Testament per Videobotschaft – besser nicht

Auch wenn der lateinische Ausdruck »memento mori« (sei dir der Sterblichkeit bewusst) vielen bekannt ist, mag man sich nicht so wirklich mit dem Thema Tod auseinandersetzen. Allerdings fragt das Schicksal vorher nicht und plötzlich steht man vor einem Erbfall. Die zertifizierte Testamentsvollstreckerin Dipl.-Finw. Bettina M. Rau-Franz, Steuerberaterin und Partnerin in der Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Roland Franz & Partner, weist darauf hin, dass sich die Erbauseinandersetzung nach der gesetzlichen Erbfolge gem. §§ 1922 ff. BGB richtet, wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung in Form eines Testamentes oder Erbvertrages hinterlassen hat. Soweit ein Testament vorliegt, verdrängt es die gesetzliche Erbfolge und muss vorrangig beachtet werden.

 

Dipl.-Finw. Bettina M. Rau-Franz

»Nicht selten gibt es Erblasser, die auf die Idee kommen, nicht nur ein Testament zu errichten, sondern zugleich eine Videobotschaft für ihre Erben zu hinterlassen, in der sie nicht nur die Erbeinsetzung selbst, sondern weitere Gründe und persönliche Erwartungen näher erläutern. Dieses Vorgehen mag zwar gut gemeint sein, schließlich hat man versucht jedwede Zweifel auszuräumen. Allerdings kann man auf diese Weise für ein heilloses Chaos sorgen«, warnt Bettina M. Rau-Franz.

 

Die Besonderheit im Erbrecht besteht darin, dass Testamente, insbesondere wegen des sogenannten Motivirrtums, dem der Erblasser bei seiner Errichtung unterlegen war, angefochten und beseitigt werden können. Dies ist im normalen rechtsgeschäftlichen Verkehr in der Regel nicht möglich.

 

So heißt es in § 2078 Abs. 2 BGB, dass eine Anfechtung möglich ist, wenn der Erblasser zu einer letztwilligen Verfügung »durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands« bestimmt worden ist. Solche Motivirrtümer können vielseitig sein, deshalb ist eine abschließende Aufzählung vorliegend unmöglich.

 

Motivirrtümer könnten beispielsweise sein:

  • die Erwartungen des Erblassers, durch die Erbeinsetzung für Frieden in der Familie zu sorgen;
  • Irrtum über das Verhalten der Erben, wie Eintritt in eine Sekte oder kriminelle Vergangenheit;
  • Irrtum darüber, dass der Alleinerbe der leibliche Sohn des Erblassers sei;
  • Irrtum darüber, dass die zum Alleinerben eingesetzte Person mittellos sei, wobei sie in Wahrheit über beachtliches Vermögen verfügt.

 

»Ein derart ›gut gemeintes‹ Video kann im Anschluss viel Angriffsfläche dafür bieten, das vorliegende Testament ernsthaft in Zweifel zu ziehen und ggf. anzufechten. Ergibt sich nämlich eine Diskrepanz zwischen dem Testament und der Videobotschaft, öffnet sich das Tor zur Anfechtung«, erklärt Testamentsvollstreckerin Rau-Franz.

 

Beispiel:

In seinem eigenhändigen Testament vermacht der Erblasser einem seiner drei Söhne einen Oldtimer. In der Videobotschaft erklärt er, er habe dies getan, weil er davon ausgeht, er werde diesen noch mehrere Jahre fahren. Nach dem Erbfall veräußert der Sohn das Fahrzeug, seine Brüder erklären deshalb die Anfechtung.

 

Eine Videobotschaft, in der Bezug auf eine Verfügung von Todes wegen genommen wird, ist daher mit Vorsicht zu behandeln. Sie kann ein rechtmäßig errichtetes Testament niemals ersetzen. Darin geäußerte Wünsche sind rechtlich unbedeutend, denn sie entsprechen nicht den Formvorschriften eines Testaments.

 

»Im schlimmsten Fall kann eine Videobotschaft für sehr viel Verwirrung sorgen und auf diese Weise Grund zur Anfechtung geben. Eben deshalb sollte der Fokus auf ein klares, deutliches und vor allen Dingen formwirksames Testament gerichtet sein. Etwaige Videobotschaften sollten am besten gar keine Bezugnahme auf die Verfügung von Todes wegen enthalten, sondern ausschließlich zur Erinnerung dienen«, rät Testamentsvollstreckerin Bettina M. Rau-Franz.

 

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