Wir erleben eine digitale Transformation

Die Digita­li­sie­rung führt in der deutschen Wirtschaft zu grund­le­genden Verän­de­rungen der Markt­be­din­gungen. In mehr als jedem zweiten (55 Prozent) Unter­nehmen ändert sich als Folge der Digita­li­sie­rung das Geschäfts­mo­dell. 70 Prozent der Unter­nehmen sehen die Digita­li­sie­rung als große Heraus­for­de­rung. Damit rangiert der digitale Wandel gleichauf mit dem Fachkräf­te­mangel und deutlich vor anderen internen und externen Heraus­for­de­rungen wie einem scharfen Wettbe­werb oder schwie­rigen Finan­zie­rungs­be­din­gungen. Das hat eine reprä­sen­ta­tive Umfrage unter 505 Geschäfts­füh­rern und Vorständen von Unter­nehmen ab 20 Mitar­bei­tern im Auftrag des Digital­ver­bands BITKOM ergeben.

»Die Bewäl­ti­gung des digitalen Wandels ist die wichtigste Manage­ment­auf­gabe unserer Zeit«, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf zum Auftakt der CeBIT 2015 in Hannover. »Verän­dert sich das Geschäfts­mo­dell infolge der Digita­li­sie­rung, muss sich das Unter­nehmen anpassen oder verschwindet früher oder später vom Markt.« Insge­samt bewertet eine deutliche Mehrheit den digitalen Wandel positiv. 86 Prozent der befragten Top-Manager sehen in der Digita­li­sie­rung eher Chance als Risiko für ihr Unter­nehmen. 10 Prozent sehen eher eine Gefahr und nur 4 Prozent meinen, die Digita­li­sie­rung habe keinen Einfluss auf ihr Unternehmen.

Schwer­punkt­thema der CeBIT 2015

Die Digita­li­sie­rung der Wirtschaft war unter dem Stich­wort »d!conomy« das Schwer­punkt­thema der CeBIT 2015. »In der ›digital economy‹ erfasst die Digita­li­sie­rung sämtliche Branchen und durch­dringt alle Bereiche eines Unter­neh­mens von der Produkt­ent­wick­lung über den Vertrieb bis zum Kunden­ser­vice«, sagte Kempf. Grund­lage dafür sind Techno­lo­gien wie Cloud Compu­ting oder Big Data, leistungs­fä­hige Endge­räte vom Tablet bis zu den neuen Weara­bles sowie immer schnel­lere Daten­netze im Festnetz und im Mobil­funk. Diese wiederum ermög­li­chen die weitere Vernet­zung von Geräten, Maschinen und Fahrzeugen.

Aufge­schlos­sene Grundhaltung

Nach den Ergeb­nissen der Umfrage stehen fast drei Viertel (73 Prozent) der befragten Geschäfts­führer und Vorstände der Digita­li­sie­rung aufge­schlossen gegen­über. Ein Fünftel ist unent­schieden und 7 Prozent nehmen eine ableh­nende Haltung ein. Kritisch einge­stellt sind vor allem viele Chefs von kleinen Unter­nehmen mit 20 bis 49 Mitar­bei­tern. In dieser Gruppe sind nur gut die Hälfte (56 Prozent) aufge­schlossen, ein Viertel (27 Prozent) unent­schieden und knapp ein Fünftel (18 Prozent) sogar ableh­nend. In den großen Teilbran­chen Indus­trie, Dienst­leis­tungen und Handel gibt es die meisten Skeptiker bei Dienst­leis­tern (19 Prozent). Ihnen erscheint offenbar die Gefahr am größten, dass die Digita­li­sie­rung ihre beste­henden Geschäfts­mo­delle überflüssig macht.

Wettbe­werbs­um­feld ändert sich

Viele Unter­nehmen erkennen laut Umfrage, dass sich das Wettbe­werbs­um­feld im Zuge des digitalen Wandels verän­dert. Knapp die Hälfte (48 Prozent) der Befragten beobachtet, dass Wettbe­werber aus der Inter­net­branche in ihren Markt drängen. Ein Viertel (25 Prozent) gibt an, dass Konkur­renten aus der eigenen Branche, die frühzeitig auf die Digita­li­sie­rung gesetzt haben, nun besser dastehen als sie. Ein Drittel (34 Prozent) der befragten Unter­neh­mens­lenker sagt offen, dass sie Probleme haben, die Digita­li­sie­rung zu bewäl­tigen. Fast ein Fünftel (19 Prozent) ist sogar der Meinung, dass die Digita­li­sie­rung die Existenz ihres Unter­neh­mens gefährdet. »Der digitale Wandel ist ein Prozess der schöp­fe­ri­schen Zerstö­rung«, sagte Kempf. »Das sollte die Verant­wort­li­chen anspornen. Niemand ist der Entwick­lung hilflos ausge­lie­fert, man kann sie gestalten.«

Unter­schied­liche Maßnahmen und eine Digitalstrategie

Die Unter­nehmen reagieren mit unter­schied­li­chen Maßnahmen auf den digitalen Wandel: Vier von fünf (82 Prozent) schulen ihre Mitar­beiter für den Einsatz digitaler Techno­lo­gien. Um mehr Know-how bei digitalen Themen zu gewinnen, schließen 61 Prozent Partner­schaften mit IT- bezie­hungs­weise Inter­net­un­ter­nehmen. 58 Prozent geben an, dass sie viel Geld inves­tieren, um den digitalen Wandel zu bewäl­tigen. Dagegen hat ein Drittel (37 Prozent) der deutschen Unter­nehmen bisher keine Digital­stra­tegie. »Eine Digital­stra­tegie ist die Grund­lage für die Bewäl­ti­gung der Heraus­for­de­rungen«, betonte Kempf. Hier müssten viele Unter­nehmen dringend nachbes­sern. Ein Viertel (24 Prozent) hat zumin­dest in einzelnen Unter­neh­mens­be­rei­chen eine Digital­stra­tegie. Immerhin 39 Prozent der Unter­nehmen haben eine zentrale Strategie für verschie­dene Aspekte der Digitalisierung.

Gesamt­ge­sell­schaft­liche Aufgabe

Aus Sicht des BITKOM ist die Digita­li­sie­rung eine gesamt­ge­sell­schaft­liche Aufgabe. Um die digitale Welt aktiv gestalten zu können, muss Deutsch­land einsei­tige Abhän­gig­keiten vermeiden und wichtige Schlüs­sel­tech­no­lo­gien beherr­schen. »Wir brauchen mehr digitale Souve­rä­nität«, betonte Kempf. BITKOM verortet den Begriff der digitalen Souve­rä­nität zwischen den Gegen­polen der Fremd­be­stim­mung und der Autarkie. Kempf: »Wir wollen weder das eine noch das andere. Digitale Souve­rä­nität heißt, dass wir in zentralen Techno­lo­gie­fel­dern über Kompe­tenzen verfügen. Darüber hinaus müssen wir in der Lage sein, selbst­be­stimmt und fachkundig zwischen den Angeboten leistungs­fä­higer, vertrau­ens­wür­diger Partner zu entscheiden.«

Digitale Souve­rä­nität

Mehr digitale Souve­rä­nität könne nur erreicht werden, wenn alle politi­schen Bereiche stärker auf die Digita­li­sie­rung ausge­richtet werden, betonte Kempf. Dies betrifft als zentrale Themen das Urheber-, Wettbewerbs- und Steuer­recht, den Daten- und Verbrau­cher­schutz sowie die Telekommunikations- und Medien­ord­nung. Veral­tete Gesetze dürfen innova­tive Geschäfts­mo­delle nicht verhin­dern und Start-ups müssen auf dem Weg zum Global Player optimale Bedin­gungen in der Gründungs- und Wachs­tums­phase vorfinden. Darüber hinaus müssen Wirtschaft, Staat und Bürger absolut vertrau­lich und geschützt in digitalen Netzen kommu­ni­zieren können. Kempf: »Die Digita­li­sie­rung muss sich wie ein roter Faden durch alle Politik­felder ziehen.«

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research in Zusammenarbeit mit Aris Umfrageforschung im Auftrag des BITKOM durchgeführt hat. Dabei wurden im Februar 505 Geschäftsführer und Vorstände von Unternehmen ab 20 Mitarbeitern befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft. 

infografik cebit google dconomy transformation