Das fast perfekte Funknetzwerk – Wenn der Lkw den Porsche ausbremst

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So optimieren Administratoren ihr Funknetzwerk in Zeiten sich stetig ändernder Standards, wachsenden Benutzeranforderungen und allgegenwärtiger Connectivity.

Bis zum Jahresende 2015 werden weltweit 4,9 Milliarden WLAN-fähige Geräte oder »Dinge« existieren, so die Prognosen. Bis 2020 sollen es rund 25 Milliarden sein – das macht durchschnittlich rund drei Geräte pro Erdenbewohner. Und all diese Geräte oder Dinge generieren unvorstellbare Datenmengen: Bis 2020 sollen es circa 44 Zetabyte Daten sein, schätzt IDC – gegenüber »nur« 4,4 Zetabyte heute. Das Internet der Dinge ist überall und bringt neue Herausforderungen für die Installation, den Betrieb und die Verwaltung von Funknetzwerken mit sich.

Die enorme Zunahme an Wi-Fi-fähigen »Dingen« und die daraus resultierende Explosion des Datenverkehrs stellen eine hohe Belastung für WLANs dar. Was sollten Installateure und Admins von Funknetzwerken tun, um mit dieser Entwicklung Schritt halten zu können und dabei technologisch vorne zu sein? Für WLAN-Installateure ist eine Beratungskompetenz unabdingbar. Sie müssen ihren Kunden die Wi-Fi-Welt von morgen schon heute erklären können. Admins wiederum müssen sich hinsichtlich Upgrades und Replacements umfassend informieren – und das bereits vorher. WLANs benötigen leistungsstarke Hardware, unterstützt durch intuitiv verständliche Verwaltungssoftware.

Stau auf der Datenautobahn? WLAN-Experten wissen, dass die Bandbreite zwischen allen verbundenen Geräten gut verteilt sein sollte. Je mehr Geräte sich im Netz tummeln, desto kritischer wird es mit der verfügbaren Bandbreite. Denn alle Geräte müssen warten, bis das langsamste seine WLAN-Kommunikation abgeschlossen hat. Vergleichbar mit einer Situation auf der Autobahn, wenn der Porsche hinter einem langsamen Lkw herfahren muss bis dieser wieder einschert. Das Problem rührt daher, dass alle bisher im Handel erhältlichen Geräte das 2,4-GHz-Band verwenden, während die Mehrheit der neuen Laptops, Tablets und Smartphones auch das schnellere 5-GHz-Band unterstützt. Das spricht deutlich für Dualband-WLANs, stellt Admins beim Installieren von Funknetzwerken aber vor die Frage, wie viele 2,4-GHz-Zugriffspunkte (die vielleicht bald überflüssig sein werden) und 5-GHz-Zugriffspunkte (die vielleicht erst in einigen Jahren in vollem Umfang benötigt werden) sie installieren müssen, um auch künftige Anforderungen bedienen zu können.

Softwaredefinierte WLAN-Sender könnten eine Lösung sein. Sie erlauben es IT-Managern, vom 2,4-GHz- zum 5-GHz-Band zu wechseln, und ihre Wi-Fi-Infrastruktur an die angeschlossenen Geräte anzupassen. Und es ist möglich, Multi-State-Sender zu verwenden, die stets neu konfiguriert werden können, sodass das Verhältnis zwischen 2,4 GHz und 5 GHz anhand veränderlicher Anforderungen und Gerätetrends angepasst werden kann.

Priorisierung von Datenverkehr. Netzwerkadministratoren müssen aber nicht nur Geräte, sondern auch die verschiedenen Arten des Datenverkehrs priorisieren. Voice- und Video-Daten sind mittlerweile vorherrschend im WLAN-Datenverkehr. Ein Blick in die sozialen Netzwerke genügt, etwa auf einen Facebook-Newsfeed, um davon einen Eindruck zu bekommen. Einer weiteren technischen Herausforderung sehen sich viele Administratoren von WLAN-Netzwerken an öffentlichen Orten gegenüber. Die Nutzer erwarten, über ihre mobilen Geräte auf die sozialen Netzwerke zugreifen zu können. Also kann man Social-Media-Anwendungen nicht einfach grundsätzlich sperren, um Bandbreite für »seriöse Anwendungen« verfügbar zu halten, wie das etwa in einem Büro oder in einer Schule möglich wäre.

Stattdessen erfordert diese Situation eine subtile und intelligente Verwaltung des Datenverkehrs, die auch als Anwendungskontrolle bezeichnet wird. Netzwerkadministratoren und -verwalter können Cloud-basierte Software oder Zugriffspunkte mit integrierten intelligenten Funktionen verwenden, um genau zu ermitteln, wie ihr Netzwerk verwendet wird, und dann Richtlinien anwenden, die die Gesamtleistung optimieren, um die Mehrheit der Benutzer zufriedenzustellen. In der WLAN-Welt wiegt das Wohl der Vielen mehr als das Wohl der Wenigen. Meistens. Mit diesen Systemen können Netzwerkverwalter spezifische Programme oder Anwendungsklassen priorisieren, begrenzen und sogar blockieren, abhängig von den Benutzeranforderungen und der wichtigsten Nutzung des Netzwerks. Es gibt auch die Möglichkeit einer hoch differenzierten Kontrolle, um Apps für bestimmte Personen zu verwalten – beispielsweise, um nicht den Zugang Ihres CEO zu einem Social Media-Kanal oder einer Musik-Streaming-App einzuschränken oder, um in einem Hotel den Gästen in den teuren Suiten Zugriff auf die bandbreitenhungrigen Anwendungen zu ermöglichen, während Gäste in gewöhnlichen Zimmern Filme und Musik möglicherweise nur langsamer herunterladen können.

Warum WLAN-Standards alleine nicht ausreichen. Im Internet der Dinge kann man sich nicht hinter WLAN-Standards verstecken. Man kann nicht einfach den aktuellsten Standard implementieren und dem Chef sagen, dass jetzt ungefähr für das nächste halbe Jahr alles in Ordnung sei. Und dies gilt, obwohl der aktuelle 802.11ac-Standard drei- bis fünfmal schneller ist als der 11n. Auch ein WLAN, das zu 100 Prozent auf 802.11ac läuft, kann schnell an seine Leistungsgrenze gelangen, wenn es nicht geeignet verwaltet wird – auch das in puncto technische Daten schnellste Netzwerk kann bei Überlastung langsam werden. Daher sind die Verwaltung des Datenverkehrs, die Installation von Zugriffspunkten mit gewisser Flexibilität und die integrierte Redundanz so wichtig.

Fazit. WLAN-fähige Geräte, Benutzeranforderungen und Netzwerkstandorte sind hinsichtlich ihrer Kapazitäten zu verschieden, als das man ihnen mit einer »Einer-für-Alles«-Lösung gerecht würde. Und selbst wenn man ein geeignetes Funknetzwerk fertig kaufen könnte, gibt es einen endlosen Hunger auf herunterladbare und/oder streaming-fähige Inhalte, der früher schlicht nicht da war. Über das Netzwerk bleiben Menschen in Kontakt, schalten zu Hause das Licht an und aus, lassen ihren Fernseher die Lieblingssendung aufzeichnen, überwachen die Kalorienzufuhr, den Herzschlag und die Anzahl der gegangenen Schritte. Damit sind noch nicht all die »seriösen« WLAN-Benutzer erwähnt, die Wi-Fi benötigen, um ihre Arbeit zu erledigen und Termine einzuhalten. WLAN ist zu einem integralen Bestandteil unseres Alltags geworden, bei der Arbeit wie in der Freizeit. WLAN-Zugriff wird daher oft nicht mehr als nettes Extra, sondern als ein unausgesprochenes Recht angesehen.

Besonders Unternehmen, die WLAN an öffentlichen Orten anbieten, müssen daher jetzt reagieren, um mit den aktuellen Anforderungen Schritt zu halten und, um sich auf die nächste Welle von Geräten und Daten vorzubereiten. Die Wahl des richtigen Zugriffspunkts und der umgebenden Architektur ist von zentraler Bedeutung, da dies die Flexibilität und die Wachstumskapazitäten eines Netzwerks bestimmt. Die Zeiten, in denen es am WLAN-Markt nur um Geschwindigkeit, Kosten und Abdeckung ging, sind längst vorbei. Die wichtigsten Themen heute sind Kapazität, Dichte und Effizienz.


autor_perry_correllPerry Correll,
Principal Technologist
bei Xirrus

 

 

Titelbild: © ben smith, Vereshchagain Dmitry/shutterstock.com