen Alltag nutzen lässt. Viele der Überlegungen resultieren allerdings aus dem derzeitigen Hype rund um Blockchain, die Frage nach dem echten Mehrwert bleibt unbeantwortet.
Richard Paul Hudson, Lead IT Consultant bei msg, erklärt, warum der unbedachte Einsatz auch Risiken birgt.
Seit einiger Zeit bestimmt die Blockchain die Diskussionen in der IT-Branche. Ihre simple und dennoch extrem sichere Handhabung erreichte mit der Kryptowährung Bitcoin weltweite Aufmerksamkeit. Sie zeigte eine neuartige Technologie, um Informationen zu speichern und weiterzugeben. Die Verwendungsmöglichkeiten im Unternehmenskontext scheinen dabei so vielfältig wie bahnbrechend. Allerdings herrscht derzeit eine noch allzu verklärte Vorstellung über Blockchain. Im Zuge des aktuellen Hypes beschäftigen sich Entscheider viel zu sehr mit dem Gedanken, wie sich die Technologie möglichst schnell auf die eigenen Prozesse anwenden lässt. Obwohl es Szenarien gibt, in denen sie tatsächlich sinnvoll ist und einen Mehrwert verspricht, gibt es auch Situationen, in welchen die Eigenheiten, die ihr zugrunde liegen, eher unerwünscht oder sogar hinderlich sind.
Die Grundlagen der Blockchain
Die Informationen in einer Blockchain werden durch einzelne Teilnehmer kryptographisch signiert und lassen sich von den übrigen Teilnehmern verifizieren und validieren. Periodisch werden solche Informationen zu einem neuen Block zusammengefasst, der an die bestehende Kette angehängt wird. Für jeden neuen Block wird ein Hashwert errechnet – eine Art digitaler Fingerabdruck. Der Hashwert eines jeden Blocks ist auch im darauffolgenden Block enthalten, weshalb die Kette nachvollziehbar und daher nicht manipulierbar ist. Zusätzlich lagert die Datenkette dezentralisiert auf den Rechnern der Nutzer, was eine Kompromittierung weiter erschwert.
Da die einzelnen Teile der Blockchain die jeweils Nachfolgenden bedingen, geraten Informationen nicht in Vergessenheit und bestehen fortan für alle Ewigkeit als Teil der Kette weiter. Für viele Use Cases stellt diese Permanenz eine vielversprechende Grundlage dar, beispielsweise im Bereich der Buchhaltung, wo Transaktionen akribisch festgehalten werden müssen. In anderen Szenarien hingegen ist der immerwährende Fortbestand von Informationen, die eigentlich nur temporär wichtig sind, eher lästig und häufig auch aus Datenschutzsicht rechtswidrig. Maut-Gebühren, die über eine Blockchain abgewickelt werden, bieten keinen echten Mehrwert, sondern speichern unnötigerweise Informationen, die nun auf ewig fortbestehen.
Auslassen der Intermediäre
Parteien, die sich gegenseitig nicht vertrauen, können die Blockchain als gemeinsamen Datenspeicher verwenden und so Informationen von A nach B ohne Mittelsmänner übertragen. Dieses Merkmal macht die Blockchain attraktiv für Banken. Wo Geldgeschäfte über Landes- und Währungsgrenzen hinweg heute vergleichsweise aufwändig verlaufen, ermöglicht die Blockchain verschlankte Prozesse ohne Papierkram und zwischengeschaltete Geldinstitute innerhalb kürzester Zeit. Logischerweise eröffnet sich den Geldinstituten daher ein hohes Einsparpotenzial.
Die Blockchain-Implementierungen, die bei den Kryptowährungen zum Einsatz kommen, speichern allerdings keinerlei Informationen über die Identität der Teilnehmer an den finanziellen Transaktionen: Überweisender und Empfangender bleiben anonym. Dieser Umstand kommt zwar den Akteuren der cyberkriminellen Schattenwirtschaft, die beispielsweise Ransomware-Zahlungen in Bitcoins abwickeln, zugute. Unternehmen, die wichtige Transaktionen abwickeln, werden es hingegen bevorzugen, dass diese mit ihnen in Verbindung gesetzt werden können. Sie werden deshalb Blockchain-Implementierungen vorziehen, die über einen Identitätsbegriff verfügen. Ähnlich verhält es sich bei großen Investitionen von Privatpersonen. Wer einen hohen Kredit aufnimmt, um sich ein Grundstück oder ein Haus zu kaufen, wird den Kauf nicht ausschließlich auf einem kryptographischen Schlüssel festgehalten wissen wollen.
Die Weiterentwicklungen im Bereich der Kryptowährungen eröffnen darüber hinaus neue und vielseitigere Möglichkeiten der Geschäftsabwicklung, die auch in einem geschäftlichen Kontext relevant sind. So lassen sich in der Blockchain sogenannte Smart Contracts speichern. Diese Kleinstprogramme bieten eine technische Möglichkeit zur automatisierten Abwicklung eines Vertrages. Vorher festgelegte Bedingungen lösen bestimmte Entscheidungen aus und können auf diese Weise vertragliche Abmachungen überwachen und somit Anwälte außen vor lassen.
Auch die Smart Contracts sollten mit Bedacht eingesetzt werden. Bei der Kryptowährung Ethereum laufen sie in einem rechtsfreien Raum ab: Was der Code sagt, das wird auch ausgeführt. Diese Tatsache hat Angreifern in der Vergangenheit ermöglicht, Schlupflöcher auszunutzen, um die zu Ethereum gehörende Währung Ether in Höhe von mehreren Millionen Dollar abzuzweigen. Einen solchen rechtsfreien Raum werden Unternehmen nicht akzeptieren wollen und können. Sie werden rechtliche Bedingungen definieren müssen, unter welchen Smart Contracts bei unbeabsichtigten Fehlern wieder auf eine nichttechnische Art und Weise rückgängig gemacht werden können.
Des Weiteren erfordern Smart Contracts von Unternehmen, dass sie eine bestimmte Menge Geld in einem virtuellen Raum zwischenlagern, damit die Verträge ausgeführt werden können. Sie müssen also in eine finanzielle Vorleistung gehen, ehe der Vertrag erfüllt worden ist. Das gebundene Kapital steigt damit. Es ist fraglich, ob Unternehmen unter diesem Gesichtspunkt nicht doch lieber dabei bleiben, Rechnungen im Nachgang zu bezahlen – auch um eventuelle Zweifel, die bei Geschäften mit hohem Finanzvolumen auftreten können, zu prüfen.
Fazit: Mit Bedacht genießen
Die Blockchain-Technologie ist einer der Disruptoren der Digitalen Transformation. Die Technologie hat das Potenzial, Unternehmen zu verändern und gewinnbringend eingesetzt zu werden. Unternehmen müssen aber Blockchain-Implementierungen wählen, bei denen die Nachteile der Kryptowährungen wie Anonymität, die Bindung von Geldmengen und der Ablauf in einem rechtsfreien Raum beseitigt werden und dennoch die Vorteile wie Unbestreitbarkeit, eingesparte Kosten und effizientere Abwicklungen erhalten bleiben.
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