Die deutsche Wirtschaft kann momentan wenig aufhalten – weder die Brexit-Verhandlungen noch Donald Trump. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) rechnet daher mit einem robusten Wachstum von zwei Prozent im kommenden Jahr. Fehlende Fachkräfte werden aber immer mehr zu einer hausgemachten Wachstumsbremse.
Die deutsche Konjunktur läuft deutlich besser als in den ersten Monaten dieses Jahres zu erwarten war. Vor allem der Wahlausgang in den USA und die Gefahr eines sich verstärkenden Nationalismus in Europa hatten zunächst für eine zunehmende wirtschaftliche Verunsicherung und eine zurückhaltende Konjunkturbewertung gesorgt. Im Jahresverlauf 2017 haben sich jedoch einige Befürchtungen – vor allem eine Abschwächung der Weltwirtschaft infolge zunehmender Protektionismen – nicht bewahrheitet. Im Gegenteil, die Weltwirtschaft hat trotz weiter bestehender politischer Risiken an Fahrt aufgenommen.
Damit hat auch die konjunkturelle Dynamik in Deutschland wieder an Breite gewonnen. Die anziehende Weltkonjunktur belebt die Exporte. Wegen der gleichzeitig stark ansteigenden Importe bleibt der Außenbeitrag weitgehend konjunkturneutral. Neben dem kräftigen Konsumwachstum treiben auch die Anlageinvestitionen die Konjunktur an. Die Beschäftigung steigt von Rekord zu Rekord. Dieses Konjunkturbild hat weiterhin Bestand: Das reale Bruttoinlandsprodukt wird 2017 um gut 2 ¼ Prozent auf breiter Front expandieren. Im Jahr 2018 wird sich das Wachstumstempo leicht verlangsamen und das reale BIP wird um rund 2 Prozent ansteigen. Die Bauwirtschaft wird weniger stark zulegen. Auch beim Konsum und Export ist mit leichten Abstrichen zu rechnen. Es bleibt jetzt abzuwarten, ob die politische Lage in Deutschland die wirtschaftliche Unsicherheit erhöht.
Diese Robustheit bestimmt derzeit die Diskussion darüber, ob die deutsche Wirtschaft Gefahr läuft, sich zu überhitzen. Eine rein makroökonomische Klärung dieser These ist schwierig. Deshalb hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln im Rahmen seiner Konjunkturumfrage im Herbst 2017 knapp 2.900 Unternehmen in Deutschland bezüglich ihrer betrieblichen Kapazitätsbeanspruchung konsultiert. Diese Ergebnisse, die wir Ihnen heute mit der Konjunkturumfrage vorstellen, sind ein wichtiger qualitativer Erklärungsbeitrag zur Überhitzungsgefahr mit hoher wirtschaftspolitischer Relevanz.
Die gesamtwirtschaftliche Dynamik wurde im bisherigen Jahresverlauf 2017 von allen großen Wirtschaftsbereichen getragen. Die deutsche Wirtschaft expandiert derzeit auch produktionsseitig in der gesamten Breite: Den kräftigsten Zuwachs konnte das Baugewerbe verbuchen: Seit Anfang 2014 steigt die industrielle Wertschöpfung an – abgesehen von immer wieder kurzen Unterbrechungen. Mit schwachen Stockungen legte auch der Dienstleistungssektor in den letzten Jahren zu.
Daran wird sich im Prognosezeitraum nichts ändern. In 2018 expandieren gemäß der IW-Konjunkturumfrage alle Branchen:
- 52 Prozent der Industriefirmen erwarten 2018 eine höhere Produktion. Nur gut 10 Prozent sehen einen Rückgang.
- Bei den Dienstleistern gehen 48 Prozent von einem höheren und nur 8 Prozent von einem rückläufigen Umsatz aus.
- Unter den Baufirmen prognostizieren 43 Prozent einen Zuwachs und nur 6 Prozent sehen ein schlechteres Geschäft.
Insgesamt geht somit knapp die Hälfte aller befragten Unternehmen von einer höheren Produktion im kommenden Jahr aus und knapp 9 Prozent erwarten einen Rückgang. Der Saldo aus positiven und negativen Meldungen liegt mit knapp 41 Prozentpunkten aber nur leicht höher als im Frühjahr 2017, jedoch um rund 15 Prozentpunkte über den Werten der beiden Umfragen im Jahr 2016.
Die Konjunkturdynamik könnte noch stärker sein, doch der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften bremst die Unternehmen. Viele arbeiten bereits am Limit – gut ein Drittel spricht sogar von einer Überauslastung. 47 Prozent der Firmen bestätigen, dass fehlende Fachkräfte die Produktionsmöglichkeiten begrenzen. Unter den Betrieben, die bereits eine Überauslastung feststellen, sprechen sogar zwei Drittel von einem Fachkräftemangel. Das Fehlen von qualifizierten Mitarbeitern hemmt zudem die Investitionsanreize: »Die Unternehmen würden in Deutschland mehr in Sachkapital und Technologie investieren, wenn sie mehr Fachkräfte in den meisten Wirtschaftsbereichen zur Verfügung hätten«, sagt IW-Direktor Michael Hüther.
Ein Video mit einem Kommentar von IW-Direktor Michael Hüther zu den Ergebnissen der IW-Umfrage finden Sie hier.
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