Konnektivität im Business Process Management – Was passt und was nicht?

Verbindungsfähigkeit, Konnektivität gibt es nicht nur zwischen IT-Komponenten, sondern auch in Verbindungen mit sozialen Medien. Wie passen diese mit jenen zusammen? Unternehmen sind dabei so etwas wie Knotenpunkte im sozialen Netzwerk. Unter einem systemischen Gesichtspunkt spielt die Konnektivität, im Sinne einer vernetzten Kommunikationstechnologie, eine wichtige Rolle.

Es geht darum, dass das Netzwerk funktioniert, dass Teilnehmer sich eigenständig ein- und ausklinken können. Über die rein technischen Bewegungen und Begegnungen hinaus gibt es eben auch diese wesentlichen Perspektiven, die wir kulturell, strategisch und organisatorisch nennen. Hier muss sich eine Transformationskultur erst entwickeln. 

Zauberwort digitale Schnittstelle. Das technische System hat idealerweise eine digitale Schnittstelle. Denn wesentliche Funktionen werden in Geschäftsprozessen über ein ERP-System wahrgenommen. Visualisiert auf dem Bildschirm sieht man: Es gibt einen »normalen« Purchase-to-Pay- oder auch Procure-to-Pay-Prozess , der Auskunft darüber gibt, wie der Mitarbeiter eine Bestellung beim Lieferanten, gegebenenfalls mit internen Freigaberegelungen, realisiert. Da spielt das vorhandene ERP-System eine wichtige Rolle. Wenn hierzu entsprechende Schnittstellen bestehen, entstehen bei der Abwicklung wenig Probleme. Lücken in der Konnektivität werden gegebenenfalls durch weitere digitale Technologien ausgefüllt, zum Beispiel durch Workflow-Systeme. Attraktiv sind auch sogenannte RPA-Tools , die sich recht gut visuell darstellen und auch realisieren lassen. 

Aeneis für einfache Lösungen. Das Tool »Aeneis« zum Beispiel bietet Connectivity-Lösungen an, beziehungsweise liefert Konzepte dafür. Der Mittelstand muss schauen, was von diesen Lösungen am geeignetsten ist. Denn Lösungskonzepte sind gefragt, nicht nur eine technische Schnittstelle.

Beispiel: Ein Geschäftsprozess besteht aus verschiedenen Teilschritten, deren Transaktionen im ERP-System vorhanden sind. Etwa beim Beschaffungsprozess: Nutzt man da eine BANF (Bestellanforderung) und nutzt die überhaupt etwas, oder habe ich es mit automatisierten Bestellungen zu tun? Welche Transaktionen im ERP-System bearbeitet man in welcher Reihenfolge, wo ist die Nutzung sinnvoll und an welcher Stelle ist das ERP-System am Ende? Muss man darüber hinaus etwas implementieren, also eigene Workflows generieren oder mithilfe von RPA-Bots weitere digitale Technologien aufbauen, um mit einem Lieferanten Dokumente auszutauschen? Es ist nicht selbstverständlich, dass die Ausgestaltung und die hierfür notwendige Kommunikation standardisiert ist.

Wie viele Unternehmen haben Probleme mit ihrer Verbindungsfähigkeit? »Wir sind weit von einer funktionierenden Connectivity entfernt«, so Frank Morelli, Aufsichtsrat bei der intellior AG. »Die Kollegen nutzen zwar ERP-Systeme. Das heißt aber nicht, dass sie die auch sinnvoll einsetzen, weil sie oft nicht wissen, wie der eigentliche Sollprozess aussehen soll.« Gerade da spielt Geschäftsprozessmanagement eine entscheidende Rolle, um Hilfestellungen zu geben. 

Manche Mitarbeiter sind erfinderisch, das System auszutricksen, beispielsweise wenn die ERP-Software anzeigt, dass kein Material mehr im Lager verfügbar ist, sich dort aber noch physisch welches befindet. Dies wird einfach entnommen, damit sie ihr Ziel schneller und auf Abkürzungen erreichen. In Wahrheit schaffen die Mitarbeiter damit neue Probleme, ohne dass es ihnen klar ist. Im vorliegenden Fall kann man davon ausgehen, dass das Material bereits von einem Fertigungsauftrag reserviert worden ist. Die Bedeutung von Geschäftsprozessen ist zwar allgemein gut bekannt, der abteilungsübergreifende Charakter dieser Arbeit aber noch lange nicht in den Köpfen angekommen. In der eigenen Abteilung klappt das noch ganz gut. Aber sobald mehrere Abteilungen involviert sind, gibt es Probleme, und genau da spielt Connectivity eine zentrale Rolle.

 

Für die Kommunikation ist das Geschäftsprozessmanagement ein interessanter Ansatz. Er kann zu einer Richtschnur werden, wie die Vorgehensweise in Verbindung mit der unternehmerischen Strategie überhaupt aussehen soll. Egal wie sie aussieht, ohne ein solides GPM wird sie nicht umzusetzen sein.

 

GPM als neue Richtschnur. Die frühere Denkweise über Connectivity hat viel zu kurz gegriffen, da sie ganz auf die technologische Komponente reduziert war. Das Motto lautete: Connectivity ist eine Domäne der IT, es geht also um Systeme, um Netzwerke, die müssen in ihren Verbindungen gesichert sein. Das hat sich durch die Idee der digitalen Transformation stark verändert, wodurch auch andere Komponenten viel zentraler ins Spiel kommen. Es ist also nicht mehr damit getan, die technischen Voraussetzungen mit der Aussage zu schaffen, wir sind mit einer konkreten Plattform mit dabei oder generieren sogar eine eigene Plattform und hätten so IT-Lösungen, mit denen man irgendwie weiterkäme. Die neue Fragestellung lautet: Wie kommunizieren wir überhaupt miteinander? Und da ist das Geschäftsprozessmanagement ein besonders interessanter Ansatz. Er kann zu einer Richtschnur werden, wie die Vorgehensweise überhaupt aussehen soll. Diese spielt mit der unternehmerischen Strategie zusammen. Egal wie sie aussieht, ohne ein solides GPM wird sie nicht umzusetzen sein.

Simplifizierung statt Komplizierung. Beispiel: Firma Döhler, Produzent von Lebensmittelzutaten, Darmstadt, früher bis zu 2.000 Prozesse, von denen man viele gar nicht gekannt hat. Mittlerweile ist man bei 150 Prozessen angelangt. Tendenz ist die Simplifizierung, auf dem Bildschirm soll weniger sichtbar sein, Prozesse aber in klarer Rollenverteilung modelliert und damit transparenter werden. Vor 20 Jahren war man noch hilflos der wachsenden Komplexität gegenüber. Heute ist die Priorität eine andere. Nicht alles muss über ein ERP-System organisiert sein. Heute gibt es zwar durch Tools viele Simplifizierungsmöglichkeiten. Am Anfang steht aber zunächst eine systemische Simplifizierung. Diese folgt einer speziellen Kundenanforderung, und genau dabei hilft ein professionelles Geschäftsprozessmanagement.

 


Dr. Klaus Neugebauer ( l.) unter Verwendung eines Pressegesprächs
mit Prof. Dr. Frank Morelli, stellvertretendem Aufsichtsratsvorsitzenden der intellior AG

 

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