Behördengang kostet Bürger im Schnitt fast zwei Stunden

■  Jeder Zehnte braucht für den Amtsgang sogar mehr als drei Stunden.

■  Pressekonferenz von Bitkom und Nationalem Normenkontrollrat am 19. September.

 

Der Gang aufs Amt stellt viele Menschen in Deutschland auf eine Geduldsprobe. Für ihren letzten Behördentermin haben sie im Schnitt fast zwei Stunden – exakt 114 Minuten – benötigt, inkl. Anfahrt. Das zeigt eine repräsentative Bevölkerungsbefragung von 1.006 Bundesbürgern, darunter 950 Befragte, die eine Behörde besucht haben [1]. Ein Drittel der Befragten (34 Prozent), die eine Behörde besucht haben, gaben an, beim letzten Mal bis zu einer Stunde dafür gebraucht zu haben. Jeder Zweite (49 Prozent) benötigte hingegen zwischen zwei und drei Stunden und jeder Zehnte (11 Prozent) drei Stunden und mehr.

»Deutsche Behörden arbeiten nicht sehr bürgerfreundlich. Viele Menschen müssen sich extra Urlaub nehmen, um Behördengänge zu erledigen. Für diese Bürger heißt es dann Amt statt Strand«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Ziel muss sein, den Amtsgang möglichst ganz abzuschaffen. Vorbild für Deutschland könnte in dieser Hinsicht Dänemark sein. Dort gibt es längst digitale Bürgerämter, sodass man das meiste einfach online von zu Hause aus erledigen kann. Die Digitalisierung der Verwaltung ist neben dem Aufbau von Gigabitnetzen die Grundlage für ein digitales Deutschland.«

Weitere Ergebnisse aus der Umfrage stellt der Bitkom gemeinsam mit dem Nationalen Normenkontrollrat auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 19. September im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin vor.

Neue Veranstaltung will Digitalisierung der Verwaltung beschleunigen

Um die Digitalisierung der Verwaltung und öffentlicher Dienstleistungen zu beschleunigen, wird derzeit eine neue Veranstaltung aufgebaut, die Smart Country Convention. Sie wird vom Digitalverband Bitkom in Zusammenarbeit mit der Messe Berlin durchgeführt. Das dreitägige Event findet erstmals vom 20. bis 22. November 2018 im CityCube Berlin statt und bringt alle relevanten Vertreter von Verwaltungen, Politik, Digitalwirtschaft, Verbänden und Wissenschaft zusammen. Die Smart Country Convention ist eine Kombination aus Kongress, Workshops, Weiterbildungsveranstaltungen und Ausstellung. Dabei geht es sowohl um die digitale Verwaltung als auch um die Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen in den Bereichen Energie, Mobilität, Sicherheit, Abfall, Wasser, Bildung, Gesundheit und Wohnen. Sie richtet sich ebenso an den Bund wie an Vertreter von Ländern und Gemeinden. Bis zum 31. August sind Tickets kostenlos, Anmeldungen hier. Alle Informationen zur Smart Country Convention gibt es auf https://www.smartcountry.berlin.

 

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.006 Bundesbürger ab 14 Jahren online befragt. Die Fragestellung lautete »Denken Sie an Ihren letzten Behördengang wie Ummeldung, KFZ-Anmeldung oder eine Ausweisbeantragung. Wieviel Zeit haben Sie für diesen Behördengang aufgewendet? Bitte berücksichtigen Sie dabei An- und Abreise, Wartezeit und die Dauer der Vor-Ort-Bearbeitung.« Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.

 

Bürger sind insgesamt zufrieden mit deutschen Behörden

 

Bürger und Unternehmen mit Behörden insgesamt zufrieden – Nachholbedarf bei E-Government.

 

Die Bürgerinnen und Bürger sind mit der öffentlichen Verwaltung überwiegend zufrieden. Das ergab eine Befragung des Statistischen Bundesamtes zur Zufriedenheit mit behördlichen Dienstleistungen von 2017. Auf einer Skala von – 2 (sehr unzufrieden) bis + 2 (sehr zufrieden) lag der Gesamtindikator bei 1,07. Die Bewertung der Behörden und Ämter hat sich somit im Vergleich zu 2015 kaum verändert. Damals hatte die durchschnittliche Zufriedenheit bei 1,06 gelegen. Auch die Unternehmen sind weiterhin zufrieden mit der öffentlichen Verwaltung. Der Gesamtindikator lag 2017 bei 0,93 und ist ebenfalls stabil (2015: 0,94). Sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Unternehmen sehen jedoch bei den Online-Angeboten der Behörden (E-Government) Nachholbedarf.

Insgesamt wurden bei den Bürgerinnen und Bürgern 22 verschiedene Lebenslagen untersucht, in denen Kontakte mit Behörden notwendig sind, so zum Beispiel bei Berufsstart oder Familiengründung. Die Bewertung der jeweiligen öffentlichen Dienstleistungen fiel dabei unterschiedlich aus. Die notwendigen Behördengänge bei der Geburt eines Kindes wurden mit 1,38 am besten bewertet. In der Lebenslage Altersarmut schnitt die Verwaltung hingegen mit einem Wert von 0,76 unterdurchschnittlich ab.

Zufriedenheit mit behördlichen Dienstleistungen in ausgewählten Lebenslagen

 

 

Von den zehn untersuchten Lebenslagen der Unternehmen erreichten 2017 die Verwaltungsleistungen im Zusammenhang mit der Ausbildung (1,16) die besten Werte. Mit den Behördenerfahrungen beim Bau einer Betriebsstätte (0,60) und bei der Teilnahme an Ausschreibungsverfahren (0,77) waren die Unternehmen dagegen am wenigsten zufrieden.

Über alle untersuchten Lebenslagen zeigt sich, dass sowohl Bürgerinnen und Bürgern als auch Unternehmen die Unbestechlichkeit (1,83 beziehungsweise 1,86) und Neutralität (1,64 beziehungsweise 1,74) der Behörden schätzten. Allerdings waren beide Gruppen unzufrieden mit den bereitgestellten Informationen und unverständlichen Formularen. Sie kritisierten auch, dass das ihnen zugrunde liegende Recht nicht intuitiv nachvollziehbar ist. In diesem Bereich gibt es sichtlich Bedarf für Verbesserungen.

Die Bürgerinnen und Bürger sehen auch den Austausch mit den Ämtern mittels digitaler Informationstechnologie – E-Government – kritisch. Der Indikator war auch im Jahr 2017 mit 0,68 weit unterdurchschnittlich.

Allerdings erachtet nur ein knappes Drittel die Möglichkeit von E-Government als wichtig. Das geringe Angebot von Anwendungen oder Bedenken gegen diese könnten Gründe für die Bewertung sein, denn nur jede dritte Person kommuniziert überhaupt online mit Behörden. Das beliebteste Kommunikationsmittel ist nach wie vor das persönliche Gespräch vor Ort mit 66 %. Die Lebenslagen Studium, Pflege und Behinderung weisen mit rund 70 % einen besonders hohen Anteil an postalischer Kommunikation auf. Hinter diesen Fällen könnte sich Potenzial für E-Government verbergen, wenn es gelänge, die Verfahren nutzerfreundlich zu gestalten.

Auch die Unternehmen bewerteten 2017 das Angebot von E-Government-Dienstleistungen mit einem unterdurchschnittlichen Wert von 0,76. Allerdings nutzen sie diese im Kontakt mit Behörden weit häufiger als Bürgerinnen und Bürger. Mit 68 % zählen E-Mail und Internetangebote zu den zweitbeliebtesten Kommunikationswegen. Knapp davor liegt noch der telefonische Austausch mit 69 %. Bei einer Teilnahme an Ausschreibungsverfahren liegt der Wert für die Kommunikation mittels Internet-Angeboten sogar bei 86 %. Dies liegt vermutlich an der Reform des Vergaberechts von 2016, die den elektronischen Prozess mittels E-Vergabe gestärkt hat.

 

Zufriedenheit mit Faktoren behördlicher Dienstleistungen 2017
(Zufriedenheitsskala von –2 bis +2)
  Bürgerinnen und Bürger Unternehmen
Informationen zu Verfahrensschritten 0,81 0,65
Verständlichkeit der Formulare und Anträge 0,69 0,51
Zugang zu notwendigen Formularen und Anträgen 1,02 0,91
Möglichkeit von E-Government 0,68 0,76
Zugang zur richtigen Stelle 1,09 0,93
Räumliche Erreichbarkeit 1,30 1,16
Öffnungszeiten 0,73 0,62
Wartezeit 0,87 0,71
Informationen über den weiteren Ablauf 0,93 0,83
Hilfsbereitschaft 1,13 0,98
Fachkompetenz 1,13 0,90
Gesamte Verfahrensdauer 0,86 0,66
Vertrauen in Behörde 1,01 0,76
Diskriminierungsfreiheit 1,64 1,74
Unbestechlichkeit 1,83 1,86
Verständlichkeit des Rechts 0,27 0,24

 

https://de.statista.com/infografik/13570/zufriedenheit-mit-deutschen-behoerden/

 


 

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