Der Schwerpunkt von Amazon Go ergibt sich aus der Betonung der legendären Flywheel (Schwungrad)-Strategie von Amazon. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Sortiment, der Kundenfreundlichkeit und niedrigeren Betriebskosten – vor allem durch die Reduzierung von Arbeitskosten.
Da Amazon Go nun zu einem vollen Lebensmittelgeschäft skaliert, nutzt Amazon seine Investitionen in die KI, sein Prime-Programm, die Zahlungsabwicklung, den Betrieb und die Logistik, um sowohl die Kosten zu senken als auch eine neue Kundenerwartung rund um das Erlebnis des Lebensmitteleinkaufs zu schaffen. Amazon hat mit seinen marktplatzbasierten Online-Erfahrungen bereits den Druck erhöht und versucht nun, dies auch im Bereich Lebensmitteleinkauf zu erreichen. Die sehr öffentliche Ankündigung und die Medienpräsenz rund um Amazon Go zeigen, dass Amazon möglicherweise absichtlich den Blutdruck und die Einsätze in den Vorstandsetagen der Wettbewerber erhöhen will – und in den Märkten allgemein.
Erinnern Sie sich an die »60-Minuten-Drohnen«? Wenn der Amazon-Go-Versuch erfolgreich ist, dann würde dies sehr schnell auf die gesamte »Whole-Foods-Market«-Kette ausgedehnt, was bisher nicht geschehen ist. Amazon kann es sich leisten, groß angelegte Versuche durchzuführen, kontinuierlich in sie zu investieren – und die Medien saugen dies auf. Aber wir sollten nicht zu viel hineininterpretieren.
Dennoch können Lebensmittelhändler und Unternehmen aller Art von Amazons jüngstem Vorhaben in einigen Schlüsselbereichen lernen: Man sollte sich darauf konzentrieren, ein komfortables Kundenerlebnis zu schaffen, das digitale Kanäle als zentrale Komponente dieses Erlebnisses nutzt, man sollte Daten und KI als Werkzeuge zur Kostensenkung verwenden und das Erlebnis stärker personalisieren. Nicht zuletzt gilt es zu erkennen – ob einem dies bisher bewusst war oder nicht –, dass man in einem Technologieunternehmen arbeitet. Die Messlatte rückt immer höher und es braucht Unternehmen, die trotz all dieser Disruption weiter florieren.
Brian Walker, Chief Strategy Officer, Bloomreach (www.bloomreach.com)
Brian Walker ist Chief Strategy Officer bei Bloomreach (www.bloomreach.com), Anbieter einer Digital Experience Plattform (DXP). Als erfahrener Strategie- und Marketing-Experte konzentriert er sich auf die Transformation von digitaler Kundenbindung und Commerce. Er war bereits in vielfältigen Positionen tätig – vom Praktiker über Analyst bis hin zum Berater und Anbieter – und hat so einen Einblick erhalten, welche Fähigkeiten und Ansätze Unternehmen benötigen, damit sich die digitalen Kanäle zum wichtigsten Motor für das Unternehmenswachstum entwickeln. Bevor er zu Bloomreach kam, war Brian Walker als Chief Strategy Officer bei Amplience, Managing Director, Global Commerce Strategy bei Accenture, Chief Strategy Officer bei SAP Hybris tätig und leitete die Abteilung Commerce Technology Reseach bei Forrester Research. Davor hatte Brian Walker zudem Führungspositionen bei Amazon, Expedia und der Otto Group inne.
Amazon diktiert die Wertschöpfungskette
Wettbewerbern aus unterschiedlichen Bereichen wird Zugang und Positionierung am Markt erschwert.
Neben der stetigen Ausweitung des Handelsportfolios stößt Amazon strategisch weiter in neue Geschäftsfelder vor und baut somit sein Ökosystem aus. Ein Ende der Expansion ist nicht in Sicht. Das zeigt die neue Studie »Amazonisierung des Konsums«, für die das IFH Köln unter anderem eine Desk Research zu Amazons Service- und Technologieportfolio durchgeführt und systematisch analysiert hat.
»Amazon denkt nicht in einzelnen Services und Produkten, sondern hat die Kunden im Blick. Alle Initiativen und der generierte Umsatz werden daher nur ganzheitlich betrachtet. Investitionen werden aus diesem Grund auch nie kurzfristig bewertet, sondern mit Blick in die Zukunft und auf den Gesamtmarkt, wie aktuell das Beispiel ›Alexa‹ zeigt. Diese Denkweise fehlt vielen anderen Unternehmen häufig«, weiß Dr. Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung am IFH Köln.
»Alexa, wo darf ich dich als Nächstes implementieren?«
Durch die Öffnung der eigenen Technologien und Services für Dritte breitet Amazon seine Vormachtstellung im Hintergrund schrittweise aus. Dabei ist das Unternehmen schon wesentlich weiter fortgeschritten, als man auf den ersten Blick annehmen könnte, wie das Thema »Sprachsteuerung« verdeutlicht. So bieten bereits 73 Prozent der Topunterhaltungselektronikhersteller Alexa-kompatible Produkte an. Außerdem planen 40 Prozent der Topautomobilhersteller eine Integration des Sprachassistenten in ihre Fahrzeuge.
Engmaschiges Infrastrukturnetz sorgt für Reinvestitionskapital
»Bestes Beispiel ist Amazons Logistikstrategie, sei es die Intralogistik in den eigenen Logistikzentren, die Paketzustellung oder die letzte Meile. Für jeden Bereich existiert eine eigene Lösung oder ein eigenes Angebot auf dem Markt. Das Unternehmen verbannt so die originären Dienstleister und sichert sich immer mehr Kontrolle über die gesamte Logistikkette und kommt schneller zu den Kunden«, so Carolin Leyendecker, Projektmanagerin am IFH Köln.
[1] Mit der Studie »Amazonisierung des Konsums« nimmt das IFH Köln Amazon als Infrastruktur des Konsums detailliert unter die Lupe. Basis dafür sind eine Marktdatenberechnung, Onlinebefragungen von ca. 35.000 Konsumenten, eine Analyse der Bestellhistorien von 200 repräsentativ ausgewählten Amazon-Kunden sowie eine umfangreiche Desk Research zu Amazons Service- und Technologieportfolio. Die Studie liefert damit:
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Exklusive Marktzahlen zu Amazon – differenziert nach Eigenhandel und Marktplatzumsatz sowie nach Branchen
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Tiefe Einblicke in Kundenentwicklung und Kauf- und Nutzungsverhalten bei Amazon – auch im Benchmark zu anderen Top-Online-Shops
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Insights in das Service- und Technologieportfolio von Amazon
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Implikationen und Handlungsoptionen für Händler und Hersteller
Die Studie kann über den IFH-Shop bestellt werden: www.ifhshop.de/amazonisierung
Management Summary gibt es nach Registrierung hier:
https://www.ifhkoeln.de/nc/downloadbereich/?tx_hmifhdownloads_registration%5Bcontroller%5D=Registration&tx_hmifhdownloads_registration%5Baction%5D=new&tx_hmifhdownloads_registration%5Bdownload%5D=284&cHash=fa2d4fc0bb34b4b48aaaf736470243ac
Reality Check: Vom Buchhändler zur Bank – wird Amazon zu mächtig?
Jeff Bezos Onlineshop führt schon lange nahezu jeden erdenklichen Artikel im Sortiment, nun will Amazon offenbar auch eine Art Girokonto für seine Kunden anbieten. Das Angebot soll sich an junge Leute und diejenigen richten, die bisher über kein eigenes Konto verfügen. Das Projekt befindet sich allerdings noch in einer frühen Phase, wie das Wall Street Journal berichtete. Hätte es das Potenzial, den Payment-Bereich ähnlich umzukrempeln, wie seinerzeit den Buchmarkt? Was bedeutet das Projekt für den deutschen Markt? Und wo führt das Wachstum von Amazon noch hin? Roger Niederer, Head Merchant Services bei SIX Payment Services, macht den Reality Check.
Check 1: Wird Amazon jetzt zur Bank?
Amazon möchte nicht selbst zum Geldinstitut werden, stattdessen soll das Projekt zusammen mit etablierten Finanzdienstleistern angegangen werden. Als Partner ist unter anderem die amerikanische Großbank JPMorgan im Gespräch. Der Grund dafür dürfte sein: Würde Amazon eine eigene Bankensparte aufbauen und entsprechend eine Banklizenz beantragen, sähe sich das Unternehmen wesentlich strengeren Regularien ausgesetzt, die seinen aggressiven Wachstumskurs auf anderen Märkten bremsen könnten. In jedem Fall zeigt sich für Händler, dass es immer gut ist, einen starken Payment Service Provider an seiner Seite zu haben, der das entsprechende Know-how mitbringt und neue Bezahlmethoden einfach und schnell in bestehende Prozesse und Systeme integriert.
Check 2: E-Commerce-Expansion ohne Grenzen?
Am Anfang verkaufte Amazon überwiegend Bücher, dann lieferte es seinen Kunden auch CDs und DVDs, heute kann man sich via Prime Musik und Prime Video Filme und vieles mehr auf alle Geräte streamen. Die riesige Auswahl des Onlineshops lässt sich dank Alexa auch per Sprachbefehl bestellen und sogar die Lieferung der Pakete will Amazon selbst übernehmen. Diese Ankündigung traf die Aktienkurse von UPS und Fedex empfindlich. Mit Amazon Pay hat das Unternehmen schon länger einen eigenen Bezahldienst, allerdings ließ sich der bisher nur mit mäßigem Erfolg bei anderen Onlineshops etablieren. Hier stieß auch der Gigant an seine Grenzen. Unlängst hat das Unternehmen mit seinem Cloud-Dienst Amazon Web Services eine weitere lukrative Sparte im Online-Business aufgetan. Die Konto-Pläne sind also nur ein weiteres Glied in einer langen Kette neuer Geschäftsideen. Wo die Reise noch hingehen wird, ist nicht abzusehen, aber es ist anzunehmen, dass CEO Jeff Bezos auch weiterhin auf Wachstum aus ist. Branchenkenner gehen davon aus, dass langfristig nur jeder zehnte deutsche Online-Händler mit seiner jetzigen Strategie konkurrenzfähig bleiben wird.
Check 3: Wie stark beeinflusst Amazon Online-Handel und Alltag?
Mit dem Vorwurf eine »Datenkrake« zu sein wird Amazon – genau wie Apple und Google – schon länger konfrontiert. Seit der Einführung der Sprachassistenten ist der Vorwurf aktueller denn je, was Alexa genau speichert und was mit den Aufnahmen geschieht ist für den Nutzer undurchsichtig. Verbunden mit einem völlig vernetzten Smart Home könnte die digitale Mitbewohnerin noch viel mehr wissen und auch weitergeben: Wann kommen wir nach Hause? Wann schalten wir das Licht aus? Wann gehen wir ins Bett? Schauen wir nachts in den Kühlschrank? Die Sorge um diese Daten dürften bei den allermeisten Konsumenten die positiven Nutzungsmöglichkeiten von Alexa & Co noch überwiegen.
Mit der neuen Kontofunktion hätte Amazon nun auch Zugriff auf die Finanzdaten seiner Kunden. Mit all diesen Daten wäre es dann irgendwann auch kein Problem mehr, für jeden Kunden seine individuelle maximale Zahlungsbereitschaft für ein spezielles Produkt zu ermitteln und ihm dieses dann genau zu diesem Preis anzubieten. Allerdings wird niemand gezwungen bei Amazon einzukaufen und sich Alexa ins Wohnzimmer zu holen. Darüber hinaus verstärkt sich zunehmend das Bewusstsein für Datenschutz sowohl bei Bürgern, als auch Regierungen. Kunden werden sich in Zukunft vermehrt darüber Gedanken machen, ob sie ihre Daten wirklich in so konzentrierter Form einem einzigen Anbieter überlassen wollen. Auch hier bilden Payment Service Provider einen attraktiven Ausweg, da diese beispielsweise den Umgang mit den Kreditkartendaten pflegen und der Händler nicht mit ihnen in Berührung kommt.
Fazit
Auch in naher Zukunft werden wir unsere Brötchen noch beim Bäcker um die Ecke holen und sie nicht von Amazon per Drohne auf dem Balkon geliefert bekommen. Dennoch steht eines fest: Einzelhändlern weht ein rauer Wind entgegen und so manchen Onlineshop wird es möglicherweise in seiner jetzigen Form bald nicht mehr geben. Amazon und ein umfangreiches Zahlungsmittel-Portfolio sind als Herausforderungen für Onlineshop-Besitzer anzusehen. Doch mit den entsprechenden Technologie- und Beratungspartnern an der Seite, wie beispielsweise einem erfahrenen Payment Service Provider, muss sich niemand vor der Zukunft fürchten. SIX hat das Potenzial von Amazon erkannt und die Gefahren, die für den Handel entstehen können, und arbeitet an einer breite Palette von Lösungen, die es dem Merchant ermöglichen sollen, mit Amazon mitzuhalten. Omni-Channel, Conversational Commerce und Internet of Things – alles abgestimmt auf die aus zahlreichen Touchpoints bestehende neue Customer Journey und den sich wandelnden Bedürfnissen und Erwartungen der Verbraucher.