Social-Media-Management-Werkzeuge – der Stand der Dinge

 

Illustration: Geralt Absmeier

Social Media Management hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Das Thema Digital Customer Experience, also das durchgängige Markenerlebnis auf analogen und digitalen Kanälen, wird im Marketing immer wichtiger. Dadurch rückt ein koordiniertes und integriertes Kommunikationsmanagement auf Social Media stärker in den Vordergrund. Vor kurzem noch ein Bereich, bei dem in vielen Unternehmen mehrere unterschiedliche Werkzeuge disjunkt voneinander eingesetzt wurden, sind die Integration in Marketing Automation und Customer Relationship Management (CRM) sowie die Thematik der Kundendatenhaltung heute wichtige Faktoren bei der Auswahl des richtigen Werkzeugs für Social Media Management.

Zur Zeit analysieren wir den Markt und vergleichen das Portfolio der Software-Anbieter für Social Media Management im Rahmen der Studie »ISG Provider Lens Social Business 2018«.

Beim Blick auf das Portfolio der Anbieter zeigt sich, dass Funktionen wie Mehrsprachigkeit und Internationalisierung, Content Management, Planung visueller Stories, automatisierte Integration von Monitoring-Daten, einfache Analysefunktionen sowie Tasks, Ticketing und Multi-User-Management mittlerweile zum Standard gehören, ebenso wie einfache Funktionen der Archivierung. Ein aktuelles Thema bei vielen Anbietern ist die Integration von Messenger-Diensten und Chatbots in das Tool – aufgrund der stark unterschiedlichen Strukturen von Messengern ist dies für die Anbieter keine leichte Aufgabe. Hier wird sich 2018 der Druck auch noch verstärken, da der Trend zur Kommunikation über Messenger stärker wird. Auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz, zum Beispiel um schneller bessere Entscheidungen in der Kommunikation zu treffen oder die für die Marke relevantesten Diskussionen zu identifizieren, wird von den Anbietern angedacht, ist bislang aber noch nicht wirklich verfügbar.

Die Strömungen im Markt für Social Media Management

Der Markt teilt sich insgesamt in vier Strömungen:

  1. Anbieter von Marketing Automation Suites erweitern diese um Funktionen des Social Media Managements. Diese Werkzeuge bieten eine starke Integration von Social Media Management in Marketing Automation und Campaign Management, sind aber wenig flexibel und binden den Kunden an einen Anbieter.
  2. Anbieter von Social-Media-Management-Werkzeugen versuchen sich abzugrenzen, indem sie Funktionalitäten einer Marketing Automation zum Tool hinzufügen. Funktionell ist diese Erweiterung sinnvoll, im Umfang können sie – gerade mit den bereits etablierten Anbietern – jedoch nur schwer mithalten. Zudem ist die Gefahr gegeben, sich zu verzetteln, so dass die Weiterentwicklung womöglich nicht mehr einer klaren Richtung folgt.
    Eine traditionell umfangreiche Funktionalität in Marketing Automation heißt nicht automatisch, dass das Social Media Management ebenso weit ist (und umgekehrt). Oft hinken die zusätzlichen Werkzeuge in der Entwicklung hinterher, oder der Anbieter muss im extrem beweglichen Marktumfeld zu viele Funktionen bereitstellen, als die Entwicklung bewältigen kann. Deswegen haben sich einige Anbieter anders orientiert:
  3. Einige Anbieter fokussieren sich darauf, ein durchdachtes und weithin integrierbares Social-Media-Management-Werkzeug zu schaffen und dies in andere Werkzeuge zu integrieren. Dieser Ansatz steht und fällt mit der Verfügbarkeit von Schnittstellen sowie einem weitläufigen Netzwerk von Partnern, die langfristig nicht das Ziel verfolgen, ihre Werkzeuge um eben diese Funktionen zu erweitern und so zum Wettbewerber zu werden.
  4. Hinzu kommen als vierte Gruppe Anbieter, die Teilbereiche des Social Media Management optimiert anbieten, wie etwa Visual Storytelling. Gerade in diesem Umfeld findet immer noch eine starke Marktbereinigung statt. Einerseits durch Übernahmen und Zusammenschlüsse, andererseits durch die Tatsache, dass das Thema mittlerweile erwachsen geworden ist, wenig echte neue Werkzeuge geschaffen werden und die Goldgräberstimmung in andere Themenfelder abgewandert ist.

 

Alle vier Strömungen haben ihre Berechtigung im Markt und werden vom Kunden genutzt. Es ist schwer absehbar, welche Strömung sich stärker durchsetzen wird. Die Beweglichkeit der digitalen Kommunikation und die immer neuen Trends und Anforderungen erfordern grundsätzlich eine hohe Anpassungsgeschwindigkeit der Anbieter. Diese ist erfahrungsgemäß nur bei Werkzeugen gegeben, deren Funktionalität nicht zu weit gefasst ist, oder bei Anbietern mit großer installierter Basis und entsprechend großen Entwicklungsteams. Wir sehen daher absehbar wenig Veränderungen dieses Modells.

Herausforderungen

Wichtige Faktoren für den Kunden sind die Integration in die vorhandene IT-Landschaft sowie die Datenhaltung und -sicherheit. Die bei vielen Tools unvermeidliche Nutzung as-a-Service und die damit verbundene Datenhaltung off-premises stellt die IT immer noch vor einige Herausforderungen. Oft werden Kundendaten genutzt oder zusätzlich erzeugt, dies können auch unstrukturierte Daten wie Filme oder Metadaten sein. Sie müssen sicher übermittelt und in die vorhandenen Datenbanken technisch verlässlich und rechtlich sicher integriert werden.

Über die Weitläufigkeit dieser Problematik ist man sich im Marketing oft überhaupt nicht bewusst. Dies kann aber gerade vor dem aktuellen Hintergrund der neuen Europäischen Datenschutzgrundverordnung eine Herausforderung werden – zum Beispiel, wenn die Rechtmäßigkeit der Nutzung von Kundendaten, die um Informationen aus Social Media angereichert wurden, sichergestellt werden muss. Auch wenn ein Kunde sein Recht auf Auskunft einfordert, wie und wo seine Daten zu welchem Zweck verarbeitet werden, oder wenn er fordert, dass wirklich alle seine Daten gelöscht werden sollen, muss das zweifelsfrei und durchgängig automatisiert ermittelbar beziehungsweise möglich sein.

Gerade kleine Anbieter spezialisierter Tools geben wenige Informationen darüber heraus, wie und wo die Daten gespeichert werden. Einige verlassen sich dabei auf die großen Cloud-Storage-Anbieter und binden deren Angebote als eine Art Black Box in ihre Werkzeuge ein. Die logische und physische Speicherung von Kundendaten sowie die Sicherung der Datenübertragung ist jedoch nicht nur eine technisch hochkomplexe Frage, sondern muss auch rechtlich einwandfrei geklärt werden. Die Frage, wer die Gesamtverantwortung trägt, ist einfacher zu beantworten: nicht der Anbieter, sondern das Unternehmen, dem die Kundendaten letztlich gehören und das das Tool selbst oder über Dritte einsetzt. Dessen Interesse ist daher hoch, hier klare Aussagen zu bekommen und über erweiterte Sicherheitsfunktionen verfügen zu können.

Die angebotenen Werkzeuge haben grundsätzlich das Potenzial, diese Probleme anzugehen – jedoch nur, wenn die Integration zwischen Social Media Management, Marketing Automation und Kundendatenbank im CRM so ausgeprägt ist, dass die Systeme nahtlos ineinander übergehen. In der Realität wird dieser Zustand nur sehr selten anzutreffen sein, da ein solches System zu wenig Flexibilität bietet, um den vielfältigen Trends und immer neuen Anforderungen in der digitalen Kundenkommunikation überhaupt gerecht werden zu können.

Empfehlungen

Die Auswahl von Ausprägung und Anbieter eines Social-Media-Management-Werkzeugs bleibt abhängig von den Voraussetzungen im Unternehmen, dem Stand der Automatisierung im Marketing und den Zielen, mit denen das Werkzeug letztlich eingesetzt wird. Eine »Silver Bullet« ist im Markt nicht in Sicht.

Wir empfehlen zudem sehr, die Zusammenarbeit zwischen Marketing und IT zu intensivieren und Fachwissen über Cloud Computing und Datenhaltung verstärkt in die Marketingabteilung(en) zu tragen. Dies nicht nur, um die Bildung von Schatten-ITs zu verhindern, sondern um die Nutzung von Marketing Automation und Social-Media-Management-Werkzeugen sinnvoll voranzubringen. Zusammen mit einer sicheren, zentralen Kundendatenhaltung sind sie die Grundlage für den Aufbau und den Betrieb einer durchgängigen und vertrauenswürdigen Digital Customer Experience des Unternehmens, seiner Marken, Produkte und Partner.

Oliver Nickels, ISG, www.isg-one.com

 


 

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