Operational Technology und Informationstechnologie Hand in Hand:
IoT – und die schöne neue Welt der digitalen Produktion

Die Auflösung der Grenzen zwischen OT und IT schafft neue Herausforderungen, besonders in der Abwehr von Bedrohungen. Auf der anderen Seite stehen Vorteile, wie eine höhere Effizienz und Flexibilität in der Produktion. Geeignete Plattformen und versierte Partner treiben Digitalisierungsprojekte voran um das volle Potenzial des Internet-of-Things in der Produktion auszuschöpfen.

In den letzten Jahren unterlag die Steuerung und Kon­trolle von industriellem Equipment (Operational Technology) weitreichenden Veränderungen. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung hat auch hier das Thema Internet of Things (IoT) unweigerlich Einzug gehalten und ist heute nicht mehr wegzudenken. Die ehemals separierten Systeme und Komponenten aus dem Produktionsbereich sind in der Regel untereinander vernetzt und können durch die Verknüpfung mit der IT-Welt völlig neuen Anforderungen gerecht werden, sei es die Nutzung von Cloud, Big Data oder künstlicher Intelligenz (KI). Leuchtet also bereits die digitale Zukunft der Produktionstechnologie in hellen Farben vor uns oder ist dies ein Trugschluss?

OT und IT – zwei gleiche ungleiche Brüder! Traditionell bestanden die Hardware- und Softwarekomponenten der OT, die zur Steuerung, Überwachung und Kontrolle von Maschinen, Anlagen und Prozessen benötigt werden, aus einer Vielzahl unterschiedlicher Systeme, die teilweise sehr proprietäre Protokolle und Methoden der Datenverwaltung, -über­tragung und -verarbeitung genutzt haben. So zumindest ­erscheint es aus der IT-Perspektive, wenn man OT-Systeme betrachtet.

Wie wir alle wissen, entwickelten sich OT-Systeme und IT-Systeme in der Vergangenheit getrennt voneinander, mit dem Resultat, dass sich zwei technisch unterschiedliche Ökosysteme manifestiert haben. Zwangsläufig wurden diese in den Unternehmen in der Regel auch von verschiedenen Abteilungen und Mindsets geprägt. Während in der IT gemeinhin das Motto galt »Dynamik ist, was zählt«, hieß es in der OT »Stabilität, was sonst?«.

Diese Differenzen in den technischen Ausrichtungen und mentalen Denkmustern bestehen teilweise auch heute noch. Allerdings weichen diese Unterschiede immer mehr durch die Digitalisierung und durch das Internet of Things auf – die Perimeter zwischen IT und OT werden gründlich und umfassend eingerissen.

Schöne neue digitale Welt oder die Büchse der Pandora? Wenn IoT-Projekte in Produktionsumgebungen und in der OT umgesetzt werden, adressiert dies oftmals folgende Ziele:

  • Reduzierung der Ausfallzeiten und Wartungskosten über Predictive Maintenance.
  • Erhöhung der Effizienz und Agilität, um bei Lieferungen von Gütern und beim Absatz von Produkten zeitnah zu reagieren.
  • Erhöhung der Kundenbindung durch detaillierte Einblicke in den Produktionsstatus, um beispielsweise Planungs- und Logistikketten optimal aufeinander abzustimmen.
  • Verbesserung von Nachhaltigkeitsfaktoren der Produktion, um dem Klimaschutz und den daraus abgeleiteten Compliance-Vorgaben der Unternehmen Rechnung zu tragen.

Durch IoT wird die OT mit Mechanismen der IT ergänzt – und das in einem Entwicklungstempo, das auch in der IT seinesgleichen sucht. Die Entwicklungen, die sich in der IT über Jahrzehnte vollzogen haben – denken wir nur an die Anfänge von Wireless-LAN bis zum heutigen WiFi6 – werden nun in der OT mit technologischen Siebenmeilenstiefeln nach- und aufgeholt. Die Einführung von IP-basierten Übertragungsprotokollen, die Implementierung von Ethernet als physische Übertragungsstrecke, die Nutzung von WiFi6(e) und zu guter Letzt der Einsatz von 5G-Infrastrukturen lösen die Grenzen zwischen OT und IT vollkommen auf. Aber auch auf der Client-Seite der OT haben sich Sensoren und Aktoren längst zu IP-Endpunkten entwickelt. Folglich könnte man sagen, alles gut auf dem Weg in die schöne neue digitale ­Produktion.

Wie könnte es jedoch anders sein, als dass ein »Aber« dazu kommt, denn auch die IT bringt nicht nur erprobte Konzepte, dynamische Technologien und Horizont-öffnende Möglichkeiten mit sich, sondern auch die bekannten Schattenseiten. Offene Infrastrukturen, die für Cyberattacken anfällig sind, sowie die Notwendigkeit sich mit Themen wie Softwaresicherheit und permanentem Patchen der Releases auseinanderzusetzen, sind in einer offenen IT-Welt nur einige der Erfordernisse, denen sich nun auch die OT stellen muss. Vorbei sind die Zeiten, in denen ungepatchte Systeme aus den 90er-Jahren einfach weiter betrieben werden konnten, da diese abgeschottet und inselgleich betrieben wurden. Zwangsläufig stehen die Verantwortlichen dieser Systeme heute – aus ihrer Sicht – vor der Wahl zwischen Pest (Öffnung der Systeme und damit dem Exponieren derselben für schädliche Angriffe) und Cholera (technologisches Siechtum durch Abschottung).

Wenn OT-Systeme neu ausgerichtet werden müssen, beispielsweise im Rahmen von IoT-Projekten oder bei der Einführung neuer, auf die aktuellen Erfordernisse angepasster Sicherheitskonzepte, erscheint dies OT-Verantwortlichen oftmals auf den ersten Blick als äußerst herausfordernd. Darüber hinaus erfordern die Interaktionen mit IT-Infrastrukturen im OT-Umfeld besondere Maßnahmen. Die unterschiedlichen Kommunikationsverfahren, -protokolle und -abhängigkeiten innerhalb der OT-Infrastrukturen und deren gewachsene Historie sind vielfach nicht darauf vorbereitet, einfach in neue IT-Dienste eingebunden zu werden. Darüber hinaus fehlt bei vielen aktiven und passiven Infrastrukturen zudem eine Bewertung, ob diese für die neuen Anforderungen geeignet sind. Auch in Bezug auf die Umsetzung von Compliance-Vorgaben ist ein detaillierter Überblick über alle integrierten Systeme und deren Kommunikationsbeziehungen zwingend erforderlich. Besonders in Hinblick auf die permanente Zunahme von Cyberattacken.

OT und IT – Hand in Hand.  Die Zusammenführung von OT und IT wird auch zukünftig äußerst spannend sein – gerade, wenn es um die Themen Cloud, Big Data und KI geht. Bei der Umsetzung dieser Projekte wird es immer wichtiger, Experten heranzuziehen, die sowohl die OT-Welt als auch die IT-Welt verstehen. IT-Systemhäuser sind hier die idealen Partner. Controlware, IT-Dienstleister und Managed Service Provider, bietet für die Realisierung von IoT-Projekten eine Private-5G-Test-Infrastruktur an, mit denen Kunden die Verbindung von OT und IT praktisch testen können. Denn 5G-Campus-Netze entwickeln sich derzeit zur idealen Basis für IoT-Infrastrukturen. Auch lassen sich bestehende WiFi-Netze mit neuen mobilen Campus-Netzwerken, die auf 5G-Mobilfunkstandards basieren, verbinden. Damit ist es möglich, IT-Konzepte und -Technologien mit OT-Sensoren beziehungsweise OT-Aktoren auf einer Plattform für die produzierenden Industrien zu implementieren. Eine solche Plattform bietet zahlreiche Vorteile, Digitalisierungsprojekte voranzutreiben und das volle Potenzial des Internet-of-Things in der Produktion auszuschöpfen.

 


Jens Müller,
Senior Business Development Manager
Network Solutions,
Controlware GmbH
www.controlware.de
blog.controlware.de

 

 

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