Seit dem Wochenende verbreitet sich weltweit eine aggressive Schadsoftware unter dem Namen »WannaCrypt«.
Statement von Phil Richards, CISO von Ivanti
Es scheint sich hier um eine Variante von WanaDecryptor zu handeln, einer relativ neuen Form von Ransomware. Diese spezielle Ransomware wird von 30 % der AV-Anbieter mit aktuellen Virendefinitionen korrekt identifiziert und blockiert. Sowohl Kaspersky als auch BitDefender gehen korrekt damit um. Aktuell ist kein allgemeiner Schlüssel für die Dekodierung (Crack-Code) verfügbar. Diese Malware verändert Dateien in den Verzeichnissen /Windows und /windows/system32 und infiziert weitere Benutzer im Netzwerk. Beide Aktionen erfordern Administratorrechte.
Methoden zur Bekämpfung dieser Ransomware:
- Die Ransomware greift über Phishing oder Social-Engineering-E-Mails an. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter, unbekannte oder bösartige E-Mails zu ignorieren.
- Aktualisieren Sie sofort Ihre Microsoft-Patches, insbesondere MS17-010. Das wird die Ausbreitung der Ransomware verlangsamen.
- Statten Sie alle Endpunkte mit effektiver Antivirus-Software aus. Wenn Virendefinitionen auch nur eine Woche veraltet sind, wird die AV-Software diese Ransomware nicht erkennen.
- Beschränken Sie Administratorrechte und erlauben Sie nur die Ausführung von Whitelist-Software. Diese Malware wäre nicht so erfolgreich, wenn sie keinen Zugriff auf Admin-Berechtigungen hätte und wenn sie in der Whitelist mit erlaubter Software nicht aufgelistet ist, könnte sie grundsätzlich nicht laufen.
Hintergründe zu »WannaCrypt«
Malware-Name (alle gemeldeten Varianten, einige schon älter, aber verwandt): WannaCrypt, Wana Decrypt0r 2.0, WanaDecryptor, WannaCry, WanaCrypt0r, WCrypt, WCRY
Vector: Diese Ransomware verwendet mehrere Angriffsvektoren. Anfällig sind alle Windows-Versionen vor Windows 10, die das Sicherheitsupdate MS17-010 im März nicht eingespielt haben. Windows XP und Server 2003 sind besonders anfällig, da bis Freitag kein Patch für diese Schwachstelle auf diesen Betriebssystemen verfügbar war.
- Der primäre Angriffsvektor ist die Verteilung per E-Mail. WannaCrypt verwendet die Methoden Social Engineering oder Phishing, bei denen Benutzer eine Schadsoftware, die in eine E-Mail integriert ist, selbst öffnen und ausführen. Die Malware installiert sich dann selbst und startet sofort die Verschlüsselung von Dateien.
- Als nächstes versucht WannaCrypt, sich innerhalb des Netzwerks oder über das Internet zu verbreiten. Hierzu wird der Exploit-Code für die Sicherheitsanfälligkeit CVE-2017-0145 verwendet, der es einem Angreifer ermöglicht, über speziell gestaltete Pakete beliebigen Code auf einem SMBv1-Server auszuführen, auch bekannt als »Windows SMB Remote Code Execution Vulnerability« (Sicherheitsanfälligkeiten in Windows SMB bezüglich Remotecodeausführung). Diese Sicherheitsanfälligkeit ist nur im SMB v1.0-Protokoll vorhanden. Microsoft hat im März einen Patch veröffentlicht: Microsoft-Sicherheitsbulletin MS17-010. Weitere Informationen zu diesem Update finden Sie im Microsoft Knowledge Base-Artikel 4013389.
- Alle Windows-Versionen von Windows XP bis Server 2016 sind betroffen. Diese Systeme haben standardmäßig SMBv1 aktiviert. Windows 10 ist nicht betroffen. Am 13. Mai veröffentlichte Microsoft einen Notfall-Sicherheits-Patch für nicht unterstützte Windows-Versionen, einschließlich Windows XP, Vista, Windows 8 sowie Server 2003 und 2008.
Lösegeld: Zwischen 300 und 600 US-Dollar. Es gibt einen rm-Code im Wurm, um Dateien zu löschen. Außerdem gibt es einen integrierten Neustart-Mechanismus, der den Wurm wohl zurücksetzt, wenn er abstürzt.
Wer war betroffen?
Anfänglich erfolgte der Angriff isoliert in Großbritannien – genauer gesagt, im staatlichen Gesundheitssystem National Health Service (NHS) –, verbreitete sich jedoch innerhalb weniger Stunden weltweit. Bis jetzt sind bis zu 200.000 Organisationen in 150 Ländern betroffen, einschließlich Russland, Spanien, Deutschland und USA. Auch bekannte Unternehmen wie FedEx, Renault, Nissan, Deutsche Bahn und Telefonica haben den Angriff gemeldet.
Backdooring und andere Auswirkungen: Zusätzlich zum Lösegeld verbreitet sich der Wurm durch jede RDP-Session auf einem System, indem er die Ransomware als Benutzer ausführt. Er scheint auch die Hintertür DOUBLEPULSAR zu installieren, die in Zukunft die Remotecodeausführung ermöglichen könnte. Darüber hinaus korrumpiert die Malware Schattenvolumen und erschwert damit das Recovery. (Anmerkung: Diese Korruption einer Schatten-Kopie sorgt auch dafür, dass die nächste AV-Generation Probleme hat, die Auswirkungen rückgängig zu machen, wenn dies nicht vor der Ausführung entdeckt wird.)
Kill-Switch: Ein Malware-Experte hat zufällig einen »Kill-Switch« auf WannaCrypt entdeckt, der mit der festen Domain iuqerfsodp9ifjaposdfjhgosurijfaewrwergwea.com verbunden ist. Wenn diese Domain erfolgreich eine HTTP-Antwort zurückgibt, stoppt der Kill-Switch die weitere Ausbreitung der Malware. Es sei darauf hingewiesen, dass der Kill-Switch nicht ausgelöst wird, wenn die Maschine nicht auf diese Domain zugreifen kann (Air-Gap, Firewall oder Filter). Sie versucht nur einmal dorthin zu gelangen.
Der Kill-Switch hat die Ausbreitung dieser Ransomware verlangsamt und verschafft Organisationen etwas Zeit für ein Patch. Allerdings wird es wahrscheinlich nicht mehr als ein paar Tage dauern, bis eine neue Bedrohung auftaucht. Allein am Sonntag wurden drei neue Varianten identifiziert. Ein Patch ist dringend zu empfehlen!
Sicherheitsbulletin: https://technet.microsoft.com/en-us/library/security/ms17-010.aspx
Weitere Informationen: Ivanti-Community: https://community.ivanti.com/docs/DOC-47846
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