Warum die Einführung neuer Software zu oft scheitert – Der Rollout als eigenständiges Projekt


Die Einführung und erfolgreiche Nutzung neuer Software sind entscheidende Schritte hin zur Effizienzsteigerung und Modernisierung in Finanzinstituten. Ein erfolgreicher Rollout erfordert eine sorgfältige Planung und Durchführung – denn die beste Software nützt nichts, wenn sie im Institut ein Schattendasein fristet und die Anwender sie ignorieren. Um das zu vermeiden, sollten Banken jeden Einführungsprozess als eigenständiges Projekt betrachten, anstatt ihn als letzten Schritt am Ende eines Herstellungsprojekts »abzutun«.

»Dann machen wir noch schnell den Rollout und dann ist das Projekt abgeschlossen« – eine Aussage, die den Aufwand einer Software-Einführung deutlich unterschätzt. Denn der Rollout-Prozess umfasst mehrere Schritte: von der Vorbereitung und Administration über die Pilotierungsphase bis hin zur Implementierung und Nachbereitung. Finanzinstitute nehmen den damit verbundenen Aufwand häufig jedoch nicht ernst genug. 

Ein guter Rollout zeichnet sich dadurch aus, dass er – insbesondere bei Anwendungen mit vielen Nutzern – als separates Projekt betrachtet wird. Dabei sind fünf Aspekte wesentlich:

  • Change Management: Anwender mit an Bord holen
    Die Anwender sind die Schlüsselfiguren im Rollout-Projekt. Mit ihrer Akzeptanz steht und fällt der Erfolg neuer IT-Lösungen. Insofern ist es essenziell, den Themen »User Experience« und insbesondere »Change Management« die nötige Bedeutung beizumessen. Heißt: Die Institute müssen die Nutzer von Anfang an in das Projekt einbinden – nur so können sie sie von der Funktionalität und den Vorteilen der neuen Software begeistern. Zusätzlich ist es wichtig, sowohl Meinungsbildner als auch Bedenkenträger in den Instituten herauszufiltern. Wie stehen sie der Implementierung gegenüber? Gibt es Power User, die man als direkte Ansprechpartner oder Multiplikatoren einbinden kann? Kurz: Nur mit einer zielgruppengerechten und positiven Adressierung kann ein Einführungsprojekt erfolgreich sein. Denn sind die Nutzer am Ende nicht von dem Mehrwert überzeugt, kann das den Erfolg einer Software-Einführung massiv schmälern.
  • Wer, wie, was: Vorbereitung ist alles
    Im nächsten Schritt ist die Vorgehensweise des Rollouts zu bestimmen: Wie dringend ist die Umsetzung? Soll er »auf einen Schlag« bei allen Nutzern erfolgen oder zunächst nur bei ausgewählten Teilgruppen und Multiplikatoren? Betrifft er nur bestimmte Anwendungsfälle oder generelle Abläufe? Um Rückmeldungen schnell umzusetzen, sind Rollout-Gruppen sinnvoll, die zeitversetzt starten.Während des Rollout-Projekts läuft normalerweise ein Parallelbetrieb mit alter und neuer Software. In dieser Phase ist die reibungslose Aufrechterhaltung des Tagesgeschäfts das Ziel – das gelingt nur mit einer guten Vorbereitung. Dabei im Fokus: den Aufwand für die Anwender so gering wie möglich zu halten. Infomaterial in Form von kompakten Checklisten, Erklärvideos und Handouts ist hierbei hilfreich; bei komplexeren Projekten können auch Schulungen sinnvoll sein.
  • Zeit und Prioritäten einräumen
    Obwohl die Institute die neue Software (selbstverständlich) erfolgreich einführen wollen, setzen sie den Rollout auf der Prioritätenliste oft ganz nach unten. Dadurch fehlen ihnen Strategie, ein Kommunikationskonzept und Ressourcen. Schlechtere Ergebnisse in der Nutzung und fehlende Akzeptanz sind die Folge. Um das zu vermeiden, müssen die Institute das Rollout-Projekt von vornherein priorisieren und dafür ausreichend Zeit und Ressourcen einplanen. So ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Rollout je nach Anwendungsfall in einem mittelgroßen Finanzinstitut zwischen sechs und zehn Wochen Zeit in Anspruch nehmen kann.
  • Pilotierung als Praxis-Check nutzen
    Institute sollten die Pilotierungsphase so aufziehen wie den anschließenden Rollout, um die Erkenntnisse der Pilotierung auf diesen überführen zu können. Fehler in der Anwendung sind in dieser Phase normal – hier hilft ein Konzept, das aufzeigt, wie Institute mit diesen umgehen. So können sie die Fehler vor dem eigentlichen Rollout bestenfalls schnell und effizient beheben. Feedback der Anwender ist in diesem Schritt besonders wichtig: Ist die Software in der Praxis nutzbar und passt sie zu unseren Organisationsprozessen? Oder müssen wir vor dem eigentlichen Start noch nachjustieren? Diese Fragen müssen die Institute beantworten und lösen und dafür ausreichend Ressourcen bereitstellen – sonst sind Fehler in der Anwendung und damit unzufriedene Mitarbeiter vorprogrammiert.
  • Nachbereitung nicht vergessen
    Auch nach der Einführung der Software geht die Arbeit weiter: Regelmäßige Feedback-Runden über einen geplanten Zeitraum oder User Groups im Rahmen größerer Projekte sowie die umfassende Betreuung der Anwender sind essenziell, um den nachhaltigen Erfolg des Projekts zu sichern. Auch hierzu sind wichtige Fragen zu klären, wie: Funktioniert die Anwendung im Tagesgeschäft oder gibt es noch Optimierungspotenzial? Nutzen die Anwender die neue Technologie oder »hängen« viele noch bei der alten fest? Wie können wir »Verweigerer« überzeugen, die modernere Lösung zu nutzen? Und wie setzen wir unsere Ablösestrategie um? Waren im Vorfeld Multiplikatoren eingebunden, sollten Institute diese auch weiterhin mit einbeziehen.Aufbauend auf den Feedback-Runden ist es sinnvoll, zentrale Ansprechpartner zu benennen – beispielsweise ausgewählte Customer Journey Manager – an die sich die Anwender zukünftig bei Fragen und Anregungen wenden können. Anhand vorab definierter Kennzahlen sollten die Institute zudem immer wieder überprüfen (lassen), wie erfolgreich der Rollout gelaufen ist.

Fazit: Was wollen wir mit wem in welchen Institutsbereichen warum und bis wann erreichen? Können Finanzinstitute diese W-Fragen beantworten, sind sie schon ein gutes Stück weiter. Die Einführung einer neuen Software ist dabei nur ein Puzzlestück von vielen. Institute müssen den Rollout ganzheitlich angehen – mit einem strategischen Vorgehen gelingt es ihnen, Software erfolgreich und nachhaltig zu implementieren.

 


Alexander Straßberger,
Managing Consultant,
FORT.SCHRITT GmbH

 

 

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