Nutzung der RZ-Abwärme: »Große Herausforderung mit vielen Chancen«

Dr. Ralph Hintemann ist ein ausgewiesener Experte, wenn es sich um das Thema »Abwärme-Nutzung in Rechenzentren« handelt. Der Gesellschafter und Senior Researcher des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit in Berlin hat dazu zahlreiche Publikationen veröffentlicht und ist zudem ein angesehener Referent. Darüber hinaus arbeitet Dr. Hintemann seit vielen Jahren mit dem Kölner Unternehmen High Knowledge GmbH zusammen und wirkte unter anderem beim Zertifikat »Sustainable Data Center« mit. Aufgrund des neuen Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) kommen auf die Betreiber von Rechenzentren neue Richtlinien zur Nutzung der Abwärme zu erfüllen sind, rückt das Thema verstärkt in den Fokus.

 

Das Thema »Abwärme-Nutzung« ist auch ein wichtiger Punkt im neuen Energieeffizienzgesetz. So muss zum einen die Nutzung der Abwärme dokumentiert und bis zum Jahr 2028 die Abwärme auch – soweit technisch möglich – komplett genutzt werden. Wie stehen Sie zu diesen staatlichen Vorgaben?

Ralph Hintemann: Ich bin ein starker Befürworter dafür, dass wir die Abwärme besser und zielgerichteter nutzen. Das Thema des Klimaschutzes ist der bestimmende Aspekt unserer Zeit. Es ist auch eine große Herausforderung, die aber zahlreiche Chancen bietet – gerade auch für Betreiber von Rechenzentren. Das betrifft vor allem auch die Planung von neuen Anlagen. Denn hier ist die Standortentscheidung sehr wichtig. Es muss hier schon genau darauf geachtet werden, wo und wie man die Abwärme nutzt. Kann diese ins Wärmenetz eingespeist werden? Gibt es in unmittelbarer Nähe Abnehmer wie Schulen oder andere Einrichtungen? Wird eine Wärmepumpe benötigt? Was passiert im Sommer, wenn weniger Wärme benötigt wird? Man sieht, es ergeben sich zahlreiche Fragen, die man in diesem Zusammenhang beantworten muss.

 

Was muss Ihrer Meinung passieren, dass diese Fragen beantwortet werden können?

Meiner Meinung nach stehen wir in der Diskussion erst am Anfang. Darum plädiere ich dafür, dass man das Thema anreizorientierter gestaltet. Grundsätzlich ist es sehr wichtig, dass man aufgrund der stetig wachsenden Anforderungen der Digitalisierung Rechenzentren baut. Allerdings sollten diese so nachhaltig wie möglich gestaltet werden. Hier sollte die Politik mehr Anreize schaffen. Das fängt beim Standort an und hört bei der Bilanzierung von CO₂-Mengen auf, welche die Betreiber dann wieder verkaufen könnten. Man könnte beispielsweise auch darüber nachdenken, Vergünstigungen bei den Abgaben auf Strom einzuführen, wenn Abwärme genutzt wird. Es gehört auf jeden Fall dazu, dass sich Politik und RZ-Betreiber besser austauschen und man gemeinsam neue Ideen entwickelt. Wichtig ist auch, dass die Abnahme von Abwärme in Deutschland einfacher gestaltet wird. Der Staat kann den Kommunen und den Betreibern helfen und bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen setzen. Des Weiteren muss man aber auch sehen, dass es nachhaltige Lösungen gibt, die Abwärme effektiv zu nutzen. Hierzu müssen auch die Betreiber offen für Lösungen sein. Oft hilft es dabei auch, sich externe Partner ins Boot zu holen, die beide Seiten sinnvoll unterstützen können.

 

Ist diese Diskussion, die Sie angesprochen haben, nicht schon in vollem Gange?

Man muss sehen, dass es derzeit kein größeres Rechenzentrumsprojekt in Deutschland gibt, bei dem nicht geprüft wird, wie man die Abwärme nutzen kann. Trotzdem ist es wichtig, dass das Thema noch weiter ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wird. Nicht nur aufgrund der Energiekrise und den steigenden Kosten für Energie müssen wir uns von Öl und Gas lösen. Das ist meiner Meinung absolut alternativlos. Ganz entscheidend ist aber auch, dass sich daraus eine Win-win-Situation für die Betreiber und für die Politik bzw. Gesellschaft ergibt.

 

Welchen Anteil kann denn die Nutzung der Abwärme aus Rechenzentren leisten?

Ganz klar: Rechenzentren werden nicht allein die Wärmewende in Deutschland herbeiführen. Aber sie können einen Teil dazu beitragen – vor allem, wenn man es kommunal betrachtet. So kann ein großes Rechenzentrum eine kleinere Stadt mit Wärme versorgen. Frankfurt am Main könnte in Zukunft fast ausschließlich mit Abwärme aus den zahlreichen Rechenzentren beheizt werden. Das Potenzial ist auf jeden Fall gegeben. Aber es bleiben natürlich auch die Herausforderungen: Wer nimmt die Wärme ab und wie viel Prozent davon ist wirklich nutzbar?

Wir stehen vor einer spannenden Zeit, was dieses Thema anbelangt: voller Herausforderungen, aber auch voller Chancen.

 

Vielen Dank Herr Dr. Hintemann für das Gespräch.

 

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Die Vorschriften des EnEfG stellen Betreiber von Rechenzentren vor große Herausforderungen. Diese strengen Regularien zum Stromverbrauch oder der Abwärmenutzung lassen sich allerdings mit einem Partner an der Seite erfüllen, der ganzheitlich alle Komponenten des Rechenzentrums nachhaltig prüft und bei einer energetischen Sanierung oder bei der Planung eines Neubaus die richtigen Weichen stellt, um die Gesetzesanforderungen umsetzen zu können. Das Kölner Unternehmen High Knowledge bietet mit BlueDC Elements beispielsweise hierfür Lösungen an. Damit sind sogar bis zu 80 Prozent Energieeinsparungen möglich und auch Wege einer zielführenden Nutzung der Abwärme werden aufgezeigt.
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