Das resiliente Unternehmen – Digitale Tools als Anker in der Krise

Unternehmen dürfen Krisen nicht länger reaktiv angehen, sondern müssen Resilienz in der Unternehmensstrategie verankern. Digitale Krisenmanagement-Tools helfen bei der Vermeidung und Bewältigung von Krisensituationen und geschäftsschädigenden Ereignissen.

Die aktuellen Krisen lassen Unternehmenslenkern wenig Zeit, sich mit der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse zu beschäftigen. Dabei ist es gerade jetzt wichtiger denn je – und zwar in einer bisher oft nebensächlich betrachteten Perspektive: Unstrittig ist, dass der digitale Wandel viele Chancen bereithält – von der Optimierung der Prozesse bis zur Erschließung neuer Kundengruppen und Märkte. Die meisten Unternehmen haben das bereits erkannt und nutzen digitale Werkzeuge erfolgreich, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Was sie ebenfalls im Blick behalten sollten: das Potenzial der Digitalisierung für die Resilienz ihres Geschäfts. Denn nach drei Jahren Dauerkrise, einem Krieg in Europa, knappen Kassen, unterbrochenen Lieferketten, einer unsicheren Strom- und Gasversorgung und der sich zuspitzenden Klimakrise stehen viele vor der Frage, wie sie auch weiterhin sicher auf Kurs bleiben können. Der Schlüssel liegt darin, Krisen nicht länger reaktiv anzugehen, sondern Resilienz als festen Bestandteil in der Unternehmensstrategie zu verankern. Kurz gesagt: In unserer Zeit der Poly- bzw. Permakrise wird Resilienz zu einer Schlüsseltugend für unternehmerischen Erfolg.

Digitale Lösungen steigern Resilienz: Das Potenzial ist groß. Die gute Nachricht: Hier hält die Digitalisierung einiges bereit. Mit digitalen Lösungen können sich Unternehmen für vergleichsweise wenig Geld resilienter aufstellen, die Sicherheit der Mitarbeitenden jederzeit schützen und ihre Geschäftstätigkeit auch in Krisenfällen aufrechterhalten oder schnell wieder herstellen. Durch die Kombination menschlicher Expertise und technologischer Effizienz versetzen digitale Technologien verantwortliche Entscheidungsträger in die Lage, auch in herausfordernden Situationen mit der nötigen Weitsicht, schnell und zielsicher zu handeln.

Das haben auch viele Entscheidungsträger erkannt: Laut dem kürzlich veröffentlichten Resilience Radar von F24, einer repräsentativen Umfrage unter mehr als eintausend privatwirtschaftlichen Führungskräften in Deutschland, stimmt knapp die Hälfte der Aussage zu, dass moderne Technologien und digitale Krisenmanagementlösungen dabei helfen, Krisen besser zu bewältigen. Trotzdem hat nur etwa jedes zehnte Unternehmen (12 Prozent) digitale Krisenmanagement-Tools im Einsatz. Und obwohl es gerade im Ernstfall oft auf jede Minute ankommt, haben lediglich 7 Prozent der Unternehmen in die Automatisierung ihrer Abläufe speziell im Krisenfall investiert.

Was wir sehen, ist eine Diskrepanz zwischen der Bedeutung und Wichtigkeit von Resilienz und dem, wie Unternehmen in diese Bereiche investieren. Klar ist: Der Aufbau einer modernen, auf Technologie gestützten Resilienz zahlt sich langfristig immer aus. Im letzten Jahr gehörten neben politischen Risiken vor allem widrige Wetterbedingungen, IT- und Telekommunikationsvorfälle sowie Cyberangriffe und Datenlecks zu den größten Risikofaktoren für Unternehmen. Vorfälle dieser Art erweisen sich für Unternehmen oftmals als sehr kostspielig, in einigen Fällen sogar als geschäftsgefährdend. Der Klimawandel und die enorme Zunahme an Cyberkriminalität in den letzten Jahren lassen vermuten, dass Vorfälle dieser Art in Zukunft noch sehr viel häufiger werden.

Kreislauf zur Prävention und Bewältigung von Krisensituationen.

 

Automatisierte Alarmierung und effiziente Kollaboration – wenn jede Minute zählt. Was aber macht digitale Lösungen bei der Resilienzsteigerung so wirksam? Ihr Vorteil liegt vor allem in der Fähigkeit, relevante Informationen in Echtzeit zu erfassen und effizient an die richtigen Stellen zu übermitteln. Durch konsequentes Monitoring und einem transparenten Informationsfluss innerhalb der eigenen Prozesse können gefährdende und mitunter teure Situationen bereits in ihrer Entstehung erkannt und unterbunden werden. Ist der Krisenfall schon eingetreten, können größere Schäden durch vordefinierte und automatisierte Alarmierungs- und Handlungskaskaden verhindert werden. Nehmen wir einen durch eine Flutkatastrophe ausgelösten Krisenfall als Beispiel: Anhand von GPS-Daten weiß die Krisenmanagementsoftware jederzeit genau, welche Mitarbeitenden betroffen sind, wo sie sich befinden, und schickt innerhalb von Sekunden Alarmierungsnachrichten mit konkreten Handlungsanweisungen zur Evakuierung. Gleichzeitig werden vorab festgelegte Expertenteams organisiert und in extern gehosteten digitalen Konferenzräumen vernetzt. Während des gesamten Krisenverlaufs dokumentiert die Software den aktuellen Status und liefert damit die von Versicherungen und Behörden geforderte revisionssichere Dokumentation.

IoT-Anbindung – warnt zuverlässig und spart manuelle Arbeit. Verbunden mit den Möglichkeiten des Internet of Things (IoT) können Unternehmen auch ihre Prozesse und Lieferketten resilienter gestalten. Dabei werden Maschinen, Behälter und andere physische Objekte in Produktion oder Logistik mit Sensoren ausgestattet und mit geeigneten Software-Lösungen verknüpft. Die Sensoren sammeln Zustands-, Stör- und andere Warnmeldungen und erkennen zuverlässig kritische Engpässe und Abweichungen innerhalb der hinterlegten Grenzwerte. Kommt es zu Störungen oder Abweichungen wie bspw. Temperaturschwankungen bei der Lieferung von verderblicher Fracht, wird umgehend eine Warnmeldung an die Plattform übertragen und die digitale Alarmierung gestartet. Je nach Szenario erhalten so die verantwortlichen Personen in Fachabteilungen und, falls erforderlich, direkt im Krisenstab zeitnah relevante Informa­tionen und können Maßnahmen zur Bewältigung einleiten. Unternehmen können so sehr effizient proaktive Maßnahmen für ihre kritischen Bereiche etablieren, Personal in ihren oftmals zeit- und kostenintensiven Kontrollpflichten entlasten und sich jederzeit rechtssicher aufstellen.

Fazit. Angesichts immer häufiger eintretender Geschäfts­risiken und Gefahrensituationen für Unternehmen in allen Branchen und Größen wird es immer wichtiger, wirksame Systeme zur Vermeidung und Bewältigung von Krisensituationen und geschäftsschädigenden Ereignissen zu schaffen. Durch den Einsatz digitaler Technologien und Plattformen können Entscheidungsträger Risiken frühzeitig erkennen, schnell und effektiv auf den Ernstfall reagieren, Leben und andere Werte schützen. Unternehmen sollten auch hier die Potenziale der Digitalisierung nutzen, um in allen Lagen handlungsfähig zu bleiben und sich als resiliente Unternehmung sicher für die Zukunft aufzustellen.

 


Markus Epner,
Krisenexperte und Head of Academy
bei F24

 

 

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