Reality Check: Conversational Commerce – Revolutionieren Sprachassistenten unser Einkaufsverhalten?

»Wie wird das Wetter morgen?« – »Spiele etwas von den Rolling Stones!« – »Welche Termine habe ich morgen?« So oder so ähnlich lauten die häufigsten Anfragen an digitale Sprachassistenten wie Amazon Echo (Alexa). Doch sollte man nicht vergessen, dass Amazon in erster Linie eines ist: ein Händler. Deswegen ist Alexa eben nicht nur Meteorologin, DJane und Sekretärin, sondern auch Verkäuferin.

Haben die smarten Lautsprecher das Potenzial, die Welt des deutschen Einzelhandels umzukrempeln? Hier ein Reality Check.

Check 1: Hat das Shopping via Sprachassistenten eine Zukunft?

Das Einkaufen über Sprachbefehle ist schon heute möglich, auch wenn es bisher nur in relativ bescheidenem Umfang genutzt wird. Jedoch rechnen Experten mit einem beachtlichen Wachstum in den nächsten Jahren. Laut einer Umfrage der Beratungsfirma OC&C Strategy Consultants unter 1.500 Besitzern von Smartspeakern in den USA, wird sich der dortige Markt von zurzeit zwei Milliarden Dollar innerhalb von nur fünf Jahren auf 40 Milliarden ausdehnen. 

Bereits heute nutzen schon  66 Prozent der erwachsenen Amerikaner Sprachassistenten oder Chatbots, 21 Prozent wickeln darüber sogar E-Commerce-Aufgaben wie das Bezahlen von Rechnungen und Online Banking ab; dies zeigt eine aktuelle Studie von Mastercard und Mercator. Für Voice-Shopping – manchmal auch Conversational Commerce genannt – spricht, dass es ein schnelleres, bequemeres und nahtloseres Einkaufserlebnis für Verbraucher schafft. Statt zu Tippen  – inklusive Vertippen – und sich durch mehrere Links zu klicken, stellt der Nutzer einfach eine Frage und erhält eine Antwort.

Check 2: Wettbewerbsverzerrung vorprogrammiert?

Weltweite Trends gehen an Deutschland nicht vorbei, sie schlagen hier nur etwas später ein. Online-Shopping hat sich bereits vor Jahren etabliert – und wächst mit Amazon an der Spitze immer noch weiter. Laut dem Branchenverband HDE ist Amazon bereits bei 40 Prozent aller Bestellungen im Internet auf irgendeine Art beteiligt. Vor allem der »Marketplace« wird von Händlern genutzt. 

Wenn der Trend zur erweiterten Nutzung digitaler Sprachassistenten anhält, wird Amazon seine führende Rolle im Online-Handel dadurch eher noch ausbauen. Das sollten Händler hierzulande im Hinterkopf behalten, wenn sie über ihre Online-Strategien für die nächsten Jahre nachdenken. 

Check 3: Wie wird sich dieser Trend auf deutsche Händler auswirken?

Problematisch beim Einkauf über Sprachbefehle ist die Produktauswahl. Sucht ein Kunde in einem traditionellen Online-Shop beispielsweise nach Waschmittel werden ihm die verschiedensten Produkte angezeigt. Wie allerdings gehen Alexa, Siri & Co. mit dem Befehl »Bestelle Waschmittel!« um? Hier zwei Hinweise, was Händler jetzt tun können, um wettbewerbsfähig zu bleiben: 

Sprachanfragen neigen dazu, länger zu sein, als getippte Suchanfragen. So fragt ein Kunde vielleicht über Google »Schuhgeschäft Hamburg Altona«, per Sprachbefehl könnte die Anfrage aber so lauten: »Welcher Schuhladen ist jetzt in Hamburg Altona geöffnet?«. Aus diesem Grund ist es wichtig, Geschäft- sowie Produkt- und schließlich auch Bezahlinformationen auf diese neue Art der Suche abzustimmen. 

Amazon und Unternehmen haben bisher mehr als 15.000 sogenannte Skills entwickelt, also »Apps«, die mit Alexa abgerufen werden können. Was anfänglich als Mittel zur Kontaktaufnahme mit Kunden und zur Beantwortung von deren Fragen diente, ist längst über den reinen Kundenservice hinausgewachsen. Bank- und Finanzdienstleister arbeiten derzeit daran, personalisierte Dienste anzubieten, die einen Bezahlvorgang noch einfacher, schneller und bequemer machen, als eine Message zu verschicken. Unter den Banken haben American Express, Capital One und US Bank Skills für Alexa entwickelt, während Barclays, ICICI, ING und OCBC mit Siri von Apple arbeiten. 

Fazit: Bequem ist Trend. Neue Technologien setzen sich immer dann durch, wenn sie den Nutzern das Leben erleichtern. Sprachassistenten haben durchaus das Potenzial, das Einkaufsverhalten von Verbrauchern entscheidend zu beeinflussen. Für Händler ist dies sowohl eine Chance, als auch eine Herausforderung. Sie können sich durch die entsprechenden Angebote von der Konkurrenz abheben, müssen allerdings die nötige technische Vorleistung aufbringen und mit dem richtigen Payment-Service-Partner eine Vielzahl an bequemen Zahlungsmöglichkeiten bereitstellen. 

Wenn die Prozesse im Backoffice effizient und zuverlässig laufen, haben die Händler Zeit sich auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist: ein nahtloses Einkaufserlebnis für den Kunden auf allen Absatzkanälen zu schaffen.


Roger Niederer ist Head Merchant Services von SIX Payment Services. Das Unternehmen bietet Finanzinstituten und Händlern sichere, innovative Dienstleistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Die maßgeschneiderten Lösungen umfassen die Abwicklung von nationalen und internationalen Zahlungen mit Kredit-, Debit- sowie Prepaid-Karten.
Illustration: © Visual Generation /shutterstock.com

 

Sprachassistenten: Smart-Home-Silos mithilfe künstlicher Intelligenz öffnen

Alexa, Cortana & Co: Deutsche sind offen für Sprachassistenten, haben aber Angst um ihre Daten

Flaute nach dem Hype? Virtual Reality und Sprachassistenten werden nur zaghaft angenommen.

Digitale Sprachassistenten: Männer wollen Frauenstimmen, Frauen auch

Digitale Sprachassistenten: Angenehme SektretärInnen

Digitale Sprachassistenten: Dafür würden die Deutschen Siri und Co. nutzen


 

Lemminge auf dem Amazon-Marktplatz

Immer mehr Unternehmen verkaufen nicht nur im eigenen Onlineshop – sondern auf Amazon. Das geht aus einer Studie des Zukunftsforschungs-Thinktank iBusiness.de hervor.

Die Zahl der deutschen Unternehmen, die auf der eigenen Website einen Onlineshop betreiben, ist 2015 gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. Gleichzeitig sinkt die Gesamtzahl der E-Commerce-aktiven Unternehmen – was ein Beleg für die Konsolidierung des deutschen Onlinehandels ist.

Amazon gewinnt, Ebay verliert

Noch deutlicher als im Vorjahr zeichnet sich in diesem Jahr ab, dass vor allem für kleine Händler große Marktplätze wie Ebay und Amazon eine immer größere Bedeutung haben. Dabei gewinnt Amazon deutlich, während Ebay verliert. Nach der Auswertung von Amazon-Crawlern sind 2015 in Deutschland 60.000 gewerbliche (Vorjahr 35.000) Amazon-Händler aktiv – eine glatte Verdopplung. Auch Ebay vereint eine Vielzahl von Verkäufern auf seiner Plattform: Die Zahl professioneller Verkäufer beträgt 121.000 (2015: 175.000) Unternehmen. Davon sind knapp 65.000 Powerseller.

Neben diesen beiden großen Marktplätzen existieren noch eine Reihe von kleineren Marktplätzen mit jeweils ein paar tausend Händlern. Sie sammeln in der Regel kleine semiprofessionelle bis professionelle Händler. Die Zahl der Unternehmen, die auf der Website erfolgsorientiert Links auf Dritt-Shops einbinden (sogenannte Affiliate-Publisher) beträgt insgesamt 500.000. Davon ist allerdings nur ein Zehntel professionell. Insgesamt sind 2015 in Deutschland 546.293 Onlineshops aktiv (dunkelbraune Strich-Punkt-Linie) und 491.293 professionelle E-Commerce-Unternehmen (hellbraune gestrichelte Linie).

Um herauszufinden, wie viele Unternehmen im deutschen E-Commerce unterwegs sind, hat iBusiness wie in den vergangenen Jahren Daten aus verschiedenen Quellen zusammengetragen und aggregiert:

1.wie viele Unternehmen auf der eigenen Website einen Onlineshop betreiben

2.wie viele ECommerce-affine Unternehmen auf Google Suchwortanzeigen schalten

3.wie viele Affiliate-Publisher in Deutschland existieren

4.wie viele Unternehmen auf Online-Marktplätzen in Deutschland Waren anbieten

Die vollständige Studie ist (kostenlos gegen Registrierung) abrufbar auf https://www.ibusiness.de/aktuell/db/891994SUR.html.

Lesen Sie auch: