Kein digitaler Wandel ohne innovationsfähige Organisation

Warum digitales Denken die digitale Transformation zum Erfolg führt.

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Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Über alle Branchen hinweg verändern neue digitale Konkurrenten mit ihren Produkten die etablierten Marktstrukturen und Geschäftsmodelle – wir suchen und reservieren beispielsweise schon das Carsharing-Auto am Handgelenk oder alternativ das Taxi.

Etablierte Unternehmen sehen sich gezwungen, dem digitalen Wandel durch eigene Transformationsanstrengungen zu begegnen. Nur so können sie im digitalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben und ihre Existenz sichern. Eine Existenz, die wahrscheinlich zu einem sehr großen Teil von der Akzeptanz der neuen Angebote bei den Generationen Y und Z abhängig ist, denn diese Zielgruppen leben den digitalen Wandel vor.

Weil es für diesen Wandel kennzeichnend ist, dass mehr und mehr softwarebasierte Produkte entstehen und nachgefragt werden, läge es nahe, die digitale Transformation des eigenen Unternehmens vor allem als Softwareentwicklungsaufgabe zu begreifen. Bei näherer Betrachtung wird allerdings deutlich: Ebenso erfolgsentscheidend ist es, die Organisation auf die Herausforderungen und Bedingungen des digitalen Wandels auszurichten.

Nur wenn die eigene Organisation zu stetiger Weiterentwicklung und Innovation in der Lage ist, wird ein Unternehmen unter den hochdynamischen Wettbewerbsbedingungen der Digitalisierung bestehen können.

Der digitalen Applikation gehört die Zukunft

Die technologische Plattform, auf deren Basis ein Unternehmen seine digitale Transformation vollzieht, kann verschiedene Ausprägungen haben. Sicherlich wird es oft darum gehen, Kunden in ihrer immer stärkeren Nutzung mobiler Endgeräte zu unterstützen. Es gilt, neue Angebote in Gestalt digitaler Applikationen zu entwickeln, die unsere neue digitalisierte Welt aus Smartphones, Tablets, Wearables, Connected Cars usw. in den Fokus nehmen.

Das Always-on der modernen Mediennutzung, das mobile Endgerät, wird dabei schon bald nur noch ein Element des weit größeren Internet of Things darstellen: Die Digitalisierung wird mehr und mehr auch die technischen Produkte erfassen, die uns umgeben.

Insofern ist die digitale Applikation das Endprodukt, welches geplant, entwickelt, betrieben und stetig verbessert werden muss. Die Konsequenz: Unternehmen müssen ihre Angebote neu ausrichten und digital transformieren.

Taxis per Smartwatch und automatisierte Häuser

Früher wäre es unvorstellbar gewesen, am Handgelenk das Taxi zu bestellen – ohne dafür ein Telefonat tätigen zu müssen. Heute ist es schon gar nicht mehr unvorstellbar, dass unser Haus in den »Sleep-Modus« geht, wenn wir es verlassen. Und dass es uns bei unserer Rückkehr per Gesichtserkennung identifiziert, um Jalousien, Beleuchtung oder Raumheizung unseren Vorlieben und Gewohnheiten entsprechend automatisch wieder hochzufahren.

Die Wirtschaft arbeitet jedenfalls schon an solchen intelligenten, automatisierten Haussteuerungen. Befragen Sie Google einmal nach »welcome cam«. Und kennen Sie eigentlich »IFTTT«?

Kulturwandel im Unternehmen

Wie auch immer die digitalen Applikationen, Angebote und Geschäftsmodelle, mit denen ein Unternehmen die digitale Transformation vollziehen möchte, im Einzelnen aussehen mögen – erst eine geeignete interne Organisation wird den Erfolg der neuen Technologie sichern können. Für die Konzeption und Umsetzung des digitalen Wandels braucht es ein gut organisiertes Team und die richtige Projektorganisation im Unternehmen.

Angesichts der Schnelllebigkeit der digitalisierten Welt gehören hohe Flexibilität, Agilität und Innovationsfähigkeit zu entscheidenden Eigenschaften einer Organisation, die den digitalen Wandel realisieren möchte. Etablierte Unternehmen stehen dabei vor einer Veränderung, die man durchaus als Kulturwandel bezeichnen darf. Für die Organisation wird es darauf ankommen, einerseits die Kultur der Flexibilität, Offenheit und stetigen Weiterentwicklung im Unternehmen voranzutreiben, andererseits aber auch klare Richtlinien und Rahmenparameter vorzugeben.

Gesucht wird also nicht nur der digital denkende Manager, sondern eine digital denkende Organisation, die sich immer wieder neu erfinden muss.

Gemeinsam den Innovationsdruck bewältigen

Die Herausforderungen, die unter den Bedingungen des digitalen Wettbewerbs auf die Organisation zukommen, sind vielfältig. Eine einzelne Führungsperson wäre mit der Aufgabe, den Kulturwandel voranzutreiben und die gesamte Organisation auf die digitale Transformation vorzubereiten, naturgemäß überfordert.

Darüber hinaus verändert sich das Anforderungsprofil an Führungskräfte für den digitalen Wandel derart, dass bestehende Organisationen mit verändert werden müssen. Daher bietet es sich an, zusätzlich zu den richtigen Führungskräften geeignete Gremien für die einzelnen Bereiche zu bilden. In diesen Gremien wird es möglich sein, die anstehenden Themenkomplexe im Team zu erarbeiten.

Die gute Nachricht: In den meisten Unternehmen sind diese erforderlichen Gremien – zumindest in ähnlicher Form – sogar schon etabliert: von der IT über den Bereich Human Resources bis zum Marketing. Der zentrale, erfolgskritische Aspekt für die digitale Transformation besteht also darin, die Projektorganisation für die neuen digitalen Applikationen und Angebote in diejenigen Gremien und Strukturen zu integrieren, die im Unternehmen bereits vorhanden sind.

Aufgabenbereiche und Abteilungen der internen Projektorganisation

Beispielsweise könnten die folgenden Aufgabenbereiche und Abteilungen für den erfolgreichen Auf- und Ausbau einer neuen digitalen Applikation einzubinden sein:

  1. Technologie / IT (etwa IT-Strategie, agile Entwicklung, Betrieb und Support)
  2. Marketing / Digitales Business (Marketing, Guidelines)
  3. Human Resources (HR) (Zielvereinbarungen, Kommunikation)
  4. Betriebsrat / Governance (Datenschutz, Sicherheit)
  5. Fachexperten / Innovation (Pilot-Lösungen und Out-of-the-box-Denken)
  6. Programm-Management (Programm-Steuerung, Richtlinien)

 

Alle Aufgaben der Gremien und der in ihnen wirkenden Personen sollten explizit bei der weiteren Einsatzplanung im Unternehmen berücksichtigt werden. Ein wichtiger Aspekt dabei: Die Ergänzung der Stellenbeschreibung um Tätigkeiten für die digitale Applikation sichert die Verfügbarkeit der Mitarbeiter. Zwar sollten hoheitliche Aufgaben dauerhaft nur intern besetzt werden – aber auch eine externe Unterstützung kann sinnvoll und bei komplexen Fragestellungen durchaus empfehlenswert sein.

Zum Beispiel lässt sich der Aufbau der Organisation durch externe Benchmarks und Empfehlungen optimal ausrichten. Spezifische Entscheidungen und Ausarbeitungen sollten dagegen intern durchgeführt werden, um eine einheitliche Kommunikation zu gewährleisten.

Zusammenarbeit über definierte Schnittstellen

Verantwortlich für die strategische Entwicklung und Durchführung des Programms »Digitale Applikation« ist – auch schon während der Aufbauphase – der Bereich »Digital Application Management«. In diesem Bereich haben Marketing, Innovation und Programm-Management eine gemeinsame Führungsrolle für das Digitalisierungs-Programm. In enger Abstimmung mit dem Bereich »Digital Platform Team« wird die Applikation dann weiterentwickelt und unter Berücksichtigung von Sicherheits- und Datenschutz-Aspekten betrieben. Dabei findet eine enge Kooperation mit wichtigen internen Gremien wie etwa dem Betriebsrat und dem Bereich Human Resources statt.

Die beiden Bereiche »Digital Application Management« und »Digital Platform Team« arbeiten auf Augenhöhe zusammen. Agile Projektvorgehensweisen eignen sich an dieser Stelle sicherlich sehr gut, um dem Innovationsdruck gemeinsam erfolgreich zu begegnen.

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Abbildung 1: Die digitale Applikation im Zentrum der Transformationsprozesse. Quelle: Cassini Consulting

 

Wie lässt sich der Erfolg der neuen digitalen Applikation messen?

Damit eine interne Projektorganisation nach diesem Vorbild aufgesetzt werden kann – respektive genehmigt wird –, sollte auch geklärt und beschrieben werden, wie sich der Erfolg des Programms »Digitale Applikation« messen lässt. Die hier beschriebene Organisation für das Digitalisierungsprogramm hat zweifelsfrei ihre Daseinsberechtigung, aber sie braucht auch einen Auftrag – der sich im Verlauf des Programms immer weiter ausprägt.

Zu Beginn des Programms wird die Organisation sicher im Rahmen der initialen Projekte sehr eng zusammenarbeiten und ihre Aktivitäten eng miteinander abstimmen. Kritischer ist die darauffolgende Projektphase, wenn die digitale Applikation in die nächste Ausbaustufe übergeht und das Angebot weiter modernisiert wird.

An dieser Stelle ist es wichtig, jedem in der Organisation die Ziele immer wieder vor Augen zu führen, um gemeinsam die notwendigen nächsten Maßnahmen vollziehen zu können. Hier gilt es, argumentativ zu vermitteln, warum entsprechende Schritte notwendig sind. Darum sind auch geeignete Maßnahmen zur Messung des Erfolgs erforderlich. Die Aktivitäten und Aufgaben eines jeden Gremiums sollten anhand dieser Kennzahlen gemessen werden.

Ein Beispiel: Nachdem die neue digitale Applikation – etwa die Nutzung der Smartwatch als Bezahlmittel – an eine definierte Pilot-Zielgruppe ausgerollt wurde, muss kurzfristiges Feedback aus der Gruppe eingeholt werden, ob eine generelle Akzeptanz gegeben ist und um Anhaltspunkte für eine nachhaltige Weiterentwicklung zu erhalten. Es geht hierbei um einen iterativen, agilen Prozess, in dem sich ein neuer Schritt erst anschließt, wenn der vorangegangene erfolgreich abgeschlossen wurde.

Zunächst muss also im Pilotprogramm die Nutzung der Smartwatch als Bezahlmittel von der Pilotgruppe mit positivem Feedback aufgenommen worden sein, und die Technik muss ihre prinzipielle Eignung und Zuverlässigkeit bewiesen haben. Erst dann folgt der nächste Schritt, erst dann werden Mittel für eine entsprechende Weiterentwicklung und für Marketing-Maßnahmen bereitgestellt, und das Unternehmen kann einen flächendeckenden Roll-out seiner »Smartwatch als Bezahlmittel« in Angriff nehmen.

Zielgruppen-gerechte Entwicklung des Angebots

Für den Erfolg des eigenen Angebots ist es notwendig, die Maßnahmen nach den jeweiligen Zielgruppen auszurichten. Die Besonderheit besteht darin, dass mit ihr gleichermaßen der Erfolg beziehungsweise die Zukunftssicherheit der digitalen Applikation gemessen als auch die Aufgaben der Projektorganisation argumentativ vermittelt werden können. Zudem ist die Darstellung kompakt und lässt sich im Rahmen der Projektgenehmigung sehr gut in entsprechenden Entscheidungsvorlagen nutzen.

Ausgehend davon, dass das Digitalisierungsprogramm über einen Zeitraum von mehreren Jahren geplant ist, dient vor allem die Akzeptanz der digitalen Applikation bei der relevanten Zielgruppe als Kennzahl für die weiteren Maßnahmen im Programm.

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Abbildung 2: Stufenweise Entwicklung des bestehenden Angebots für die jeweilige Zielgruppe. Quelle: Cassini Consulting

 

Erfolg messen und Programminvestitionen begründen

Die Maßnahmen werden auf das jeweils zu erreichende Ergebnis fokussiert und effizient ausgestaltet. So kann der Maßnahmenkatalog – der ja auf Basis einer vorausgehenden Managemententscheidung verwendet wird – im Projektverlauf immer wieder dazu dienen, die geplanten Projektaktivitäten gegenüber dem Management einheitlich zu kommunizieren.

Das Ziel der Maßnahmen zur Entwicklung der digitalen Applikation muss es sein, eine deutliche Weiterentwicklung des Angebots zu erreichen. In einem ersten Schritt ist es empfehlenswert, zusätzliche Services für die digital denkende Zielgruppe zu schaffen, das Angebot bei Erfolg weiter auszubauen und es stetig weiter digital zu transformieren. Denn die Generationen Y und Z sind die Zielgruppen der Zukunft.

 

Maßnahme Beschreibung Ziel der Maßnahme (KPI)
Maßnahme 1 Review bestehendes Angebot Marktrecherche, Gap-Analyse: Modernisierung des Angebots
Maßnahme 2 Ergänzung zusätzlicher Services Ausbau der Marktwahrnehmung (Early Adopter)
Maßnahme 3 Weiterer Ausbau digitaler Angebote Relevante Wahrnehmung bei der Generation Y+Z
Maßnahme 4 Ergänzung weiterer Spezial-Services Ausbau der Marktwahrnehmung
Maßnahme 5 Sicherstellung bestehender Angebote Etablierung der Marktwahrnehmung
Maßnahme 6 Weitere Transformation des Angebots Stabilisierung der Wahrnehmung bei der Generation Y+Z
Maßnahme 7 Weitere Transformation des Angebots Abschluss der digitalen Transformation

Abbildung 3: Stufenweise Transformationsmaßnahmen. Quelle: Cassini Consulting

 

Die zwei Erfolgsfaktoren: Die digital denkende Organisation und ein zielgruppengerechter Maßnahmenkatalog

Die Durchführung eines Programms für eine digitale Applikation hat somit zwei wesentliche Säulen. Zum einen ist dies die interne Projektorganisation, zu der die Ausrichtung bestehender Gremien auf die Aufgaben der digitalen Transformation gehört. Die andere, ebenso unverzichtbare Säule ist die Messbarkeit der erzielten Fortschritte der durchgeführten Maßnahmen. Mit der Projektorganisation beantwortet ein Unternehmen die Frage danach, wie eine komplexe digitale Applikation realisiert werden kann – und mit dem Maßnahmenkatalog beantwortet das Unternehmen die Frage, wie sich die Aktivitäten der Projektorganisation messen und weiterhin begründen lassen.

Wenn Unternehmen im digitalen Wettbewerb bestehen wollen, müssen sie sich der digitalen Transformation stellen und eine innovationsbereite Organisation schaffen, die den Kulturwandel im Unternehmen vorantreibt. Das Erfolgsrezept lautet: Schaffen Sie eine digital denkende Organisation, in der die richtige Führungskraft und ein motiviertes Team zusammenarbeiten. Und geben Sie diesem Team einen klaren Auftrag – einen Auftrag, den Sie mithilfe des Maßnahmenkatalogs jederzeit gut begründen können.

autor christian langweg management consultant cassini

Christian Langweg, Management Consultant bei Cassini Consulting

Christian Langweg ist Management Consultant bei Cassini Consulting. Seit 15 Jahren berät er Unternehmen und Konzerne im Themenkomplex Information Management. Er verantwortet die Unit »Digital Business« bei Cassini Consulting in Düsseldorf seit deren Gründung und baut diese sowohl technisch im Bereich Webentwicklung, als auch thematisch im Bereich E-Commerce und digitale Transformation aus.

 

 

 

 

 


 

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Cassini wurde 2006 als eigenständige und herstellerunabhängige IT-Unternehmensberatung gegründet. Cassini bietet seinen Klienten qualitativ hochwertige Beratungsleistungen und IT-Lösungen. Guiding ahead ist der Anspruch von Cassini, Klienten durch Wissensvorsprung zum Wettbewerbsvorsprung zu führen – beispielhafte Projekte dazu finden Sie unter www.cassini.de/leistungen

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