Internationaler Frauentag 2022: Wird die Technologierevolution von Frauen angeführt?  

Illustration: Absmeier, Chenspec

 

In unserer modernen Gesellschaft sind Soziale Inklusion und Gleichheit zwei wichtige Themen. Etliche Wirtschaftszweige werden immer noch überwiegend von Männern besetzt, und man könnte den Eindruck gewinnen, sie seien für Frauen sogar völlig unzugänglich. Zumindest hier in Europa. Der Technologiesektor macht da keine Ausnahme.  Aus diesem Grund möchten wir zum Internationalen Frauentag ein Porträt der Frauen im Technologiesektor (insbesondere im Bereich Cybersicherheit!) zeichnen und einige Projekte beleuchten, die Frauen zum Einstieg in die Branche ermutigen sollen.

 

Ist der Technologiesektor weiblicher als es den Anschein hat? Nein. 

Dreiundzwanzig Prozent. Das ist laut Deloitte die Prozentzahl der 2020 im Technologiesektor vertretenen Frauen. Zugegeben, diese Zahl ist weit davon entfernt, die Mehrheit zu bilden oder auch nur annähernd ausgewogen zu sein. Man könnte sich durchaus fragen, warum das so ist. Insbesondere angesichts dessen, dass Isabelle Collet, Informatikerin, Lehrerin und Forscherin an der Universität Genf, in ihrem 2019 erschienenen Buch »Les oubliées du numérique« (Die vergessenen Frauen der digitalen Welt) darauf hinweist, dass in den 1980er Jahren 40 % der Informatikabschlüsse in Europa und den USA an Frauen vergeben wurden. Heute sind es nur noch 25 %. Es ist schwer nachzuvollziehen, warum das so ist. Die Geschichte ist schließlich voll von Frauen, die technologische Errungenschaften erfunden oder an ihnen gearbeitet haben. Solche die heute selbstverständlich zu unserem täglichen Leben gehören.

Der erste moderne Computer, der 1940 von Alan Turing erfunden wurde, basiert auf der Arbeit von Ada Lovelace, die als erste Computerprogrammiererin der Welt gilt. Ein Filmstar der 1940er und 1950er Jahre, Hedy Lamarr, war zugleich eine brillante Wissenschaftlerin. Ihre Arbeit, bezeichnet als »Geheimes Kommunikationssystem«, wurde 1942 patentiert und inspirierte die Erfindung von WIFI, GPS und Bluetooth.

Seitdem haben viele Frauen die Technologiebranche erobert und das Gesicht unserer modernen Welt verändert.

Mehr und mehr Frauen fühlen sich von der Technologiebranche angezogen, auch wenn sie für nur 3 % die erste Wahl war. Ein Fakt, der durchaus auf einen Mangel an Informationen seitens der Recruiter zurückzuführen sein könnte. Das Beispiel unserer Kollegin Sanne Spiessens, Vetting Manager für die USA bei GlobalSign, zeigt, wie undurchsichtig einige Aspekte des Berufs selbst für Recruiter bleiben:

»Ich erhielt einen unerwarteten Anruf von einer Personalagentur für eine Stelle als Screening Officer. Damals ahnten die meisten Leute nur – so gut wie ich, was die Stelle wohl beinhalten würde. Das war auch ziemlich genau das, was der Recruiter mir erklärte: »Ich weiß, es klingt ein bisschen nebulös, und es ist nichts, womit viele Leute Erfahrung haben, aber wir denken, dass Sie gut geeignet wären.« Nachdem ich mehrere Jahre in mikrobiologischen Labors verbracht hatte, schien mir das eine offensichtliche Veränderung zu sein. »

Die Leichtigkeit, mit der man im Laufe seiner Karriere den Job wechseln kann, mag ein Grund dafür sein, dass sich die Branche zunehmend für Frauen zu öffnen scheint.

 

Die Zukunft der Branche ist weiblich

Frauen waren zwar schon immer Teil der Branche, aber in Wirklichkeit ist ihr Anteil deutlich zurück-gegangen. Die 1990er Jahre waren dafür mit entscheidend. Laut Isabelle Kollet wurde die Begeisterung für IT und ihre wachsende Bedeutung zu einem wichtigen Thema in den Unternehmen. Infolgedessen wurde der Sektor für Männer attraktiver, so dass Frauen weniger geneigt zu sein schienen, sich für ein Studium in diesem Bereich zu entscheiden. Und er wurde immer mehr zu einer Männerdomäne. Die neu aufkommenden Personal Computer wurden wie selbstverständlich exklusiv an Väter und Söhne vermarktet, wie eine Werbung für den Computer Apple II im Jahr 1985 illustriert. Die Popkultur der 80er-90er Jahre verherrlicht in Filmen wie Weird Science (L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn), oder War Games (WarGames – Kriegsspiele) das Bild des linkischen, freakigen, aber genialen Jungen, der mit Hilfe von Technik nicht nur die Welt rettet, sondern auch das Mädchen bekommt.

In der Technologiebranche scheint sich die Kluft zwischen den Geschlechtern jetzt aber zu schließen. Eine globale Studie von Deloitte belegt, dass sich die Kluft zwischen den Geschlechtern langsam verringert und bis Ende dieses Jahres 25 % der Beschäftigten im Sektor weiblich sein werden. Darüber hinaus prognostiziert der Bericht, dass in führenden Technologieunternehmen bis zum Jahresende durchschnittlich fast 33 % Frauen Teil der Belegschaft sein werden – eine Steigerung um zwei Prozent gegenüber 2019 (Abbildung 1). Auch die Zahl der Frauen in techniknahen Positionen wird zunehmen, obwohl sie tendenziell um etwa acht Prozent hinter dem Gesamtanteil der Frauen zurückbleibt.

In den acht größten Technologieunternehmen (Apple, Microsoft, Alphabet Inc, Amazon, Meta) ist der Frauenanteil um 238 % schneller gestiegen ist als der der Männer! Drei Frauen aus diesen Unternehmen zählen zu den Top 15 der mächtigsten Frauen im Technologiebereich (Forbes-Ranking): Sheryl Sandberg, Chief Operating Officer bei Facebook (1.), Meg Whitman, CEO von HP (14.) und Susan Wojciki, CEO von YouTube (15.). Das Ranking hebt erfreulicherweise Unternehmen hervor wie Girls Who Code, gegründet von Reshma Saujani mit dem Ziel, Frauen durch Technologie zu stärken, und GoldieBox, gegründet von Debbie Sterling zur Förderung von Technik- und Konstruktionsspielzeug für Mädchen.

Die Kluft zwischen den Geschlechtern innerhalb der Technikwelt zu schließen, ist ein wichtiges Anliegen. Aber es gibt immer noch ausreichend viele Hindernisse. Der beste Weg, Frauen für einen Einstieg in den Technologiesektor zu begeistern, sind zweifellos Informationen und Berufsberatung.

 

Mehr Frauen für den Technologiesektor begeistern

Der Anteil der Frauen in der Branche nimmt zwar allgemein zu, aber was lässt sich noch mehr tun, um Frauen für die Branche zu motivieren, und vor allem, was kann man tun, um sie dort auch zu halten? In den letzten Jahren wurden viele Projekte und Vereinigungen ins Leben gerufen, um Frauen bei ihrer Karriereplanung dahingehend zu beraten und zu unterstützen.

Etwa Universitätsprogramme, die Studentinnen ermutigen, sich für MINT-Berufe zu entscheiden. Vier große europäische Universitäten (Canterbury Christ Church University in England, Technische Universität Brünn in der Tschechischen Republik, ETH in Zürich und Universität Tampere in Finnland) haben in naturwissenschaftliche und technologiebezogene Programme investiert und verzeichnen inzwischen eine weibliche Absolventenquote von 35 %.

»Es ist ein hervorragender Zeitpunkt, um in diesem aufregenden und wichtigen Berufsfeld zu arbeiten. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten zu lernen, sich zu entwickeln und etwas zu bewirken!« Cally Fritsch, Director of RPM and Product Marketing bei GlobalSign.

 

Zur Unterstützung von Frauen, die eine Karriere in der Cybersicherheit anstreben, gilt die Vereinigung »WiCys – Women in Cybersecurity« als hervorragende Quelle der Orientierung. WICys wurde 2012 gegründet und beschreibt sich selbst als »eine globale Gemeinschaft von Frauen, Verbündeten und Fürsprechern/*innen. Wir bemühen uns, talentierte Frauen zusammenzubringen, um ihre Leidenschaft und ihren Antrieb für Cybersicherheit zu würdigen und zu fördern. Wir bringen lokale Gemeinschaften aufstrebender und erfolgreicher Cybersicherheitsexpertinnen aus der ganzen Welt zusammen, um miteinander zu arbeiten, Wissen auszutauschen, sich zu vernetzen und zu betreuen. Wir schaffen Möglichkeiten über berufliche Entwicklungsprogramme, Konferenzen und Jobmessen.«

Das Programm bietet verschiedene Initiativen für die Teilnahme an Karrieretrainings, um sich mit anderen Frauen auf der ganzen Welt zu vernetzen sowie Mentorinnen zu treffen und von ihnen zu lernen. Auch die Europäische Union hat ihr eigenes Rekrutierungsprogramm »Women TechEU« ins Leben gerufen, das als »ein neues EU-Programm zur Unterstützung von Frauen-geführten High-Tech-Start-ups und zur Förderung ihrer Entwicklung zu den High-Tech-Champions von morgen« beschrieben wird.

Weitere Initiativen organisieren sich über den Einfluss der sozialen Medien. Zur Feier des Internationalen Frauentags 2022 wurde die Kampagne #breakthebias ins Leben gerufen. Darunter  stellt sich IWD eine Welt der Gleichberechtigung vor, die frei von Vorurteilen, Stereotypen und Diskriminierung ist, und fordert die Menschen auf, sich am 8. März 2022 in den sozialen Netzwerken zu mobilisieren, um die Erfolge von Frauen zu feiern, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen und gleichzeitig Ungleichheit anzuprangern. Der IWD hat es sich zum Ziel gesetzt, die Erfolge von Frauen zu feiern und die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben. Derzeit unterstützt das Projekt Frauen in verschiedenen Branchen wie Technologie, Ökologie, Kunst und Sport, um ein besseres Umfeld am Arbeitsplatz und in unserer Gesellschaft zu schaffen.

Aber wäre der beste Weg für die Inklusion von Frauen in den Technologiesektor nicht der der Integration?  Die Begegnung mit wichtigen Persönlichkeiten, die Frauen ermutigen und motivieren, in ihrer Karriere voranzukommen? Lila Kee von GlobalSign, Leiterin des Produktmanagements und General Manager für Nord- und Südamerika, weiß das aus erster Hand:

»Es ist ein aufregendes, sich ständig veränderndes Feld, in dem Sie immer wieder angehalten sind, sich weiterzuentwickeln und Ihren Beitrag zu leisten. Ich hatte das Glück, mit vielen klugen, hart arbeitenden Frauen zusammenzuarbeiten, die sich zu einer Zeit gegenseitig unterstützt haben, als Chancengleichheit und ein fortschrittliches Arbeitsumfeld in vielen Bereichen noch in den Kinderschuhen steckten, insbesondere als berufstätige Mutter. Ich war und bin inspiriert von Frauen, die nicht nur in einem aufregenden Sektor wie dem der Cybersicherheit erfolgreich sind, sondern auch die Zeit finden, sich gegenseitig zu unterstützen. Meine Empfehlung: Wenn Sie eine Karriere in der Cybersicherheit wollen, dann Los!«

Der Technologiesektor boomt, und Frauen machen Fortschritte. Sie sind Führungspersönlichkeiten, Mentorinnen und Unterstützerinnen und brechen dabei mit Stereotypen. Jede Initiative aber ist wichtig, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Frauen heute noch diskriminiert werden, sowohl bei den Gehältern als auch bei Beförderungen. Auch wenn die Fortschritte ermutigend sind,  von einer Welt wie sie sich der IWD vorstellt, sind wir noch weit entfern. Trotzdem bringt jede einzelne Initiative und jedes einzelne Projekt etwas voran.

Das sehen wir auch bei GlobalSign so, und wir bedanken uns bei allen Frauen, die zum Erfolg unseres Unternehmens beigetragen haben – #breakthebias.