Deutsche Wirtschaft beendet das Jahr mit ordentlichem Wachstum

Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) signalisiert für das Schlussquartal mit einem Indexstand von 101 Punkten ein Wachstumstempo, das trotz einiger Schwächesignale in den vergangenen Monaten in etwa dem langjährigen Durchschnitt entspricht: Im vierten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt um gut 0,3 Prozent höher ausfallen als im Vorquartal. Somit wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um voraussichtlich 1,5 Prozent gewachsen sein. »Das ist zwar ein geringerer Anstieg der Wirtschaftsleistung als noch zu Jahresbeginn erwartet wurde, letztlich aber als eine Normalisierung nach Jahren des überdurchschnittlichen Wachstums zu werten«, sagt DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. »Sorgen vor einer Rezession sind übertrieben.« Für kommendes Jahr ist nach Einschätzung des DIW Berlin mit 1,6 Prozent ein Wachstum in ähnlicher Größenordnung zu erwarten.

 

Die Dienstleistungsbereiche tragen stabil zum Wachstum bei. »Im Zuge des kräftigen Beschäftigungsaufbaus profitieren die konsumnahen Bereiche von den spürbaren Einkommenszuwächsen der privaten Haushalte«, so DIW-Konjunkturexperte Simon Junker. »Der vorübergehende Produktionsstopp in der Automobilindustrie im Sommer trägt dagegen noch maßgeblich zu dem trüben Bild bei, das die Indikatoren für die deutsche Industrie derzeit zeichnen.« Nach und nach dürften die Kfz-Hersteller Zertifizierungen für ihre Fahrzeugmodelle erhalten und dann einen Großteil der ausgebliebenen Verkäufe – und schließlich auch der Produktion – nachholen. Diesen Effekt können aktuell vorliegende Zahlen noch nicht vollständig widerspiegeln; immerhin hat sich die Stimmung in der Kfz-Industrie und auch im Kfz-Handel bereits merklich aufgehellt. Somit dürfte der Nachholeffekt die Wirtschaftsleistung in den kommenden Monaten spürbar anregen.

 

 


 

Wirtschaft: Hochkonjunktur vorbei, Rezessionsgefahr gering

DIW Berlin korrigiert Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft nach unten – Ende der Hochkonjunktur nach Periode des überdurchschnittlichen Wachstums, unter dem Strich steht deutsche Wirtschaft aber nach wie vor vergleichsweise gut da – Große Unsicherheit über Fortgang des Brexit, ungeregelter EU-Austritt aber unwahrscheinlich.

Die Zeiten der Hochkonjunktur in Deutschland sind vorbei: Nach einer bis in das Frühjahr 2018 anhaltenden außerordentlich starken Entwicklung normalisiert sich die Wachstumsdynamik der deutschen Wirtschaft. Sie wird in diesem und in den kommenden beiden Jahren aber weiter spürbar wachsen und sich der Normalauslastung nähern. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) korrigiert seine Prognose für das Wachstum der hiesigen Wirtschaftsleistung nach unten: auf 1,5 Prozent für dieses Jahr (0,3 Prozentpunkte weniger im Vergleich zur Herbstprognose) und 1,6 Prozent für das kommende Jahr (0,1 Prozentpunkte weniger als im Herbst).

»Obwohl das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal dieses Jahres sogar erstmals seit langer Zeit gesunken war, ist die Gefahr einer Rezession gering«, sagt DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. »Denn der Rückschlag im Sommer hatte seine Ursache vor allem in der Automobilindustrie.« Wegen Problemen bei der Zertifizierung nach den neuen Abgas- und Verbrauchsnormen der EU konnten die Hersteller nicht so viele Autos wie gedacht absetzen und drosselten daraufhin ihre Produktion. Das setzte auch die Investitionen unter Druck. Die Produktionsausfälle dürften jedoch im Winter zumindest teilweise nachgeholt werden.

 

 

Stabile Auslandsnachfrage und starker privater Konsum stützen die Konjunktur

Auch einige andere Aspekte sprechen für eine, wenn auch abgeschwächte, Fortsetzung des Aufwärtstrends der deutschen Wirtschaft – neben der brummenden Bauwirtschaft nicht zuletzt die stabile Arbeitsmarktlage: Die Beschäftigung steigt ungeachtet der Sonderentwicklungen weiter. »Das macht sich zunehmend in den Portemonnaies der ArbeitnehmerInnen bemerkbar: Die Löhne steigen auch nach Abzug der Inflation, die in den kommenden Jahren bei etwa zwei Prozent liegen dürfte, um voraussichtlich mehr als ein Prozent pro Jahr. Davon profitiert der private Konsum«, sagt Simon Junker, Experte für die deutsche Konjunktur. Einen merklichen Einkommensschub beschert den privaten Haushalten, dass der Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung ab Jahresbeginn 2019 wieder hälftig von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite zu tragen ist. Zudem zeigt sich der Staat großzügig – so sinkt der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung, Grund- und Kinderfreibeträge werden angehoben und die Mütterrente steigt.

Obwohl die Weltkonjunktur ihren Höhepunkt bereits im Frühjahr überschritten hat, wird wohl auch das Auslandsgeschäft weiter gut laufen – sofern die schwelenden Handelskonflikte, etwa zwischen den USA und China, die Brexit-Situation und der Haushaltsstreit zwischen der EU und Italien nicht eskalieren. Die Unternehmen investieren zwar zunehmend in Maschinen und Anlagen, die ganz große Investitionsoffensive bleibt auch angesichts der diversen Unsicherheiten aber aus.

Unter dem Strich deutet viel darauf hin, dass sich das Tempo der deutschen Wirtschaft nach Jahren des überdurchschnittlichen Wachstums normalisiert. Das spiegelt sich auch in den öffentlichen Haushalten wider, die nach wie vor mit satten, über die Jahre aber rückläufigen Überschüssen abschließen werden: in diesem Jahr in Höhe von rund 56 Milliarden Euro, im Jahr 2020 dann noch in Höhe von 38 Milliarden Euro.

 

Brexit-Verschiebung oder neues Referendum wahrscheinlicher als ungeregelter EU-Austritt

Derzeit ist das konjunkturelle Bild jedoch außergewöhnlich unscharf: Dazu trägt nicht zuletzt die große Unsicherheit über den Fortgang des Brexit bei. Nachdem die Abstimmung im britischen Unterhaus über den zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich ausgehandelten Brexit-Vertrag verschoben wurde, ist vorerst auch nicht mit mehr Klarheit zu rechnen. Sollte es doch noch zu einem »harten« Brexit kommen, also einem Austritt ohne Vereinbarungen mit Blick auf die künftigen Handelsbeziehungen, würde die äußerst exportorientierte deutsche Wirtschaft hart getroffen werden.

Allerdings dürfte es nach wie vor das Interesse sowohl Großbritanniens als auch der EU sein, ein solches Szenario zu vermeiden. Sollten die nun von britischer Seite angestrebten Nachbesserungen am Brexit-Vertrag und letztlich die Abstimmung im britischen Parlament nicht rechtzeitig über die Bühne gehen, sind eine Verschiebung des eigentlich für Ende März nächsten Jahres geplanten Brexit oder ein erneutes Referendum wahrscheinlicher als ein ungeordneter Austritt – insbesondere, wenn es im Zuge der politischen Turbulenzen zu Neuwahlen im Vereinigten Königreich kommen sollte. »In diesem unsicheren Umfeld werden sich Unternehmen wie auch VerbraucherInnen mit größeren Ausgaben vorerst weiterhin zurückhalten«, sagt Stefan Gebauer, Experte für die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs und des Euroraums.

 

DIW-Konjunkturprognose im DIW Wochenbericht 50/2018 | PDF, 2.82 MB

https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.610420.de/18-50.pdf

 


 

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