Die Bedeutung der IT bei Mergern und Akquisitionen – Die IT als fester Bestandteil des M&A-Prozesses ist ein Muss

Bei Übernahmeprozessen wird die IT-Abteilung oftmals zur Nebensache – und dass, obwohl der Übernahmeerfolg auch von ihr abhängt. Daher gibt es Risiken für Unternehmen, wenn sie ihre IT-Abteilung nicht involvieren. Welche Vorteile bringen IT-Manager für M&A-Prozesse mit?

2021 war in Sachen Merger und Akquisitionen (M&A) hierzulande ein Rekordjahr – allen voran die Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia für 19 Milliarden US-Dollar oder der Kauf des Automobilelektronikspezialisten Hella durch das französische Unternehmen Faurecia für acht Milliarden US-Dollar [1] [2] [3]. Doch auch wenn der M&A-Markt 2022 ein geringeres Tempo als im Vorjahr aufwies, gab es zahlreiche Geschäftsfusionen und -übernahmen.

IT-Abteilungen werden bei M&A-Deals häufig übersehen. Unternehmen streben Übernahmen oder Fusionen aus verschiedenen Gründen an: zum Beispiel, wenn sie planen, ihr Geschäft in einer bestimmten Region auszuweiten, sie ihre Markenbekanntheit steigern möchten, sie sich dadurch höhere Marktanteile versprechen oder wenn sie ihrem Portfolio neue Produkte hinzufügen wollen. Gleichzeitig sind kulturelle Unterschiede oder mangelhafte Due-Diligence-Prüfungen zwei verbreitete Ursachen, weshalb M&A-Deals nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Ein weiterer potenzieller Grund sind IT-Abteilungen, die während des M&A-Prozesses übersehen werden – ein fataler Fehler.

Das IT-Team ist dafür zuständig, die Integration zwischen den unterschiedlichen IT-Stacks der involvierten Unternehmen reibungslos über die Bühne zu bringen. Bei internationalen Übernahmen spielt auch das Thema Datenschutz eine wichtige Rolle. Die Handhabung der Unternehmen ist auf die jeweiligen lokalen datenschutzrechtlichen Anforderungen ausgelegt, die stark voneinander abweichen können. Hinzu kommt, dass neuen Mitarbeitern in einer Zeit der Unsicherheit und Umstellungen der Übergang möglichst einfach gemacht werden soll, damit sie ihre Tätigkeit schnell wieder aufnehmen können. Auch das liegt in der Verantwortung der IT-Abteilung. 

Wenn die IT als Bindeglied fungiert. Anstatt die IT-Abteilung bei Unternehmensfusionen also zu vernachlässigen, sollten Unternehmen sie vielmehr als Bindeglied betrachten, das die Unternehmen auf technologischer Ebene miteinander verbindet und den Wandel wirksam unterstützt. Während des M&A-Prozesses und darüber hinaus, bringt das vor allem bei der Technologieintegration einige Vorteile mit sich. Zum Beispiel eröffnen sich neue Datenquellen für die verschiedenen Geschäftsbereiche. Gleichzeitig lassen sich effizientere Systeme und Arbeitsabläufe etablieren, die die Mitarbeiterproduktivität fördern. Steht die IT jedoch hinten an, drohen Datensilos und redundante Systeme, die in ineffizienten Abläufen resultieren. Zudem entsteht dadurch ein vermeidbares Risiko für sensible Daten.

Deshalb müssen Unternehmen IT-Manager mit ins Boot holen und in den M&A-Prozess einbinden – und zwar von Anfang an. Im Zuge dessen übernehmen IT-Führungskräfte verschiedene Aufgaben: 

  • Einen Überblick verschaffen: Wichtig ist, dass IT-Manager einen umfassenden Überblick über die vorhandenen IT-Infrastrukturen und deren Abhängigkeiten erhalten. Dies schließt auch Systeme, Anwendungen und Endgeräte ein, die nicht gleich offensichtlich sind. Diese sogenannte Schatten-IT muss frühzeitig erkannt und verhindert werden. 
  • Die Umstellung planen: Haben die entsprechenden Verantwortlichen die gesamte IT-Infrastruktur erfasst, geht es in die Planungsphase, in der die Umstellung sorgfältig und detailliert aufgeschlüsselt wird. Dazu gehört, Ziele und Zeitfenster der Umstellung sowie die Integration neuer Tools zu definieren. Darüber hinaus sollten Manager potenzielle Hindernisse, Risiken sowie entsprechende Gegenmaßnahmen und Lösungen identifizieren.
  • Das technische Fundament legen: Nach der Planungs- folgt die Integrationsphase. Hier geht es darum, sowohl Rechenzentren zusammenzuführen als auch die IT-Infrastruktur, Daten und Geschäftssysteme zu migrieren. Damit der Betrieb aufrechterhalten bleibt, haben Kunden-, Finanz- und Transaktionsdaten eine höhere Priorität. Außerdem sollten IT-Manager Sicherheitsrichtlinien entwerfen und im Team kommunizieren.
  • Für Sicherheit sorgen: Während der Integrationsphase hat der Sicherheitsaspekt Priorität, da Hacker die Verwundbarkeit der betroffenen Unternehmen zu dieser Zeit gezielt ausnutzen könnten. Daher müssen IT-Führungskräfte die kombinierte IT-Infrastruktur eingehend auf Schwachstellen hin untersuchen. Hier lohnt sich ein mehrschichtiger Sicherheitsansatz. Zum Beispiel schränkt eine Zero-Trust-Architektur den Zugriff auf Netzwerk, Anwendungen und Daten ein, wodurch das Sicherheitsniveau steigt.
  • Zukunftspläne schmieden: Wie könnten sich die IT-Anforderungen künftig verändern? Welche Innovationen passen zu unserem kombinierten Geschäft und / oder unserer vereinten Infrastruktur? Und wie lassen sie sich am effizientesten implementieren? Über diese und weitere Zukunftsfragen sollten sich IT-Entscheider frühzeitig Gedanken machen.

Fazit. Wenn ein M&A-Deal bevorsteht, verliert die IT-Abteilung unter Umständen an Bedeutung und andere Faktoren rücken in den Mittelpunkt. Die Konsequenzen machen sich im Laufe des M&A-Prozess allerdings schnell bemerkbar. Es kann dazu kommen, dass Systeme und Integrationen streiken, die übernommenen Mitarbeiter keinen Zugriff auf für sie relevante Anwendungen und Daten haben oder Cyberkriminelle die Gunst der Stunde nutzen und Schwachstellen gezielt angreifen. 

Daher ist es für die Unternehmensleitung unerlässlich, ihre IT-Manager direkt in den M&A-Prozess einzubeziehen. Sie müssen dafür sorgen, dass die IT-Systeme einheitlich sind, sodass alte und neue Mitarbeiter unter den gleichen Voraussetzungen arbeiten können. Um sicherzustellen dass der Geschäftsbetrieb uneingeschränkt weiterläuft, müssen Unternehmen ihren IT-Führungskräften zudem ausreichend Budget, Zeit und Personal einräumen. Wird die Umsetzung zur Herausforderung, können auch externe Partner mit dem nötigen Know-how bei Planung, Discovery und Implementierung unterstützen.

 


Gerard Lavin,
Field CTO
bei Cloud Software Group

 

 

[1] https://www.roedl.de/themen/ma-dialog/2022-04/ma-markt-rekordhoch-2021-stabiler-aussicht-2022
[2] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/vonovia-deutsche-wohnen-103.html
[3] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hella-verkauf-faurecia-1.5384081

 

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