Versicherungsvertreter müssen auch vertrauliche Mitteilungen des Versicherungsnehmers an ihre Gesellschaften weitergeben

Warum Privat- und Geschäftsgeheimnisse durch Versicherungsvermittler meist ungeschützt sind.

Illustration: Absmeier, philm

Die meisten Versicherungsnehmer meinen, dass ihre dem Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler anvertrauten Privat- und Geschäftsgeheimnisse geschützt seien. Tatsächlich ist die Lage aber ganz anders und der Schutz oft nicht besser, als wenn man sie seinem Frisör anvertraut hätte.

 

Kein Vertrauen auf das gesetzliche Privatgeheimnis

Das Oberlandesgericht Saarbrücken (Urteil vom 14.11.2012, Az. 5U 343/10-55) entschied, dass der Versicherungsvertrag vom Versicherer nicht wegen arglistiger Täuschung angefochten werden kann, wenn der Versicherungsvertreter im Antragsformular nicht alle Antworten des Versicherungskunden korrekt übernommen hatte, weil der Versicherungsnehmer sie als vertraulich bezeichnet hatte. Der Versicherungsvertreter hätte aber alle Informationen an die Versicherungsgesellschaft als deren Gehilfe weiterleiten müssen, auch die vertraulichen. Kein Versicherungskunde ist also davor geschützt, dass der Versicherungsvertreter vertrauliche Informationen nicht für sich behält – das Gegenteil ist der Fall, denn er muss sie an seine Gesellschaft weitergeben.

 

Lücken im Privatgeheimnis des § 203 Strafgesetzbuch (StGB)

Immerhin ist der Agent sogar nach dem StGB zur Geheimhaltung von Privatgeheimnissen gegenüber Dritten verpflichtet, § 203 (1) Nr. 6 StGB – sofern ihm diese als Angehöriger eines Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungsunternehmens anvertraut worden sind. Für beispielsweise Sach- und Haftpflichtversicherer sowie Versicherungsmakler gilt dies hingegen nicht. Unerheblich ist, ob der Versicherungsagent oder Mehrfachagent angestellt oder selbstständig ist. Auch beim Makler über eine ergänzende Klausel im Maklervertrag kommt es nicht zum Schutz durch das StGB, wenn er gegen den Vertrag verstößt. Makler generell sowie Versicherungsvertreter z. B. in den Sach-, Haftpflicht- und Rechtsschutzsparten dürfen also auch an jeden Dritten Privat- und Geschäftsgeheimnisse des Versicherungsnehmers ebenso straffrei weitergeben wie der eigene Frisör.

 

Kein Inkasso von Provisionen des Agenten über Abrechnungsstellen

Dem Versicherungsvertreter ist es grundsätzlich nicht gestattet seine Provisionsansprüche an eine Inkassostelle zur Einziehung abzutreten. Der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 10.02.2010, Az. VIII ZR 53/09) erklärte entsprechende Verträge wegen Verstoßes gegen § 203 StGB für null und nichtig, wenn dies ohne Einwilligung des Versicherungskunden betreffend private Kranken-, Lebens- oder Unfallversicherung erfolgt. Bereits die Tatsache, dass ein Versicherungsvertrag besteht hat der Versicherungsvertreter gegenüber Dritten geheim zu halten.

 

Privatgeheimnis trifft Versicherer beim Betreuerwechsel

Entscheidet sich ein Versicherungsagent seine betreuten Versicherungsbestände mit den künftigen Betreuungsprovisionen einem anderen Versicherungsvertreter zu übertragen, so muss nur der Kranken-, Lebens- oder Unfallversicherer ebenfalls das Privatgeheimnis beachten. Bereits die Abtretung von Betreuungsprovisionen wäre bei privater Kranken-, Lebens- oder Unfallversicherung im Zweifel strafbar und nichtig (OLG Stuttgart, Urteil vom 03.02.2009, Az. 1U 107/08).

 

Der Tod des Versicherungsagenten (oder des Versicherungsnehmers) führt nicht dazu, dass hier die Pflicht zur Verschwiegenheit endet, sondern die Erben haben dieses zwingend zu beachten, § 203 StGB. Das Recht zur Schweigepflichtsentbindung geht nicht auf die Erben über, so dass die Übertragung der Betreuung auf einen anderen Vermittler scheitern kann. Schließlich wird ein Versicherungsmakler gelegentlich ähnlich einem Agenten vom Versicherer mit zusätzlich Aufgaben betraut, so dass auch er bei einer Bestandsübertragung in die Gefahr einer Strafbarkeit gerät. Typischerweise hatten britische Versicherer ihre Vermittler derart in die Vertriebsorganisation eingegliedert, dass diese als »Wissensvertreter« des Versicherungsunternehmens erschienen sind. Manches Versichererkonsortium betraut Makler mit der Entgegennahme von Erklärungen des Versicherungsnehmers oder mit der Schadensabwicklung, so dass diese zum Außendienst der Versicherer rechnen, und im Zweifel ebenfalls strafrechtlich wie Agenten zu behandeln sind.

 

Notwendige Geheimschutzvereinbarung

Bei allen Sachversicherungen wie auch z. B. Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen privater oder auch gewerblicher Art darf der Versicherungsnehmer dagegen weder beim Makler noch beim Agenten auf Wahrung seiner Geschäfts- oder Privatgeheimnisse vertrauen, und müsste dies im Rahmen einer Geschäftsgeheimnis- beziehungsweise Geheimschutzvereinbarung regeln. Da ein Verstoß dagegen aber lediglich ein zum Schadenersatz verpflichtender Vertragsverstoß wäre, wobei ein materieller Schaden oft schwer nachzuweisen ist, empfiehlt sich um, sicher zu gehen, eine empfindliche Vertragsstrafe für jeden Fall des Geheimnisverrats.

 

Vielfach werden Versicherungsmakler ihre Kunden per Vollmacht vertreten, und dem Versicherer ihre Korrespondenz mit dem Kunden zuleiten. Es liegt dann nicht am Versicherer – und es gibt auch kein hier schützendes Gesetz – den Makler zur Verschwiegenheit zu veranlassen, sondern dies müssen die Kunden tunlichst mit einer Vertragsstrafe verbunden mit ihm selbst regeln.

Nicht selten leiten Versicherungsmakler ihren Kunden pflichtwidrig keine Abschriften ihrer Korrespondenz weiter, und sind daher wegen Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht für daraus folgende nachgewiesene Schäden haftbar – auch hier kann eine Vertragsstrafe vorbeugend wirken.

Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes helfen hingegen in der Regel nicht weiter, da diese andere Sachverhalte betreffen. Bei privaten oder gewerblichen Versicherungsverträgen unterfallen selbstständige Gewerbetreibende, wie etwa Versicherungsvertreter, auch nicht der Geheimhaltungspflicht nach § 17 UWG, denn es handelt sich bei ihnen nicht um Mitarbeiter (BGH, Urteil vom 26.02.2009, Az. I ZR 28/06).

Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

Dr Johannes Fiala, RA (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), LB (Univ), Bankkaufmann (www.fiala.de)
Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).

 


 

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