Netzwerken im Beruf: Wie Fahrradfahren mit Rückenwind?

Arbeitnehmer begreifen Netzwerk zunehmend als Absicherung in einer Zeit des schnellen Wandels.

Illustration: Geralt Absmeier

 

Geht es um das Thema »Netzwerken«, teilt sich Deutschland in zwei Lager: Der einen Seite macht der Aufbau des eigenen Netzwerks Spaß (47 Prozent), der anderen ist es eher unangenehm (43 Prozent, 10 Prozent »keine Angabe«). Auch 49 Prozent derer, die nicht gerne netzwerken, halten das Thema allerdings für wichtig.

 

So lauten Ergebnisse einer Umfrage der Marktforschung YouGov im Auftrag von Linkedin [1] unter mehr als 1.000 Arbeitnehmern und potenziellen Arbeitnehmern in Deutschland. Netzwerken sichert ab, so die Befragten, gegen die Schnelllebigkeit, Komplexität und Unsicherheit unserer Zeit (jeweils mehr als 70 Prozent). Gleichzeitig wollen Netzwerker Neues lernen und sich von Menschen inspirieren lassen – und sie versprechen sich mehr Erfolg in der Karriere. Netzwerkforscher Prof. Dr. Christian Stegbauer rät Arbeitnehmern, auch mal über den Tellerrand der eigenen Branche hinauszusehen und glaubt an die Wirksamkeit von »Weak Ties«.

 

»Arbeitnehmer in Deutschland haben verstanden, wie wichtig ein Netzwerk heutzutage ist – aber es geht nicht allen ganz leicht von der Hand«, sagt Barbara Wittmann, Country Managerin DACH bei Linkedin. »Mein Rat ist es, sich Zeit zu nehmen, die beruflichen Kontakte zu pflegen und auszubauen. Wie unsere Umfrage zeigt, erschließen sich dadurch nicht nur berufliche Möglichkeiten, sondern auch neue Perspektiven und Orientierung. Wir haben die Thematik zudem global untersucht und bestätigt bekommen, dass Menschen mit einem starken Netzwerk zufriedener mit ihrer Karriere (83 Prozent) und ihrem Gehalt (72 Prozent) sind [2].«

 

Einstellungssache: Vergnügen oder Arbeit?

Dem Großteil (85 Prozent) aus der Gruppe, die gerne netzwerkt, fällt das auch besonders leicht. Einige von ihnen beschreiben es »wie Fahrradfahren mit Rückenwind« (22 Prozent) oder spüren einen »Energieschub« dabei (20 Prozent). »Arbeit außerhalb der Arbeit« (32 Prozent) oder »ein notwendiges Übel« (33 Prozent) sind hingegen Beschreibungen, die in der zweiten Gruppe (diejenigen, die ungern netzwerken) gewählt werden. Trotzdem bemühen sich 21 Prozent derer, die nicht gerne netzwerken, regelmäßig um neue Kontakte. Das weist auf die Bedeutung hin, die dem Netzwerken unter allen Befragten zugemessen wird: 66 Prozent aller Arbeitnehmer finden Netzwerken im beruflichen Kontext »sehr wichtig«.

 

Netzwerker-Typen: Junge tun sich etwas schwerer

Weder beim Geschlecht noch innerhalb verschiedener Altersgruppen noch bei unterschiedlichen Bildungsabschlüssen lassen sich signifikante Unterschiede in Bezug darauf feststellen, ob jemand gerne netzwerkt oder nicht. Einzig die jungen Arbeitnehmer zwischen 25 und 34 Jahren weichen ein wenig vom Durchschnitt ab, halten den Aufbau eines Netzwerks im Vergleich zu allen anderen Altersgruppen hinweg einerseits für am wichtigsten (69 Prozent), andererseits geben sie am häufigsten an, dies nicht gerne zu tun (48 Prozent). Über die Hälfte der jungen Arbeitnehmer, und damit mehr als in jeder anderen Altersgruppe, möchte ihr Netzwerk nutzen, um ihren beruflichen Werdegang proaktiv weiterzuentwickeln.

 

Netzwerkaufbau: Der Zufall mischt mit

Der Aufbau des eigenen Netzwerks erfolgt meist nicht zielgerichtet und strategisch (12 Prozent), sondern überwiegend zufällig und in der Komfortzone des eigenen Bekanntenkreises. 42 Prozent aller Befragten bauen ihr Netzwerk außerdem nicht aktiv aus, sondern lassen es sich von allein entwickeln. Prof. Dr. Christian Stegbauer, Netzwerkforscher an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, sieht diesen Ansatz nicht negativ: »Ein heterogenes Netzwerk, in dem sich auch private Kontakte finden, erhöht die Chancen auf verschiedene Perspektiven und neues Wissen. Arbeitnehmer wissen, dass die schnellen Veränderungen in Technologie und Wirtschaft eine höhere Flexibilität voraussetzen als früher. Persönliche Kontakte helfen enorm bei der Anpassung, aber auch beim nächsten Karriereschritt. Viele Arbeitsplätze werden ohne Ausschreibung vergeben. Der persönliche Kontakt in ein Unternehmen erhöht die Chancen auf eine erfolgreiche Bewerbung.«

 

Networking-Spezialist Christian Stegbauer: Drei Erfolgsfaktoren für Netzwerker

  • Branchen-Netzwerk nutzen: Auf Tagungen oder Messen stehen Trends im Vordergrund, Teilnehmer können sich über das austauschen, was alle gemeinsam bewegt. Wichtig: Online vernetzen für einen Austausch auch nach dem Event.
  • Vielfalt macht den Unterschied: Neue Ideen entwickeln Netzwerker auch gut mit Personen, die anders sind als sie selbst, in anderen Branchen arbeiten. Menschen, mit denen man weniger gemein hat, dürften über ein anderes, für einen selbst neues Wissen und neue Perspektiven verfügen.
  • Weak Ties ausbauen: Lose Bekannte sind oft hilfreicher als Freunde und Kollegen. Die »schwächeren Kontakte« oder »Weak Ties« verfügen über Informationen, die im direkten Umfeld nicht verfügbar sind. Im engeren Freundeskreis haben alle dieselben oder zumindest ähnliche Informationen.

 

[1] Linkedin-Studie durchgeführt vom unabhängigen Marktforschungsinstitut YouGov. Die Antworten wurden in einer Online-Befragung ermittelt, an der 1.028 deutsche Arbeitnehmer, Studenten, Auszubildende, Selbstständige sowie Personen, die aktuell Arbeitslosengeld I oder Elterngeld / Erziehungsgeld beziehen, teilnahmen. Die Befragung lief vom 22. bis zum 25. Oktober 2019.
[2] Linkedin-Studie durchgeführt von Ipsos, vom 29. April bis 13. Mai 2019 in den USA und vom 25. Juli bis 4. August 2019 in Asien und Europa. Für die Umfrage wurde eine Stichprobe von 6.614 Erwachsenen im Alter von 18+ Jahren, die Teil der Erwerbsbevölkerung sind, online befragt (Australien n=500, China n=501, Indien n=600, Japan n=501, Singapur n=500, Frankreich n=503, Deutschland n=500, Niederlande n=502, Vereinigtes Königreich n=500 und USA n=2.007).

Teamarbeit – Welche Typen braucht ein erfolgreiches Team?

Ein gut funktionierendes Team ist ein Schlüsselfaktor, um Vorhaben zum Erfolg zu führen – das gilt im Sport genauso wie in der Wissenschaft oder Wirtschaft. Millionen brillanter Entwicklungen haben nie den Weg in die Produktion oder den Verkauf gefunden, weil dem genialen Techniker jemand fehlte, der Geldgeber finden, das Management überzeugen oder das Marktpotenzial aufschlüsseln konnte. Aber wie funktionieren Teams? Welchen Einfluss hat die Zusammensetzung der Gruppe? Und welche Persönlichkeitsprofile erweisen sich als besonders wichtig für den Erfolg eines Teams? Talent Management Experte SumTotal hat dieses Thema einmal unter die Lupe genommen und typische Team-Rollen, Persönlichkeitsprofile sowie Tipps zur Motivation dieser Charaktere zusammengestellt.

Illustration: Geralt Absmeier

Effiziente und produktive Teams sind entscheidend dafür, Organisationen langfristig auf Erfolgskurs zu halten. Allerdings entstehen produktive Teams nicht von selbst. Über ihre Zusammensetzung entscheiden neben den fachlichen Fähigkeiten auch die Soft Skills und Persönlichkeitsprofile der einzelnen Mitglieder. Jeder kennt beispielsweise die Situation, wenn in einer Gruppe zu viele »Alpha-Tiere« aufeinandertreffen. Ist in einem Team andererseits niemand bereit, die Verantwortung zu übernehmen und eine Richtung vorzugeben, ist es ebenso schwierig, erfolgreich zu agieren.

Ein extremes Beispiel für die notwendige Kompatibilität einer Gruppe ist die Raumfahrt. Bereits heute arbeiten internationale Teams auf Raumstationen, wie der ISS, auf engstem Raum wochenlang zusammen. Im Jahr 2033 plant die NASA erstmals Raumfahrer auf die rund 400 Millionen Kilometer lange Reise zum Mars zu schicken. Das Zusammenspiel der Astronauten und Forscher auf der mindestens drei Jahre langen Mission ist dabei einer der wichtigsten Faktoren. Aus diesem Grund untersuchte die US-Weltraumbehörde Gruppendynamiken. Unter anderem wurden dazu Test-Gruppen je 45 Tage in einem Simulator isoliert und dabei beobachtet, wie sie mit Arbeitsaufgaben, verzögerter Kommunikation zur Außenwelt, Stress, Schlafmangel und miteinander klarkommen [1]. Die Erkenntnis: Bei erfolgreichen Teams sollten bestimmte Charaktere auf jeden Fall vertreten sein.

Zu der gleichen Erkenntnis kamen bereits frühere Untersuchungen. Der Anthropologe Jeffrey Johnson beobachtete beispielsweise die Dynamik in kleinen Gruppen von 10 bis 28 Personen auf Forschungsstationen in der Antarktis und wertete außerdem Aufzeichnungen von Südpolexpeditionen aus. Dabei stellte er fest, dass Roald Amundsen, der erste Mann, der den Südpol erreichte, ohne seinen humorvollen Koch dort wohl nie angekommen wäre. Koch Lindstrøm konnte immer wieder Spannungen auflösen und die Gruppe zum Weiterziehen bewegen. »Er hat mehr zur norwegischen Polarexpedition beigetragen als jeder andere«, vermerkte Amundsen 1911 in seinem Tagebuch [2].

»Es muss aber nicht gleich eine Südpol- oder Marsmission sein, auf der man positive und negative Gruppendynamik beobachten kann. Egal ob im Sport oder im beruflichen Umfeld zeigt sich in zahlreichen Situationen, dass heterogene Gruppen mit unterschiedlichen Charakteren und Rollen besonders erfolgreich sind«, erklärt Talent Management-Expertin Doris Niederwieser von SumTotal. »Eine Herausforderung dabei, solche Teams zusammenzustellen ist es, dass Menschen dazu neigen, sich in möglichst homogene Untergruppen aufzuspalten – nach dem Motto ›gleich und gleich gesellt sich gern‹. HR-Verantwortliche und Führungskräfte sollten daher versuchen, heterogene Teamzusammensetzungen zu unterstützen, um Synergien zu nutzen. Dies hilft nicht nur dabei passende Talente finden. Auch bei der Mitarbeiterentwicklung unterstützt die Berücksichtigung des Persönlichkeitsprofils dabei, passende Anreize zu setzen.«

 

Typische Rollen und Persönlichkeitsprofile in Teams

Der Team-Chef oder »Anführer«:

Er trägt die Verantwortung und sollte dem Team eine klare Richtung vorgeben, aber auch Hindernisse aus dem Weg räumen, Probleme lösen und bereit sein, die Verantwortung zu übernehmen, falls etwas schief geht. Als Führungspersönlichkeit sollte er die anderen Team-Mitglieder inspirieren können, ihre Leistung einzubringen.

Motivations-Tipp:

Autonomie und die eigenständige Führung seines Teams als Zeichen des Vertrauens der Unternehmensleitung beflügeln den Anführer. Zusätzliche Verantwortung und die Möglichkeit, sich bei neuen Herausforderungen immer wieder zu beweisen, wird er meist positiv aufnehmen.

 

Der »Clown«

»Jede Gruppe braucht einen Clown« – darüber sind sich die NASA und andere Forscher einig. Eine humorvolle und versöhnende Persönlichkeit mit einem offenen Ohr für Persönliches und Probleme im Team kann zum Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Umsetzung einer Aufgabe werden. Sie kann Spannungen lösen und damit den Weg dafür frei machen, dass sich die Aufmerksamkeit wieder auf das gemeinsame Ziel konzentriert. Gemeinsames Lachen oder gemeinschaftliche Unternehmungen neben der eigentlichen Arbeit fördern zudem den Team-Zusammenhalt.

Motivations-Tipp:

Das von Kollegen und Teamleitung entgegengebrachte Vertrauen sowie deren positives Feedback sind eine wichtige Bestätigung für den »Clown«. Teamleitung und Personalverantwortliche sollten ihm die Möglichkeit geben, seine extrovertierte Seite auszuleben, auch wenn dies nicht sofort zielführend erscheint.

 

Der »Spezialist«

In den meisten Teams gibt es mindestens einen oder mehrere Spezialisten. Sie haben bestimmte fachliche oder technische Skills, die für die Aufgabenstellung und Zielsetzung notwendig sind. Eine Herausforderung ist es, dass sie häufig einen Tunnelblick in Bezug auf ihre Expertise haben und manchmal das Gesamtziel der Gruppe aus den Augen verlieren oder ihre Erkenntnisse Fachfremden nicht verständlich und zielgerichtet kommunizieren können.

Motivations-Tipp:

Spezialisten legen großen Wert auf die Wertschätzung ihrer Fachexpertise. Genauso wichtig ist es aber, die Einbindung in die Gruppe mit Blick auf das Gesamtziel zu unterstützen. Neben der Chance, sich fachlich weiterzuentwickeln, können auch Kommunikationstrainings den Spezialisten fördern.

 

Der »Gipfelstürmer«

Dieses Mitarbeiterprofil wünscht sich jeder Personalverantwortliche. Wenn Leistung gefragt ist, krempelt er die Ärmel hoch und bringt Höchstleistungen. Er liebt Herausforderungen, Verantwortung und Eigenständigkeit. Er ist geistig agil und reagiert schnell auf sich wandelnde Anforderungen. Diese Person kann auch Team-Chef sein. In vielen Konstellationen überlässt er die Gesamtführung lieber jemand anderem und konzentriert sich auf die erfolgreiche Umsetzung und konkrete Ergebnisse.

Motivations-Tipp:

Eine regelmäßige Belohnung der Erfolge und seines besonderen Einsatzes helfen dabei, diesen Mitarbeiter zu halten. Er blüht auf, wenn man ihm kontinuierliche Abwechslung durch neue Projekte und Herausforderungen sowie Karriereperspektiven und Entwicklungschancen bietet.

 

Der »Erfahrene«

Durch seinen reichhaltigen Erfahrungsschatz kann er in vielen Situationen zur Problemlösung beitragen. Er ist häufig ein Ruhepol und Stabilisator im Team und kann ebenfalls die Position der Vertrauensperson einnehmen. Da seine Karriere bereits fortgeschritten ist, teilt er sein Wissen bereitwilliger als andere.

Motivations-Tipp:

Die Wertschätzung seiner Erfahrung und Verlässlichkeit ist ein wichtiges Feedback für diesen Charaktertyp. Entwicklungsmöglichkeiten, etwa eine Funktion als Mentor für neue Mitarbeiter oder eine Schlüsselrolle im Austausch mit anderen Abteilungen, können eine weitere Motivation darstellen.

 

Der »Impulsgeber«

Ein Neuzugang im Team führt immer zu etwas Unruhe und kann die Gruppendynamik verändern – egal, ob es sich um einen neuen Kollegen handelt oder einen Quereinsteiger aus einem anderen Fachbereich des Unternehmens. Er kann aber auch wertvolles Know-how und einen frischen Blickwinkel einbringen, was zu inspirierenden Impulsen für die Gruppe sorgen kann.

Motivations-Tipp:

Ein guter Einarbeitungsplan, gegebenenfalls in Kombination mit einem Mentor, erleichtert den Einstieg. Eine klare Aufgabenstellung im Team und die Vermittlung der übergeordneten Ziele sind ebenso wichtig. Regelmäßiges Feedback, insbesondere im Hinblick auf Leistungs- und Karriereziele, sind ein wichtiger Motivationsfaktor.

 

 

Viele dieser Rollen innerhalb der Gruppe werden von den Mitgliedern selbst zugewiesen. Ein wichtiges Erfolgskriterium ist es, dass diese inoffizielle Rollenverteilung zur offiziellen Funktion der Teammitglieder passt. Die Team-Leitung sollte also auch inoffiziell von der Gruppe als Anführer anerkannt werden, ansonsten sind Spannungen vorprogrammiert.

»Für Personalverantwortliche ist es daher wichtig einschätzen zu können, ob sich das Persönlichkeitsprofil eines Mitarbeiters für seine Team-Funktion eignet«, erklärt Doris Niederwieser. »Genauso wichtig ist die Berücksichtigung des Profils in Bezug auf die Mitarbeiterentwicklung, gezielte Förderung, Motivation und Feedback. Moderne Talent Management Systeme unterstützen den fortlaufenden Dialog und regelmäßiges Feedback, das Entwickeln und Verfolgen von Karrierezielen und den Zugriff auf Lernangebote für den Ausbau der Kompetenzen jedes Mitarbeiters.«

Weitere Informationen zum Thema Talent Management und Mitarbeiterentwicklung finden Sie auch unter: www.sumtotalsystems.de/

 

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[1] https://www.mccormick.northwestern.edu/news/articles/2019/02/northwestern-study-of-analog-crews-in-isolation-reveals-weak-spots-for-mission-to-mars.html
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Adolf_Lindstr %C3 %B8m