Digitalisierung der Geschäftsprozesse – Wer zögert wird zum Getriebenen

Klaus Imping, CEO, mSE Management Solutions und mSE PointOUT erklärt im Interview, dass die Digitalisierung nur Mittel zum Zweck der Prozessverbesserung ist. Häufig würde zu viel Augenmerk auf Tools und Technologie gelegt. Doch das Denken muss vom Prozess, von den Arbeitsabläufen ausgehen. Ohne eine klare Zielvorstellung ist Misserfolg vorprogrammiert. Gefragt ist also vom Ergebnis her zu denken, nicht vom Ist-Zustand nach vorne.


Aus welchen Gründen ist das Thema Digitalisierung der Geschäftsprozesse für Unternehmen heute von so großer Bedeutung? 

Digitalisierung ist für jedes Unternehmen, das sich dem Wettbewerb stellt, ein absolutes Muss. Sie macht Prozesse effizienter und schneller. Unternehmen werden reaktionsfähiger und agiler. Dies ist ein relativer Wettbewerbsvorteil für die, die schnell agieren. Wer zu lange wartet und zögert wird eher zum Getriebenen.

Wie nehmen Sie den Wunsch nach Digitalisierung der Geschäftsprozesse und die tatsächlichen Schritte in diese Richtung auf Seiten Ihrer Kunden derzeit wahr?

Die Aufmerksamkeit für das Thema Digitalisierung hat zugenommen und das Thema ist auf fast jeder Management-Agenda. Allerdings diktieren Verfügbarkeitsprobleme, Preissteigerungen, Personalmangel bei vielen Unternehmen aktuell das Geschehen.

 

Klaus Imping, CEO,
mSE Management Solutions und
mSE PointOUT


Gibt es von Ihrer Seite aus Empfehlungen, wie auf Unternehmens- und Kundenseite hierbei vorgegangen werden sollte, um möglichst rasch produktiver zu werden?

Digitalisierung ist Mittel zum Zweck der Prozessverbesserung. Das heißt, das Denken muss vom Prozess, von den Arbeitsabläufen ausgehen, nicht vom Mittel, von der Technologie. Jedoch kann oft beobachtet werden, dass digitale Transformationen eher im Verständnis »Einführung von neuer Technologie, von neuen Systemen« angegangen werden, oft ohne klare Vorstellung von dem Zielzustand des Prozesses. Hier ist aber der einzig richtige Aufsatzpunkt. 


Welche Geschäftsprozesse sollten zuerst digitalisiert werden? Welche im nächsten Schritt? Aus welchen Gründen fällt die Wahl genau auf die von Ihnen genannten Prozesse? 

Es gibt hier kein Patentrezept. Man muss sich das jeweilige Unternehmen mit seinen Prozessen und Marktanforderungen, aber auch mit seinem Status-quo ansehen. Mit erfahrenem Blick ist das eine schnelle Übung. Mit den individuell richtigen Ansatzpunkten und pragmatischem Vorgehen lässt sich dann schnell Fahrt aufnehmen.


Welche Tools und Lösungen dienen in dem Zusammenhang bei der Produktion, in der Supply Chain und den angrenzenden Bereichen der Steigerung der Effizienz? 

Bedauerlicherweise gibt es auch hier kein Patentrezept. Im Prinzip ist es aber einfach: Es geht darum, alle Informationsflüsse, ausgehend von der Kundenanfrage oder -bestellung bis hin zur Lieferung und Zahlung intergiert zu organisieren. Das heißt jeder Prozess-Schritt mag zusätzliche Informationen elektronisch ergänzen und anreichern, kann aber alle bereits vorhandenen Informationen nutzen. Keine Listen, kein Excel, kein Abschreiben, keine manuell erfassten Daten … Was das im jeweiligen, individuellen Fall hinsichtlich Tools und Lösungen heißt? Wie gesagt, ein erfahrener Blick ist Gold wert. 


Welche Herausforderungen, Fallstricke und sogar Denkfehler gibt es bei der digitalen Transformation der Geschäftsprozesse für Unternehmen?

Viele Unternehmen tun sich schwer, den Elefanten in Häppchen zu schneiden und einen Anfang zu finden. Manchmal wird dann – eher aktionistisch – irgendwas gemacht, oft zu viel gleichzeitig, und selten mit durchschlagendem Erfolg.

Ein großes Thema eint kleine, mittlere und große Unternehmen. Häufig wird viel Augenmerk auf Tools und Technologie gelegt. Der eigentliche Gegenstand der Digitalisierung ist aber der Prozess. Hier fehlt es oft an einem klaren Zielbild eines digital transformierten Zustandes. Nur Ist-Prozesse zu digitalisieren ist zu kurz gedacht. 

Auch die Macht der Gewohnheit ist nicht zu unterschätzen. Nach Einführung von neuen, digitalen Tools arbeiten die im Prozess beteiligten Menschen oft in der Art und Weise und mit den Werkzeugen weiter, die sie gewohnt sind. Der wirkliche Arbeitsprozess wird somit kaum, nur oberflächlich verändert und bleibt auf verankerten Gewohnheiten basierend. Wir nennen das »tribal«.


Wie geht man in diesem Zusammenhang bei der Digitalisierung der Geschäftsprozesse vor, um die Herausforderungen zu meistern und Fallstricke sowie Denkfehler zu vermeiden?

Das Wichtigste ist, sich zunächst die Zeit zu nehmen, ein möglichst klares, möglichst detailliertes Bild des Zielzustands, der Abläufe, der Rollen, der Organisation zu machen. Das ist nicht immer ganz einfach, weil Digitalisierung viel mehr erlaubt als nur inkrementelle Verbesserung. Digitalisierung ermöglicht Prozesse disruptiv anders aufzusetzen und komplett anders umzusetzen. Ohne eine solch klare Zielvorstellung, vielleicht mit zwei, drei Zwischenschritten, ist Misserfolg vorprogrammiert. Gefragt ist also vom Ergebnis her zu denken, nicht vom Ist-Zustand nach vorne.


Kann man sagen, dass die Fokussierung auf die Digitalisierung der Geschäftsprozesse ein Schritt ist, der notwendig ist, um Kunden noch besser beraten und unterstützten zu können?

Effizienz-Vor- oder -Nachteile sind Kosten-Vor- oder -Nachteile. Das ist ein erheblicher Wettbewerbsfaktor. Geschwindigkeit und Agilität, aber auch Informationstransparenz sind für Kunden spürbare Vorteile, die darüber hinaus Vertrauen und Bindung schaffen.


Inwiefern spielt in diesem Zusammenhang auch Nachhaltigkeit eine Rolle? Können Sie dies bitte an einem Beispiel erläutern? 

Digitalisierung aus einer Prozessperspektive ist darauf ausgerichtet, nicht wertschöpfende Tätigkeiten zu eliminieren und aus umfänglicherer Transparenz bessere Entscheidungen zu treffen. Prozesseffizienz, Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit sind quasi verbundene Ziele, jedes kommt mit dem anderen.

Eine agil organisierte Lieferkette kann beispielsweise auf kurzfristige Bedarfsschwankungen reagieren, es wird weniger produziert und transportiert, was nicht gebraucht wird und möglicherweise vernichtet werden müsste. Denken sie nur an Lebensmittel oder Pharmazeutika mit begrenzter Haltbarkeit.

Insofern führt auch Nachhaltigkeit als primäres Handlungsmotiv für Digitalisierung in die richtige Richtung.


Sicherlich geht es auch darum, die Mitarbeitenden auf dem Weg zur Digitalisierung der Geschäftsprozesse mitzunehmen. Wie kann man auf Unternehmensseite hier vorgehen? Was gilt es zu beachten? Was sollte vermieden werden?

Wie bereits gesagt ist der Prozess das Objekt der Digitalisierung. Abgesehen von komplett automatisierten Prozessen sind es die Mitarbeitenden, die einen Prozess lebendig machen. Digitalisiert man einen Prozess, ohne die Mitarbeitenden mitzunehmen, werden gewohnte Arbeitsweisen Bestand haben und überleben und der digitale Prozess wird nicht gelebt. Neben den notwendigen Tools und Technologien ist die Digitale Akzeptanz der zweite Faktor für eine erfolgreiche Digitalisierung.

Vielen Dank für das Gespräch.

 


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