Wie die Krise die Digitalisierung vorangetrieben hat 

Illustration: Absmeier Geralt

Die Ergebnisse einer Umfrage vom April 2020 zeigen, dass zahlreiche Unternehmen die Krise erstmals dazu nutzten, um neue digitale Vertriebskanäle aufzubauen und die digitale Transformation voranzutreiben. Fast 60 % aller KMU in Deutschland hatten ihr Geschäftsangebot teilweise (43 %) oder sogar vollständig (16 %) angepasst, damit es digital bereitstand. Seitdem hat sich viel getan, vor allem in folgenden vier Bereichen:

 

  1. Homeoffice und Mitarbeiterüberwachung 

Mit der Umstellung auf Homeoffice und Remote-Arbeit investierten viele Unternehmen in Online-Konferenz-, Kommunikations- und Sicherheitssoftware, aber auch in Tools zur Mitarbeiterüberwachung [1].

In 6 % der Fälle hat die Krise dazu geführt, dass die Überwachung der Mitarbeiter erstmals eingesetzt wurde [2]. In 17 % der Unternehmen war sie bereits vorher Praxis. 16 % sagen, ihr Unternehmen hat nicht darüber kommuniziert, welche ihrer Daten wozu gesammelt werden. 23 % der überwachten Mitarbeiter wurde dies nur mündlich mitgeteilt. Immerhin empfindet es die Mehrheit der Mitarbeiter nicht mehr oder weniger unangenehm als zuvor. Für fast ein Viertel wurde die Arbeitsumgebung unangenehmer, für 9 % sogar angenehmer.

Die Mitarbeiterüberwachung bringt Vorteile mit sich, wenn Aktivitäten überwacht werden, die zum Wohl der Mitarbeiter führen. So kann beim Arbeitslasten- und Zeitmanagement sichergestellt werden, dass Mitarbeiter Pausenzeiten einhalten und keine Überstunden machen.

Allerdings werden in deutschen KMU jedoch auch Tätigkeiten überwacht, die stark in die Privatsphäre der Angestellten eingreifen, wie z. B. die Überwachung der digitalen Kommunikation, von Computeraktivitäten oder des Arbeitsbereichs. Hier müssen Arbeitgeber einige Dinge aus rechtlicher Sicht beachten, um keine geltenden Gesetze zu verletzen.

 

  1. Digitalisierung im Einzelhandel 

Kontaktloses Bezahlen und der kassenlose Supermarkt sind die wohl bekanntesten Beispiele für die Digitalisierung im Einzelhandel der letzten Jahre. Der kassenlose Supermarkt ist noch recht neu in Deutschland. Nur 5 % der in (vor)städtischen Gebieten lebenden Konsumenten haben bereits in einem kassenlosen Geschäft eingekauft. Fast 80 % sind an den kassenlosen Geschäften interessiert. Besonders hohes Interesse liegt bei technikaffinen Konsumenten mit 96 %.

Wichtige Vorteile sind neben Schnelligkeit und Bequemlichkeit das flexible Einkaufen rund um die Uhr und an Wochenenden, ganz ohne Warteschlangen. Da es bisher nur wenige Läden gibt, die das Konzept umsetzen, können sich Vorreiter so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Allerdings sind hohe Investitionen mit der Einführung der kassenlosen Läden verbunden.

 

  1. Digitalisierung in der Medizin 

Dank telemedizinischer Behandlungen wurde der Zugang zur Gesundheitsversorgung während der Pandemie aufrechterhalten. Eine Capterra Studie aus dem Jahr 2021 zeigt, dass 78 % der deutschen Telemedizin-Nutzer ihren ersten Online-Termin während der Pandemie buchten. Dabei bezog sich die Konsultation für 42 % der Fälle auf Covid-19-Symptome, für 58 % auf etwas anderes.

Wichtige Vorteile sind verkürzte Warte- & Anreisezeiten und zeitnahe Arzttermine. Technologien wie die künstliche Intelligenz (KI) können außerdem große Datenmengen kombinieren, analysieren und beispielsweise zur Krankheitsdiagnose, Personalisierung von Behandlungen oder Roboter-assistierten Chirurgie eingesetzt werden.

Das Thema Datenschutz spielt hier eine besondere Rolle, der Schutz von Patientendaten – insbesondere gegen Hackerangriffe – sollte höchster Priorität unterliegen.

 

  1. Digitalisierung in der Immobilienbranche 

Studienergebnisse zeigen, dass in diesem Bereich mehr Interesse an Technologien besteht, als sie auf dem Markt angeboten werden. Obwohl virtuelle Rundgänge vermehrt zur Immobilienbesichtigung werden angeboten, geben nur 27 % an, in den letzten drei Jahren eine virtuelle Besichtigung bei ihrer Immobiliensuche gemacht zu haben. Darunter fielen diese 3 meist genutzten Bereiche: 55 % virtuelle 360°-/3D-Begehungen, 34 % vom Makler im Voraus aufgezeichnete Videobesichtigungen und 25 % Live-Videobesichtigungen mit dem Makler. 51 % der Befragten machten keinen virtuellen Rundgang, da es nicht angeboten wurde.

Die meist genannten Vorteile waren neben der Zeitersparnis, Pandemie-bedingte Kontaktbeschränkungen und die Möglichkeit Immobilien rund um die Uhr zu besichtigen. Viele Konsumenten sind während der Krise offener für die Nutzung solcher Technologien geworden und suchen praktische Lösungen. Virtual Reality für Immobilienrundgänge ist auch ein wichtiger neuer Trend. Bisher haben jedoch nur 20 % eine Haus- oder Wohnungsbesichtigung per Virtual Reality angeschaut. Dabei zeigen fast 90 % der Teilnehmer Interesse an einer Besichtigung per Virtual Reality.

Virtuelle 360°-/3D-Begehung sind etwas umständlicher umzusetzen als Videobesichtigungen, da spezielle 360°-Kameras verwendet werden. Eine Virtual-Tour-Software hilft Immobilienmaklern einen 360-Grad-Rundgang zu erstellen, sodass potenzielle Mieter oder Käufer dann bequem von Ihrem Endgerät aus durch die Wohnung klicken können und alles besichtigen. Hier ist die Bildqualität entscheidend und die damit verbundenen Kosten sollten im Voraus geprüft werden.
VR-Besichtigungen ermöglichen den 360°-Rundgang mit einer VR-Brille, beispielsweise wenn sich das Objekt noch in der Bauphase befindet. So müssen potenzielle Kunden nicht bis zur Fertigstellung warten und können dank VR Kameraaufnahmen eine noch nicht fertiggestellte Immobilie besichtigen.

»Die Digitalisierung macht unseren Alltag bequemer, bringt Zeitersparnis und verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten. Es entstehen jedoch auch neue Gefahrenpotenziale: Durch Online-Banking, vernetzte Autos, digitale Türschlösser und Telemedizin besteht mehr Angriffsfläche für Cyberattacken. Sich mit den richtigen Schutzmethoden und Tools auszustatten, ist die wichtigste Basis, um den Angriffen vorzubeugen [3]. Unternehmen und Gesellschaft bewegen sich in Sachen Digitalisierung auf jeden Fall in die richtige Richtung: dennoch besteht viel Aufholbedarf«, kommentiert Ines Bahr, Senior Analyst bei Capterra.

 

[1] https://www.capterra.com.de/directory/31087/employee-monitoring/software
[2] https://www.capterra.com.de/blog/2692/mitarbeiteruberwachung-richtig-kommunizieren#23-der-deutschen-unternehmen-setzen-software-fuer-die-mitarbeiterueberwachung-ein
[3] https://www.capterra.com.de/blog/2680/hackerangriff-auf-firmen