Enterprise Resource Planning als Katalysator – Wie ERP-Plattformen neue Technologien voranbringen

Viele Unternehmen spüren den Druck eines immer dynamischeren und volatileren Marktumfelds, zugleich geht der Trend zu datenbasierten Geschäftsmodellen. Moderne ERP-Plattformen können Technologien wie künstliche Intelligenz, IoT oder Nachhaltigkeit nach vorn bringen.

Das Internet of Things und künstliche Intelligenz tragen dazu bei, Prozesse zu verschlanken und zu automatisieren. Zudem ermöglichen sie Unternehmen, digitale Services zu entwickeln, die ihren Kunden Mehrwerte bieten – und sich damit stärker von ihrem Wettbewerb zu differenzieren. Um die daraus entstehenden Potenziale erfolgreich zu heben, müssen die Ergebnisse aus Sensorik und KI-Algorithmen allerdings auch an die richtige Stelle im Prozess einfließen. Für viele Unternehmensabläufe stellt das ERP-System, in dem Waren und Werteflüsse verwaltet und gesteuert werden, einen zentralen Knotenpunkt dar. Im besten Fall ist das ERP im Zusammenspiel mit einer unterliegenden Cloud-Plattform wie Microsoft Azure also eine gute Grundlage, viele einzelne digitale Technologien in der praktischen Umsetzung zu integrieren. Wichtig bleibt jedoch vor allem, den technologischen Wandel konsequent von Anfang an mit Change Management zu begleiten, um die Mitarbeitenden auf dem Weg mitzunehmen. IT-Dienstleister sollten deshalb nicht nur Orientierungshilfe bei der Auswahl der jeweils passendsten Technologie geben, sondern insbesondere die Menschen einbeziehen.

KI-Wissen bereitstellen. KI und Machine Learning erfordern oft große Datensammlungen, die zum Beispiel in einen Data Lake fließen. Aus ERP-Sicht gilt es insbesondere, nahtlos Daten aus den intelligenten Analysetools zu empfangen, die aus Performancegründen außerhalb des ERP-Systems laufen. Das kann etwa die Information aus einer Sensormessung sein, dass ein Schwellenwert über- oder unterschritten wurde. In der Folge sollten automatisiert bestimmte Events im ERP angestoßen werden, wie beispielsweise die Auslösung eines Service-Tickets. Hat die KI einen bevorstehenden Ausfall vorhergesagt, könnte die rechtzeitige Nachbestellung oder Nachproduktion von Ersatzteilen getriggert werden. Auch in Bereichen wie Bestands- und Bestelloptimierung oder Lagerlogistik machen KI-Algorithmen das ERP intelligenter. Wichtig ist jedoch, dass sich auch das ERP-System öffnet und wiederum seine Daten für intelligente Anwendungen zur Verfügung stellt. Dafür sollte eine bidirektionale Schnittstelle mit stark parametrisierbarer Oberfläche verfügbar sein, um sich mit unterschiedlichen KI-Tools vernetzen zu können.

Mit wenig Aufwand viel erreichen. Eine Cloud-Plattform wie Microsoft Azure IoT verbindet einerseits die Unternehmenssysteme mit vielen Datenquellen und Sensoren. Andererseits stellt sie hinzubuchbare Services bereit, die dazu beitragen, Unternehmensprozesse intelligenter zu machen. Dazu gehören kognitive Services, zum Beispiel für Sprach- oder Bilderkennung, die leicht an individuelle Anforderungen angepasst werden können. Zudem helfen Analysedienste wie Azure Synapse Analytics dabei, große Datenmengen zu verwalten und Werkzeuge zu unterstützen, die sich aus vielen unterschiedlichen Datentöpfen bedienen.

Für KI-Algorithmen sind zeitweise erhebliche Cloud-Rechenkapazitäten notwendig, die automatisch zur Verfügung gestellt werden. Die Verknüpfung von Datenquellen, zum Beispiel um im ERP einen optimalen Produktionsplan vorzuschlagen, ist oft komplex. Hier fließen Daten wie Rohstoffpreise, Trends, Materialverfügbarkeiten, Prognosen oder Wetterdaten ein. Gerade für KMU sind bei diesem komplexen Thema standardisierte Herangehensweisen hilfreich.

Software-Entwicklung ohne Programmiererfahrung. Oft geht es bei der Digitalisierung um die Verschlankung von Abläufen und die Eliminierung manueller Zwischenschritte. Ein wichtiger Treiber für die flexible Umsetzung neuer Anforderungen oder Prozessautomatisierungen sind Low-Code/No-Code-Entwicklungswerkzeuge wie die Microsoft Power Platform. Sie ermöglichen das Erstellen von Individuallösungen auch ohne Programmierkenntnisse. Damit können kostengünstig viele Lücken und Medienbrüche in Form von Apps oder RPA (Robotic Process Automation) geschlossen werden. Diese Werkzeuge vereinfachen unter anderem die Entwicklung von Apps, mit denen individuelle Prozesse einfach mobil auf dem Smartphone oder Tablet verfügbar gemacht werden. Ein Beispiel dafür könnte eine durchgängige Digitalsierung von Service- oder Wartungsprozessen für den Außendienst oder die Servicetechniker sein.

Cloud-Plattform als Ausgangsbasis für einfachere Prozesse. Unternehmen, die vor der Modernisierung ihrer ERP-Landschaft stehen, sollten ihren Fokus auf Cloud-basierte Angebote legen. Cloud-ERP bringt hinsichtlich Flexibilität die meisten Vorteile, Anwendungen können je nach Bedarf gebucht werden. Hinzu kommen höchste Datensicherheitsstandards durch Verschlüsselung. In der Cloud sind alle Systeme zudem immer auf dem aktuellsten Stand, die eigene IT wird von zeitaufwändigen Routineaufgaben wie Updates und Wartung entlastet. Innovative Technologien wie KI nutzen ohnehin fast immer die Cloud und lassen sich dementsprechend einfacher integrieren. Bei On-Premises-Lösungen ist dafür in der Regel erheblich mehr Aufwand nötig. Im optimalen Fall nutzen ERP- und CRM-System, App-Entwicklungsumgebungen und intelligente Werkzeuge eine gemeinsame Cloud-Plattform, über die alle Komponenten miteinander kommunizieren. Weil alles auf einer Plattform stattfindet, ist der Wartungsaufwand geringer und das Schnittstellenmanagement findet praktisch automatisiert statt. Auf der Azure-Plattform gibt es Konnektoren für nahezu alle gängigen Systeme, Sensoren und IoT-Devices. Damit fällt die schnelle und einfache Abbildung von End-to-End Prozessen über mehrere Systeme deutlich leichter.

Zentraler Daten-Hub für Transparenz. Bisher sind Daten oft in einzelnen Abteilungssilos gespeichert. Das führt zu erheblichen Redundanzen und Aufwand bei der Datenpflege. Gerade wenn Unternehmen ihre Geschäftsmodelle digitalisieren, kommt es jedoch maßgeblich auf eine hohe Datenqualität an. Eine solche Cloud-Plattform sollte deshalb ein Master Data Management für die zentrale, redundanzfreie Verwaltung von Stammdaten und ein Zugriffsberechtigungskonzept auf Datenebene mitbringen. Als zentrale Datendrehscheibe und als Single Source of Truth – also als einzige, verbindliche Quelle der Wahrheit – versorgt sie dann alle Prozesse und Services mit den relevanten Informationen. Auch die Kommunikation zwischen den Prozessen lässt sich so standardisieren, womit vor allem Mehrfachdatenerfassungen vermieden werden.

Gerade im Kontext der Nachhaltigkeit bekommt das ERP-System noch einmal einen höheren Stellenwert. Zum einen können die hier zusammenlaufenden Prozesse durch eine konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeitsziele optimiert werden. Zum anderen werden im ERP viele wichtige Informationen, zum Beispiel zum Energie- oder Materialverbrauch vorgehalten. Diese Daten stehen im Fokus von Reporting- und Nachweispflichten rund um Corporate Social Responsibility und kommende digitale Produktpässe.

 


Daniel Schmid,
Chief Portfolio Officer der
COSMO CONSULT Gruppe

 

 

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