Die verschiedenen Sichten auf die Digitalisierung

foto cc0 pixabay geralt zwei gesichter

foto cc0

Auf Einladung des VOICE e.V. nahm Experton Group im Rahmen der vierten Jahrestagung der führenden deutschen IT-Anwendervereinigung an einer Podiumsdiskussion zum Thema »IT Trends und VOICE CIO Agenda 2016« teil. Eine Gruppe von IT-Anwendern, Hochschulprofessoren und Marktanalysten diskutierte teils kontrovers die Themen »Gehen IT-Organisationen deutscher Unternehmen mit dem Thema Digitalisierung richtig um?« »Ist bi-modale IT die richtige Antwort auf die zukünftigen Herausforderungen?« und »CIO-Agenda 2016 – warum gibt es Unterschiede zwischen den Erkenntnissen von VOICE und den Marktforschungsunternehmen?«

Das Tempo der Digitalisierung hängt von der Organisation ab

Nachdem das Thema Digitalisierung ja von den Marktauguren seit Jahren gepredigt wird und es mittlerweile selbst bei unseren Spitzenpolitikern angekommen ist, stellt sich die Frage, wie deutsche Unternehmen mit diesem Thema umgehen. Glaubt man der langläufigen Pressemeinung, so verpasst unser Land ja gerade den Digitalisierungszug, weil wir in typisch deutscher Gründlichkeit erst denken und dann loslegen. Unsere Mitbewerber starten da ja scheinbar, wie üblich bei neuen Trends, viel schneller.

Die Teilnehmer der Diskussion waren einhellig der Meinung, dass es »die« IT-Organisation nicht gibt. Wir von Experton Group sehen erhebliche Unterschiede in den jeweiligen Industrien, was das Thema Digitalisierung und digitale Transformation angeht, sowie im notwendigen Ansatz der IT. Erschwerend kommt hinzu, dass IT-Organisationen nun mal einen unterschiedlichen Reifegrad sowie unterschiedliche Geschäftsaufträge haben.

Insofern ist unsere Antwort auf diese Frage relativ simpel: Ja, IT-Organisationen gehen mit dem Thema angemessen um. Aus unserer Sicht gibt es allerdings kein »falsch« in dieser Fragestellung. Einige Organisationen sind schneller und damit bereits weiter als andere, was aber nicht bedeutet, dass die Langsameren damit schlechter wären. Vergleicht man allein die unterschiedlichen Industrien, so wird schnell klar, dass in der Fertigungsindustrie aufgrund der Thematiken rund um Smart Factories und Intelligent Devices ein ganz anderer Wind weht als etwa in der Finanzbranche, in der die technologischen Herausforderungen an die Digitalisierung ganz andere Ansprüche stellt.

Von Seiten der IT-Anwender war denn auch zu hören, dass das Thema hoch auf der Agenda steht, man aber nie vergessen darf, dass die klassischen, operativen Aufgaben einen Großteil der Kapazitäten binden.

Bi-modale IT: Eigentlich nichts Neues

Die Diskussion zum Thema »Bi-modale IT« führte zu teils doch recht kontroversen Diskussionen. Wie nicht anders zu erwarten, verteidigte der Vertreter der Gartner Group diesen Ansatz vehement, machte jedoch auch darauf aufmerksam, dass das Konzept nicht automatisch und sklavisch bedeutet, dass die innovativen Themen in Zukunft ausschließlich den Fachabteilungen gehören und die Enterprise IT nur noch das Legacy-Geschäft betreibt.

Unsere Position hierzu ist ebenfalls recht simpel: Bi-modale oder 2-Speed IT ist, genau wie viele der derzeit propagierten, sogenannten Trendthemen, genau genommen nichts Neues. Es gab in der Vergangenheit, allerdings aus anderen Gründen, schon immer eine Trennung zwischen Entwicklungs- und Produktionssystemen. Während aber in der Vergangenheit die Entwicklungssysteme Spiegelbilder der etablierten Produktionssysteme waren, sind solche Systeme heute wesentlich dynamischer bereit zu stellen. Nicht nur im Hinblick auf Softwareentwicklungsumgebungen sondern auch im Bereich der Architekturen.

Deshalb steht für uns fest: Bi-modal ist zwingend notwendig, muss aber auch richtig verstanden werden. Es geht hierbei um die dynamische und schnelle Bereitstellung einer IT-Umgebung, die es Geschäftsbereichen und Fachabteilungen ermöglich, disruptive Ideen und Konzepte zu testen und in einer frühen Produktionsumgebung bereitzustellen, bevor sie in einem geordneten Transitionsverfahren in die eigentliche Produktionsumgebung übernommen werden.

Unterschiedliche Ansätze in der Marktbetrachtung

Die provokante Frage des rührigen Moderators, Herrn Witte, Pressesprecher des VOICE e.V., warum es denn Unterschiede zwischen den von den Marktanalysten veröffentlichten CIO-Agenden und einer VOICE-internen Befragung gebe, beantworteten die Vertreter dieser Unternehmen unterschiedlich.

Während der Vertreter der Gartner Group darauf verwies, dass die durch sein Unternehmen getätigten Aussagen auf internationalen Umfrageergebnissen beruhten, erklärte Crisp die Unterschiede mit Hilfe seines Analysemodells, welches unterschiedlich zu dem des VOICE e.V. ist.

Aus Sicht von Experton Group gibt es drei wesentliche Gründe: Erstens sind die Aussagen über die Trendthemen, die den Markt beherrschen, und die damit einhergehenden Topthemen der CIOs eine Konsolidierung unterschiedlicher Informationsquellen wie beispielsweise Projekterfahrungen, informelle Gespräche im kontinuierlichen Kundenkontakt mit CIOs sowie direkte Befragungen sowohl der Anwender als auch der Anbieterlandschaft. Diese Daten werden analysiert und dann als Ergebnis veröffentlicht.

Zweitens erwartet der Markt von Unternehmen unseres Schlages den Blick in die Zukunft, in das Moderne. Deshalb werden Themen, die ständig auf der Agenda eines CIO stehen – wie beispielsweise »Operational Excellence« – nicht jedes Mal erwähnt, sondern im stillschweigenden Einverständnis mit dem Leser als gegeben und bekannt vorausgesetzt.

Last but not least spielt in unserer schnelllebigen Zeit der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle. Während sich die Prioritäten in solchen Agenden in den vergangenen Jahren nur sehr langsam verändert haben, resultieren der steigende Wettbewerbsdruck sowie die technologischen Neuerungen in einer höheren Änderungsgeschwindigkeit. Und dies macht die Vergleichbarkeit solcher Studienergebnisse so schwer.

foto autor lutz peichert experton Lutz Peichert, Experton Group

Schreiben Sie einen Kommentar