Das neue Zeitalter der Maschinenkunden – ist Ihr Kundenservice vorbereitet?

Stellen Sie sich vor, Ihr »Kunde des Jahres« 2028 ist keine Person, sondern eine Maschine. Klingt futuristisch? Gartner-Analysten prognostizieren genau dieses Szenario. In einer Welt, in der bis zu 20 % des Umsatzes bis 2030 von Maschinen generiert werden könnten, steht der Kundenservice vor einer beispiellosen Transformation. Die Ära der Maschinenkunden bricht an – sind Sie bereit für die Herausforderungen und Chancen, die diese neue Kundengruppe mit sich bringt?

Maschinenkunden werden zunehmend zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor und eröffnen beträchtliche Wachstumspotenziale. Laut Gartner-Analysten werden bis 2027 über 50 % aller Vertriebs- und Servicezentren mit Anfragen von Maschinenkunden konfrontiert sein. Es wird erwartet, dass bis 2028 rund 15 Milliarden vernetzte Produkte existieren werden, die eigenständig agieren und Käufe tätigen können. Der Aufstieg der Maschinenkunden ist vor allem auf Fortschritte in der künstlichen Intelligenz und dem Internet der Dinge (IoT) zurückzuführen. Vernetzte Maschinen und Geräte, ausgestattet mit eigenen Entscheidungsalgorithmen, treten als autonome Marktakteure in Erscheinung. Ein markantes Beispiel hierfür sind Smart-Home-Geräte, die wie intelligente Thermostate oder Beleuchtungssysteme autonom Bestellungen aufgeben.

Diese Entwicklung verändert nicht nur die Struktur der Kunden, sondern transformiert auch bestehende Märkte grundlegend. Maschinenkunden tragen durch ihre Fähigkeit, Transaktionen mit außerordentlicher Genauigkeit und Geschwindigkeit abzuwickeln, signifikant zur Effizienzsteigerung in Lieferketten bei. Zudem ergeben sich neue Möglichkeiten für innovative Geschäftsmodelle, etwa in Form von Abonnements für Software oder Wartungsdienste. Diese Dynamik erfordert von Verantwortlichen im Kundenservice, ihre Strategien anzupassen und effektive Interaktions- und Bedienkonzepte für diese Kundengruppe zu entwickeln.

Algorithmus statt Empathie – wie Maschinenkunden agieren. Maschinenkunden unterscheiden sich wesentlich von menschlichen Kunden. Ihre Entscheidungsfindung basiert auf Algorithmen und programmierter Logik und ist frei von emotionalen und subjektiven Einflüssen, die menschliches Kaufverhalten oft prägen.

Maschinen treffen Kaufentscheidungen auf der Grundlage von Effizienz, Leistung, Preis und anderen messbaren Kriterien. Sie können in großem Umfang und mit hoher Geschwindigkeit agieren, wodurch sich neue Herausforderungen und Möglichkeiten für das Marketing und den Vertrieb ergeben. Während menschliche Kunden durch Werbung und emotionale Aspekte beeinflusst werden können, müssen Ansätze für Maschinenkunden deutlich daten- und leistungsorientierter sein.

Maschinenkunden gewinnen – neue Anforderungen an den Customer Service. Mit dem Aufkommen von Maschinen als Kunden müssen Unternehmen ihre Kundenservices grundlegend neu gestalten. Maschinenkunden erfordern einen technisch orientierten Ansatz, der stark datenbasiert und weniger auf persönliche Interaktionen ausgerichtet ist. Folgende Aspekte sollten Verantwortliche beachten:

  • Technische Unterstützung: Kundenservice für Maschinen setzt fundiertes technisches Wissen voraus, um präzise Unterstützung zu leisten, etwa durch umfassende Produktinfos oder Integrationshilfe.
  • Automatisierung: Die Kommunikation mit Maschinenkunden lässt sich durch KI-Chatbots oder spezialisierte Self-Service-Portale effizient automatisieren.
  • Schnelligkeit und Genauigkeit: Aufgrund datengesteuerter Entscheidungen von Maschinen ist eine zügige und exakte Reaktion des Kundenservice erforderlich, oft unter Einsatz von Echtzeitdatenverarbeitung.

Die Rolle von GenAI im Kontext von Maschinenkunden. Künstliche Intelligenz (GenAI) spielt eine zunehmend wichtige Rolle im Kontext von Maschinen als Kunden. Sie kann dabei unterstützen, große Datenmengen zu analysieren und daraus Schlüsse für Kaufentscheidungen zu ziehen.

GenAI kann außerdem dazu beitragen, die Angebote an spezifische Maschinenanforderungen anzupassen. Dies kann beispielsweise durch die Analyse von Nutzungsdaten und die daraus resultierende Empfehlung optimierter Produkte oder Dienstleistungen geschehen. Wichtig darüber hinaus ist die Nutzung von GenAI für die automatisierte, aber intelligente Kommunikation mit Maschinenkunden. Dies könnte die Schnittstelle zwischen dem Kundenservice und Maschinenkunden revolutionieren.

Die Rolle der Wissensdatenbank für Maschinenkunden. Die Bedeutung der Wissensdatenbank für den Customer Service der Zukunft steigt signifikant. Deswegen ist es notwendig, dass Verantwortliche künftig ihre Wissensdatenbank so weiterentwickeln, dass sie mit maschinellen Kunden ebenso effizient interagieren kann wie mit menschlichen Kunden.

Folgende Aspekte sind dabei zentral:

  • Strukturierung und Zugänglichkeit: Informationen müssen in einer strukturierten, maschinenlesbaren Form vorliegen, beispielsweise über APIs oder in standardisierten Datenformaten wie XML oder JSON. Diese Formate ermöglichen eine konsistente Datenstruktur, die von Maschinen leicht interpretiert werden kann.
  • Umfassende Inhalte: Die Wissensdatenbank sollte umfassende Informationen zu Produkten, Dienstleistungen, technischen Spezifikationen, Preisen, Verfügbarkeit und vielem mehr enthalten. Die Informationen in den Dokumenten müssen klar, präzise und ohne Mehrdeutigkeiten sein. Maschinen interpretieren Daten wörtlich, daher ist es wichtig, jede Form von Vagheit oder Mehrdeutigkeit zu vermeiden.
  • Aktualität und Dynamik: Die Datenbank muss regelmäßig aktualisiert werden, um den sich schnell ändernden Marktbedingungen und technologischen Entwicklungen gerecht zu werden. KI-Systeme können dabei helfen, die Inhalte dynamisch anzupassen und zu erweitern.

Handlungsempfehlungen für den Customer Service. Die folgenden zentralen Empfehlungen sollten Service-Organisationen beim Umgang mit Maschinenkunden berücksichtigen:

  • Anpassung von Geschäftsmodellen und Service-Kanälen:  Service-Teams sollten aktiv Anwendungsfälle erkennen, in denen Produkte und Dienstleistungen für Maschinenkunden erweitert werden können. Dies erfordert eine Anpassung der CRM- und CX-Strategien, um den speziellen Bedürfnissen von Maschinenkunden zu entsprechen. Zudem ist die Entwicklung dedizierter Servicekanäle notwendig, die auf die Anforderungen von Maschinenkunden in Bezug auf Geschwindigkeit und Datenverarbeitung eingehen.
  • Erstellung neuer strukturierter Inhalte für verbesserte Kommunikation: Die Industrialisierung der Wissensprozesse wird zunehmend wichtig für den Kundenservice der Zukunft. Wissensdatenbanken müssen daher sowohl für Maschinen als auch für Menschen nutzbar sein. Dies erfordert eine Anpassung der Texterstellung, die spezielle Formatierungen, Tags oder Schlüsselwörter nutzt, Funktionsweisen klar definiert und Abhängigkeiten sowie Kausalzusammenhänge detailliert darlegt.

Fazit. Die Zukunft des Kundenservice ist digital, vernetzt und zunehmend automatisiert, wobei Maschinen nicht nur als Werkzeuge, sondern auch als Kunden eine zentrale Rolle spielen werden. Mit fortschreitenden Technologien werden Maschinen immer komplexere Aufgaben übernehmen, die derzeit noch menschliche Intervention erfordern. Maschinenkunden werden Teil des Alltags sein, zum Beispiel werden autonome Fahrzeuge selbstständig Wartungsdienste buchen oder Einkäufe tätigen.

Wenn Unternehmen ihren Service auch auf Maschinenkunden ausrichten, werden sie in der Lage sein, ihren Mehrwert zu differenzieren und höhere Service-Standards durchsetzen. Natürlich werden begleitend ethische Überlegungen und regulatorische Rahmenbedingungen, etwa Fragen des Datenschutzes, notwendig sein. Und so birgt diese Entwicklung sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Sie wird aber künftig definitiv einen signifikanten Einfluss auf verschiedene Branchen und das tägliche Leben haben.

 

Beispiele aus der Praxis

Prädiktive Wartung: GenAI analysiert Betriebsdaten in Produktionsbetrieben, um Wartungsbedarf vorherzusagen und automatisch Ersatzteile zu bestellen, was Ausfallzeiten reduziert.

Smart Building Effizienz: GenAI optimiert in intelligenten Gebäuden Energieverbrauch durch Analyse und automatische Anpassung von Systemen, was Kosten spart und Nachhaltigkeit erhöht.

 

 


Dr. Thomas Gerick, Berater,
USU Software AG

 

 

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