Digitalisierung aus Sicht der DSAG – Sinnvolle Datennutzung vorantreiben

Der letzte Digitalgipfel der Bundesregierung stand unter dem Zeichen »Daten – Gemeinsam digitale Werte schöpfen«. Dabei lenkte er unter anderem den Blick auf Dateninfrastrukturen, Datenplattformen, Datenräume sowie Datenverfügbarkeit und Datennutzung. Das sind wichtige Themen, um die digitale Transformation von Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft aktiv und nachhaltig zu gestalten, da sie essenziell für einen starken europäischen Daten-Binnenmarkt sind.

Anlässlich des Digitalgipfels 2022 der Bundesregierung am 08./09.12.2022 kommentieren Sebastian Westphal, Fachvorstand Technologie, Karin Gräslund, Fachvorständin Financials & Sustainability und Hermann-Josef Haag, Fachvorstand Personalwesen & Public Sector, der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG), den Status quo der digitalen Transformation in Deutschland.

 

Thema:
Dateninfrastrukturen
erweitern
Sebastian Westphal,
Fachvorstand Technologie

 

 

»Zum Digitalgipfel formuliert es die Bundesregierung so: ›Um die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft aktiv und nachhaltig zu gestalten, ist ein starker europäischer Daten-Binnenmarkt notwendig. Dafür gilt es, den Aufbau von Dateninfrastrukturen wie Datenplattformen und Datenräumen in einzelnen Sektoren voranzutreiben sowie die Datenverfügbarkeit und -nutzung auch sektorübergreifend zu erhöhen.‹ Diese Meinung können wir als DSAG nur teilen. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die politischen Entscheider nicht versuchen, die sich ständig wandelnden Bedarfe in puncto Datenarchitekturen mit monolithischen Plattformen und damit Lösungen der Vergangenheit zu erfüllen. Hyperscaler und Software-as-a-Service-Anbieter haben hier bereits einen großen Vorsprung. Man kommt auch nicht umhin festzustellen, dass die Regierungsparteien in Bezug auf die Gestaltung erster Plattformen bislang ein sehr unglückliches Bild abgegeben haben. Das gilt etwa für die Gematik, also den elektronischen Datentransfer im Gesundheitswesen, wie auch für Elster im Rahmen der Datenerhebung bei der Grundsteuerreform.

Bevor aber ein einflussreicher europäischer Daten-Binnenmarkt geschaffen werden kann, müssen die staatlichen Gremien endlich eine europaweite, lückenlose Infrastruktur realisieren. Die Bundesrepublik gehört laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) international seit Jahrzehnten zu den Schlusslichtern beim schnellen Internet – dieses ist jedoch zwingende Grundvoraussetzung, um Wirtschaft und Gesellschaft weiter kurzfristig und tiefgreifend digital zu transformieren.

Als DSAG halten wir es parallel für erforderlich, sich im Sektor Öffentliche Verwaltung darauf zu konzentrieren, dass grundlegende Dienstleistungen angeboten werden, um die Verwaltung zügig zu digitalisieren. Die elektronische Akte und die elektronische Beschaffung können hier beispielhaft genannt werden. Es müssen mehr Standards, Schnittstellen und Formate für alle Behörden auf allen Ebenen geschaffen – und eine Strategie für die deutsche Verwaltungscloud schnell realisiert werden. Parallel dazu müssen die Systeme der Öffentlichen Verwaltung zielstrebig digitalisiert und vereinheitlicht werden – ungeachtet der herrschenden föderalen Strukturen.

Dem gegenüber ist es nicht unbedingt notwendig, zentrale Datenplattformen und -räume für die Unternehmen zu entwickeln, da es regulatorische Vorgaben erschweren, die Anforderungen der einzelnen Industrien ohne großen Aufwand in Einklang zu bringen. Eher sind Angebote für hybride Systemarchitekturen gefragt. Jeder Hersteller passt zudem Strategie, Standards und Roadmaps an seine eigenen Bedürfnisse an, so dass noch kein Konsens darüber besteht, wie Referenzarchitekturen und Integrationsszenarien angelegt sein sollten. Wie die aktuellen, heterogenen Systemlandschaften und die umfassende Bandbreite an Softwareherstellern bereits angemessen widergespiegelt werden können, zeigen erste bekannte und zweckmäßige Plattformen wie die Industry-Councils unter GAIA-X.«

 

Thema:
Daten als Innovationstreiber
Karin Gräslund,
DSAG-Fachvorständin
Financials & Sustainability

 

 

»Die Bundesregierung beschreibt es sehr treffend: ›Daten bestimmen Produktionsprozesse und Lieferketten genauso wie unseren Konsum und unsere Lebensweise. Die Nutzung der wachsenden Datenmengen ist ein Schlüssel zu Innovation und nachhaltigem Wachstum‹. Bezogen auf den Finance-Bereich wird seit Jahren Robotic Process Automation (RPA) eingesetzt, was ausgewählte Prozesse mittels Algorithmen automatisiert und standardisiert front-to-end ablaufen lässt, die Datenqualität optimiert und die Daten schneller bereitstellt. Durch Machine Learning (ML) kann zudem der Automatisierungsgrad von beispielsweise Buchungen erhöht werden und mit Analyse-Tools können Mitarbeitende entlastet werden. Für komplexere Aufgaben eignen sich selbstlernende Systeme, so könnten neuronale Netze Kreditanfragen beurteilen und abwickeln. Technologisch ist hier Vieles bereits möglich.

Aber Entscheider sind gerade immer noch damit beschäftigt, Grundlagen zu schaffen: Wo sollen Künstliche-Intelligenz-Projekte etabliert werden? Wer finanziert? Wer führt – die IT oder der Fachbereich? Und welche Mitarbeitenden haben überhaupt das fachliche Know-how? Die Schere zwischen Erwartung und Umsetzung klafft immer noch zu weit auseinander. Der Transfer in das operative Geschäft ist die große Aufgabe für Unternehmen.«

 

Thema:
Umgang mit Daten erleichtern
Hermann-Josef Haag,
DSAG-Fachvorstand
Personalwesen & Public Sector

 

 

»Die Bundesregierung möchte den innovativen und verantwortungsvollen Umgang mit Daten verbessern – in Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Verwaltung. Insgesamt soll Deutschland zum Vorreiter für das Teilen von Daten werden. Als DSAG befürworten wir, dass es Maßnahmen geben soll, Daten schneller bereitzustellen, den Zugang zu ihnen zu erhöhen und ihre Nutzung zu fördern. Das passt auch zur Zielsetzung des Onlinezugangsgesetztes (OZG), das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, bis Ende dieses Jahres ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten. Insgesamt muss die Verwaltung ihre Angebote schneller und flexibler anbieten und dafür braucht es auch standardisierte Cloud-Technologien.

Bei diesem Thema kommt es jedoch stark darauf an, welche Daten verarbeitet werden und wie der Schutzbedarf ausfällt. Es gibt sensible Aufgaben im Staat, für die es eine souveräne Cloud braucht, die den aktuellen Rechtslagen entspricht. Fakt ist jedoch, dass es noch kein deutsches Rechenzentrum gibt, das bundesweit souveräne Cloud-Dienste für Bund, Land und Kommune anbietet.

Allerdings existieren schon Leistungen, die die Öffentliche Verwaltung sehr schnell und flexibel mit den umfangreichen Möglichkeiten umsetzen können, die Hyperscaler oder SAP mit der Business Technology Platform (BTP) bieten. Gute Beispiele dafür sind das Rückholprogramm der Bundesregierung zu Beginn der Pandemie oder Fördermittelsysteme. Systeme in Kooperation von Bund und Land für den Kulturförderfonds werden relativ schnell und flexibel mit Cloud-Plattformen abgebildet. Sie zeigen nachdrücklich, dass es ohne Hyperscaler und deren technologischen Vorsprung nicht geht.«


Mehr zum Thema »Dateninfrastrukturen erweitern« gibt es hier:
https://dsag.de/neuigkeiten/daten-als-digitalisierungstreiber/

 

Illustration: © GoodStudio /shutterstock.com