Work-Life-Balance – Always on oder auch mal off?

Work-Life-Balance bleibt ein heikles Thema für Mobile Enterprise. Enterprise-Mobility-Management-Plattformanbieter wie Samsung und Blackberry werben mit der Möglichkeit, BYOD (Bring your own Device) über virtuell getrennte Nutzerprofile für Privatleben und Geschäft zu ermöglichen. Sie werben auch damit, über diese Lösung die Work-Life-Balance aktiv zu unterstützen. In der Realität einer zunehmend von dringenden Projekten geprägten Arbeitswelt muss dazu die Frage gestellt werden, ob gerade leistungsorientierte Mitarbeiter noch den Knopf finden, mit dem das Smartphone oder Tablet ausgeschaltet wird.

Hand auf das Herz, wenn Sie oder Ihre Kollegen nicht arbeiten, schalten Sie das Smartphone wirklich ab? Wie sieht es aus mit Angestellten in Ihrem Team, für die Sie die Verantwortung tragen? Welche Möglichkeiten haben Ihre Mitarbeiter in der gegebenen Zeit für Familie und Erholung, »Work« auch wirklich zu depriorisieren und eine »Life-Balance« herzustellen? Schützen Sie Leistungsträger vor Burn-Outs?

Bei großen Konzernen kann eine stringente Policy durchaus unterstützend wirken. Bei BMW gibt es das bekannte »Recht auf Unerreichbarkeit« und der Betriebsrat von Volkswagen hat bereits 2011 verhandelt, dass der Server für Blackberry-Besitzer mit Tarifvertrag ab 18 Uhr einfach nicht mehr zur Verfügung steht. Doch diese Situation kann so nicht auf den Mittelstand übertragen werden. Besonders Zulieferer von DAX-Konzernen müssen Wert auf Einhaltung von Projektabgabeterminen und Zuverlässigkeit legen. Und das oft auch auf Abruf, ohne Ressourcen lang im Voraus zu planen. Auch im Dienstleistungsbereich, wo der Wettbewerb oft härter und eigene Produkte weniger differenziert sind, wird es problematisch. Doch trotz der oftmals eingeforderten Flexibilität ist es unverantwortlich, die vollständige Erreichbarkeit von Mitarbeitern im Urlaub oder am Wochenende zu fordern. Ist es sinnvoll wenn der Gründer, CEO oder Top-Manager selbst »Always on« vorlebt?

Meine Antwort darauf ist Nein – Ausnahme nur in Situationen von »kriegsentscheidender« Bedeutung. Und das kann bei guter Ressourcenplanung und Urlaubskoordination nur in äußerst seltenen Fällen der Fall sein. Es wird allgemeinhin erwartet, dass Mitarbeiter eigenständig und motiviert arbeiten. Deshalb sollte folgender Kompromiss eine gute Antwort liefern: Einerseits wird eine Team-übergreifende Koordination des Jahresurlaubs von Mitarbeitern durchgeführt. Darüber hinaus werden Mitarbeiter verpflichtet, Vertretungs- und Übergaberegelungen strikt zu befolgen. Im Gegenzug bekommt jeder Mitarbeiter das Recht, sich über abgestimmte Zeitpläne Zeiten zu setzen, in denen die Unerreichbarkeit geregelt ist. Ein Kulturwandel kann nur dann einsetzen, wenn die Geschäftsführung die Möglichkeiten effektiver Planungstools für sich selbst zu nutzen weiß und die Regelung vorlebt.

Ich selbst bin ab Sonntag dem 31.05.2015 für eine Woche im Urlaub. Da ich diesen auf einem Segelboot im Ärmelkanal verbringen werde, habe ich meine Unerreichbarkeit im Team so abgestimmt, dass ich für sieben Tage komplett von ICT und Mobilfunk abgemeldet bin.

foto autor dr. henning dransfeld expertonDr. Henning Dransfeld

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