China 2019: Erfolg, Sicherheit und Gesundheit sind die drei wichtigsten Werte der chinesischen Konsumenten

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Der Werte-Index China 2019 analysiert erstmalig Diskussionsbeiträge in chinesischen Social-Media-Kanälen. Die Ergebnisse bieten deutschen Unternehmen wichtige Erkenntnisse über die aktuelle Wertewelt der in China lebenden Menschen. Nach der Studie sind für chinesische Internetnutzer Erfolg, Sicherheit und Gesundheit aktuell die drei wichtigsten Werte. Im Vergleich dazu sind es in Deutschland laut dem Werte-Index 2018 die Werte Natur, Gesundheit und Familie.

Die Basis für die Erstellung des chinesischen Index sind Informationen aus mehr als acht Millionen Posts in »Weibo« – dem chinesischen Äquivalent der Kurznachrichtenplattform Twitter – die qualitativ wie quantitativ ausgewertet wurden. Parallel dazu wurden Beiträge in Chinas größter öffentlicher App »WeChat« ausgewertet und mit den Ergebnissen aus Weibo verbunden.

»Mit dem Werte-Index China geben wir einen Einblick in die moderne und digital hochvernetzte chinesische Gesellschaft und das vor allem mit Fokus auf Konsumentenbedürfnisse«, sagt Ulrich Köhler, Managing Director Trendbüro. »Die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Chinesen sollte in einer globalisierten Welt nicht daran scheitern, dass wir Kultur und Werte von Chinesen nicht kennen. Der Werte-Index China unterstützt deutsche Unternehmen anhand praktischer Beispiele dabei, diese Gesellschaft auch besser zu verstehen.«

»In Deutschland hat sich der Werte-Index in den letzten zehn Jahren gewissermaßen zu einer Leitwährung für den kulturellen Wandel entwickelt. Er ist relevant vor allem für Entscheider in Unternehmen, deren Marken und Produkte selbst heute zunehmend auf dem Prüfstand stehen«, sagt Jens Krüger, Geschäftsführer bei Kantar. »Gerade für Entscheider in Deutschland, die den chinesischen Markt nutzen wollen, ist die Frage nach der Konsumkultur und ein besseres Verstehen derselben eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt im Warenkorb der Chinesen zu landen.«

 

Die Spitzenreiter unter den Werten: Erfolg, Sicherheit und Gesundheit

  • TOP 1: Erfolg stellt aktuell für Chinas Konsumenten den wichtigsten und am meisten in Social-Media-Netzwerken diskutierten Wert dar. Dabei wird Erfolg an der eigenen verbesserten Lebensqualität gemessen. Chinesen genießen es, dass sie heute in der Lage sind, sich und ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Sie gönnen sich Dinge, materielle Produkte, aber auch Reisen und außergewöhnliche Erlebnisse. Und dafür arbeiten sie gern.
  • TOP 2: Sicherheit liegt auf Rang zwei des Werte-Index China. Sie hat für Chinesen verschiedene Bedeutungen. Einerseits steht physische Sicherheit, zum Beispiel im Straßenverkehr, ganz oben auf der Liste der diskutierten Themen. Außerdem wird Sicherheit ganz stark mit Vertrauen in Produkte und Marken verbunden. Chinesische Konsumenten haben ein ganz klares Verlangen nach Qualitätsprodukten und hier spielt Vertrauen beziehungsweise Sicherheit eine ganz große Rolle. »Produkte aus Deutschland genießen bei chinesischen Konsumenten ein hohes Ansehen. Das Siegel ›Made in Germany‹ hat etwas zu bedeuten«, ergänzt Christian Stipp, Managing Partner Avantgarde China. »Da der chinesische Markt mittlerweile aber sehr stark umkämpft ist, reicht das allein nicht mehr aus, um nachhaltig Vertrauen bei chinesischen Konsumenten aufzubauen.«
  • TOP 3: Gesundheit schafft es in China auf Platz drei des Werte-Index. Ein oft genannter Begriff in diesem Zusammenhang ist »Big Health«. Big Health bezieht sich auf das Zusammenspiel der Digitalisierung der Gesundheitsbranche im Allgemeinen, etwa Terminvereinbarung beim Arzt, Bestellung von Rezepten oder digitalen Health-Care-Produkten (etwa Tracking-Tools), aber auch auf Fitness und einem gesunden Lebensstil. Dabei geht es nicht primär um reaktive Gesundheit, sondern vor allem darum, Krankheiten vorzubeugen und die Lebensqualität zu erhöhen.

 

Familie und Gemeinschaft nicht so relevant wie erwartet

Einfachheit, Freiheit und Natur sind die folgenden drei Werte im chinesischen Ranking. Einfachheit wird wichtiger, da im Zuge der rasanten digitalen Entwicklung der Alltag immer komplexer geworden ist. Chinesen sind ständig verfügbar und online – das zeigen auch die mehr als vier Stunden, die der Chinese durchschnittlich in WeChat verbringt. Es wird sich nach einer Entschleunigung im Alltag gesehnt.

Freiheit sehen chinesische Konsumenten vor allem in Bezug auf »Freiheit vom Arbeitsalltag, aber auch Freiraum von der Familie«. Zwei Folgen aus dieser Entwicklung ist die Zunahme an Freelancing und Reisen – so schaffen sich Chinesen den gesuchten Freiraum.

Natur – in Deutschland aktuell auf Platz eins im Werte-Ranking – nimmt in China auf Platz sechs zwar noch einen wichtigen Stellenwert ein, aber es gibt nur wenige sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten, um die Natur zu schützen. In China steht Natur vor allem für die schöpferische Kraft, die uns Menschen und Tieren als Lebensraum gegeben ist.

Familie und Gemeinschaft schaffen es im Werte-Ranking Chinas Internetnutzer aktuell nur auf Platz sieben und acht. Einerseits spielt Familie weiterhin eine wichtige Rolle, aber ein wachsender Individualismus hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker durchgesetzt und die Rolle der Familie weiter in den Hintergrund treten lassen.

Gemeinschaft (Platz acht) spielt einerseits nur eine geringe Rolle, da es ein starkes Bestreben nach individuellem Stil unter Chinesen gibt. Andererseits wird Community im Hinblick auf Social Media und auch E-Commerce großgeschrieben. Social Commerce ist in China sehr erfolgreich im Einzelhandel und funktioniert deshalb so gut, weil Chinesen gern alles mit ihrer Familie, Freunden, Kollegen oder Bekannten – ihrer Community – teilen.

Schlusslichter der zehn untersuchten Werte bilden die Werte Anerkennung und Transparenz. Der deutsche Werte-Index ist zuletzt im Januar 2018 erschienen und widmet sich bereits seit zehn Jahren der Erfassung der zehn grundlegenden Werte in den populärsten deutschsprachigen Websites, Communities und Blogs. Er dient dabei als Kompass für Bedeutung und Relevanz von Werten der deutschen Internetnutzer und hilft Entscheidern in Unternehmen in ihren werteorientierten Kommunikations- und Unternehmensstrategien. Für die derzeit von immer mehr Unternehmen vorangetrieben Purpose-Kommunikation dient der Werte-Index als Grundlage für eine nachhaltigere Kommunikation mit ihren Kunden und potenziellen Kunden. Der Werte-Index China kann von Unternehmen nun als Basis für ihre dortige Kommunikation und Aktivitäten genutzt werden.

 

[1] Über den Werte-Index China
Seit 2009 beobachtet der Werte-Index die Diskussion gesellschaftlicher Werte in den populärsten deutschsprachigen Websites, Communities und Blogs. Der vorliegende Consumer Value Index China 2019 überträgt diese Methodik zum ersten Mal auf chinesische soziale Medien. Ein internationales Researcher-Team unter der Leitung von Kantar und Trendbüro analysierte Häufigkeit und Kontext von Diskussionen zu insgesamt 15 Werten. Die Ergebnisse bieten deutschen Unternehmen wichtige Erkenntnisse über das aktuelle Werteverständnis der chinesisch-sprachigen Welt. Die Basis für die Erstellung des chinesischen Index sind Informationen aus mehr als acht Millionen Posts in »Weibo« – der chinesischen Kurznachrichtenplattform– die über einen Zeitraum von vier Monaten gesammelt und qualitativ wie quantitativ ausgewertet wurden. Ergänzt wurden diese Ergebnisse mit der Analyse viraler Beiträge in Chinas größter öffentlicher App »WeChat« sowie Interviews mit Experten und Unternehmern, die sich den Implikationen des Wertewandels in der Praxis stellen.

 

Die Bedeutung von Werten – Sicherheit ist das höchste Gut

Terror, Flüchtlingskonflikte und Krieg dominierten vergangenes Jahr die deutschen Medien. Diese Themen veränderten auch die Wertvorstellungen der Menschen im Land: 83 Prozent der Deutschen sagen, dass der Wert Sicherheit künftig weiter an Bedeutung gewinnen wird – das sind sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Dies ergab eine Umfrage des GfK Vereins zum »Bedeutungswandel von Werten« [1]. Auch traditionelle Werte wie Vertrauen und Verantwortung verzeichneten 2016 ein deutliches Plus.

Der GfK Verein befragte in der ersten Dezemberhälfte 2016 rund 2.000 Menschen zu insgesamt 13 Wertebegriffen und deren künftiger Relevanz. Wie die Ergebnisse zeigen, sind die Meldungen in den Medien zu Terror, Krisen und Konflikte an den Menschen in Deutschland nicht spurlos vorübergegangen. Der Wert »Sicherheit« legte noch einmal deutlich zu und liegt mit 83 Prozent erneut auf dem ersten Platz des Werterankings – eine Steigerung um sieben Prozentpunkte. Im vergangenen Jahr lag er noch bei 76 Prozent, vor 5 Jahren waren sogar nur 68 Prozent der Deutschen der Ansicht, dass Sicherheit ein Thema mit steigender Relevanz ist. Lediglich zwei Prozent glauben derzeit, dass dieser Wert in Zukunft an Bedeutung verliert.

Vertrauen, Verantwortung und Innovation mit zweistelligem Plus

Mit einem deutlichen Abstand zur Nummer 1 folgen im Werteranking dicht gedrängt die Werte Leistung, Vertrauen und Zuhause: Jeweils knapp 60 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass diese Werte an Bedeutung gewinnen werden. Auf Platz 5 rangiert die Verantwortung, der 55 Prozent der Befragten eine künftig noch höhere Relevanz attestieren. Im Vergleich zu den Vorjahresergebnissen wird deutlich, dass Vertrauen und Verantwortung mit einem Plus von jeweils 11 Prozentpunkten merklich zulegen konnten.

Aber noch ein weiterer Wert ist – mit einem gleich hohen Zuwachs – im Aufwind: die Innovation. Waren es letztes Jahr noch knapp 40 Prozent der Deutschen, die Innovation für einen künftig zunehmend relevanten Wert hielten, so teilt diese Ansicht heute schon die Hälfte aller Befragten. »Die Deutschen realisieren offenbar zunehmend, dass wir unsere starke Wirtschaftskraft mit immer neuen Ideen füttern müssen, um unseren Erfolg fortzusetzen«, kommentiert Raimund Wildner, Geschäftsführer und Vizepräsident des GfK Vereins. In die gleiche Richtung weist auch die Zunahme des Wertes »Wettbewerb« um 6 Prozentpunkte auf 44 Prozent.

Verzicht, Luxus und Abenteuer bilden das Schlusslicht

Auf die Frage, ob es in Zukunft wichtiger oder weniger wichtig wird, den Gürtel enger zu schnallen, haben die Deutschen keine klare Meinung: 24 Prozent schätzen Verzicht als einen Wert mit Zukunft ein, genauso viele sagen das Gegenteil und rund die Hälfte sagt keine Veränderung vorher.

Bei Luxus und Abenteuer sind die Ergebnisse hingegen klarer: 22 Prozent beziehungsweise 19 Prozent sehen diese Werte, im Kommen und etwa ein Drittel (33 Prozent beziehungsweise 35 Prozent) sind der Ansicht, dass diese Werte in Zukunft an Relevanz verlieren werden – was mit dem wachsenden Sicherheitsbedürfnis korrespondiert.

[1] Für die Studie »Bedeutungswandel von Werten« hat die GfK Marktforschung im Auftrag des GfK Vereins in der ersten Dezemberhälfte 2016 1.998 Männer und Frauen ab 14 Jahren – repräsentativ für die deutsche Bevölkerung – befragt. Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse und Folien zum Download finden Sie auf der Homepage unseres Newsservice GfK Compact https://www.gfk-verein.org/compact/fokusthemen/werte-wunsch-nach-sicherheit-waechst-weiter

 

 

Nachhaltiger Werte- und Kulturwandel kann nicht erzwungen werden

Nachhaltige Veränderungen finden nicht unter Zwang statt. Das originäre Bedürfnis muss aus dem Business heraus entstehen. Die Finanzbranche ist ein passendes Beispiel dafür: Neue regulatorische Vorgaben des Gesetzgebers zwingen Banken, ihre Geschäfte stärker auf die Kunden auszurichten. Diese Kundenorientierung haben die Bankhäuser in ihren Wertesystemen verankert. Rund die Hälfte der Führungskräfte nimmt das Wertesystem als Grundlage ihrer Überzeugung und etwas weniger als die Hälfte der Mitarbeiter leben die Werte. Aber nur 33 Prozent der Banken stimmen voll und ganz zu, dass die Werte für Kunden erlebbar sind. Das ergab das aktuelle Change-Barometer der Mutaree GmbH unter 283 Teilnehmern aus der Bankbranche.

»Die Bankbranche ist ein gutes Beispiel dafür, wie Zwang gute Absichten fehlleiten kann. Viele Banken haben aufgrund regulatorischer Vorgaben Wertesysteme etabliert, deren tatsächliche Wirkung und Relevanz zweifelhaft und nur bedingt nachhaltig sind. Die Werte sind in der täglichen Praxis vieler Banker noch nicht richtig angekommen und daher für die Kunden nicht immer erlebbar. Der gut gemeinte Kulturwandel kann nur durch ein einheitliches Werteverständnis und durch gezieltes Change Management nachhaltig verankert werden«, sagt Claudia Schmidt, Geschäftsführerin der Mutaree GmbH.

Wertekonformes Verhalten wird nicht honoriert

Nur 20 Prozent der Teilnehmer bestätigen, dass wertkonformes Verhalten in ihrer Bank honoriert wird. Über die Hälfte der Befragten geben an, dass solch eine Honorierung für sie nicht zutreffend ist und dass in ihrem Haus noch keine Auseinandersetzung mit dem Thema erfolgt ist. Gründe, warum wertekonformes Verhalten nicht honoriert wird, reichen von Defiziten im Zielsystem – seien es keine oder unpassende diesbezügliche Ziele – bis hin zu Diskrepanzen zwischen Theorie, also der offiziellen Darstellung der Werte, und der Praxis des täglich gelebten Verhaltens.

»Dass nur ein Fünftel der Befragten für wertekonformes Verhalten belohnt wird, ist wirklich wenig. Aber dass über die Hälfte der Befragten angibt, dass das Thema für sie nicht zutreffend ist und in ihrem Haus bis dahin keine Auseinandersetzung mit dem Thema erfolgt ist, sollte hinterfraget werden. Hier besteht extremer Nachholbedarf, denn nur wenn Werte in gewünschtes Verhalten übersetzt und dieses auch belohnt wird, können sie sich nachhaltig in den Köpfen verankern. Und nur so wird die Relevanz für das Business und für alle Mitarbeiter greifbar«, sagt Claudia Schmidt.

Fazit

Die nachhaltige interne und externe Verankerung der Werte ist nur dann erfolgreich, wenn Unternehmen eine aus dem originären Geschäft heraus entstehende Notwendigkeit sehen und nicht nur einen äußeren Zwang, um ihre Wertesysteme anzupassen. Damit diese langfristig etabliert werden, müssen außerdem die Strukturen und Prozesse entsprechend ausgerichtet werden – dazu gehört besonders die Honorierung wertekonformen Verhaltens.