Der Trend ist extrem dynamisch und unumkehrbar. Bereits in 3 Jahren wird die hybride Multicloud der Goldstandard unter den IT-Infrastrukturmodellen sein. Doch die Cloud-Kosten explodieren. Durch die Ermittlung ungenutzter Cloud-Ressourcen, Provider-übergreifende Transparenz, verursachergerechte Verrechnung, der detaillierten Zuordnung zu Business Services oder einen realistischen Forecast können sehr schnell deutliche und nachhaltige Kosteneinsparungen erzielt werden.
Nach den Ergebnissen des gerade veröffentlichten fünften »Enterprise Cloud Index« von Nutanix nutzen derzeit in Deutschland lediglich 6 % der Unternehmen das IT-Mischmodell – 2026 werden es bereits 50 % sein. Auch wenn die Entwicklung weltweit etwas weniger dynamisch verläuft (von 12 % derzeit bis 38 % in 3 Jahren), ist die Richtung klar. Denn die Vorteile liegen auf der Hand, schafft doch die Kombination von Private Cloud und mehreren Public Clouds skalierbare, flexible und sichere Portfolios an IT-Ressourcen und –Services. Allerdings nur, wenn das Zusammenspiel von Daten (Portabilität) und Anwendungen (Interoperabilität) reibungslos klappt – eine der erfolgskritischen Herausforderungen.
Cloud-Kosten optimieren. Eine weitere, damit zusammenhängende Hürde sind die Kosten. Weit über 80 % der Unternehmen bezeichnen laut der Nutanix-Studie die Fähigkeit, ihre Cloud-Kosten zu kontrollieren als Herausforderung beziehungsweise signifikante Herausforderung. Damit bestätigen sie eine USU-Studie, die zum Ergebnis kommt, dass drei Viertel der Unternehmen unter explodierenden Cloud-Kosten leiden [2]. Dazu kommt, dass Hyperscaler wie Microsoft oder Amazon nicht nur aufgrund gestiegener Energiekosten massiv an der Preisschraube drehen und ihre Public-Cloud-Dienste 2023 bis zu einem Drittel erhöhen werden, prognostizierte das Analysten- und Marktforschungshaus Canalys Ende 2022 [3]. Zum Geschäftsmodell der großen Cloud-Anbieter gehört es zudem, dass sich Preis- und Rabattmodelle sowie Gebühren permanent ändern und so für maximale Intransparenz sorgen. Im Folgenden werden eine Reihe von Maßnahmen erläutert, wie Organisation Transparenz schaffen und Kosten reduzieren können.
»Cloud Cost Wasting« identifizieren und gegensteuern. Gartner-Aussagen, wonach 30 % des Cloud-Budgets durch ungenutzte Cloud Ressourcen verursacht werden, sind durch die Praxis gut belegt. Regelmäßig ist die Differenz zwischen der Dimensionierung der Infrastruktur und der tatsächlichen Nutzung viel zu hoch. Oft werden im Verhältnis zum Workload überdimensionierte Cloud-Dienste, etwa Speicherplatz oder CPU, geordert oder bereitgestellte Cloud Services sind nicht in den Workload eingebunden. Nutzungsmuster von Workloads zu erkennen und ungenutzte Instanzen zu löschen, ist daher eine wesentliche Aufgabe eines Cloud Cost Managements. Hier unterstützen Monitoring- und Alarmierungssysteme. Diese überwachen die Kapazitätsparameter der Cloud Services über die komplette hybride Infrastruktur und melden auf Basis definierter Schwellwerte automatisiert, wenn Cloud-Systeme »betriebsbereit, aber untätig« sind. Zugleich generiert das System Lösungsvorschläge wie »Nutzung beginnen«, »auf kleineres System umstellen« oder »Cloud Service kündigen«. Integrierte Eskalationsmechanismen sorgen dafür, dass Kostenstellenverantwortliche informiert werden oder Rechner automatisch abgeschaltet werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Eine wichtige Aufgabe professioneller Monitoring-Systeme ist auch die Echtzeitüberwachung von SLAs von Cloud-Komponenten.
Das Erkennen von Anomalien, das Verstehen ihrer Ursachen und das rasche Gegensteuern hilft dabei, negative Überraschungen bei der Abrechnung zu vermeiden. Oft sind jedoch die Kostenübersichten der Cloud-Services eine Black Box und enthalten eine Fülle kryptischer Informationen zu Servern, Datenbanken oder Netzwerk-Ressourcen der Hyperscaler. Allein AWS hat über 350 verschiedene Server-Services im Angebot. Wichtig ist es daher, die Daten zu kategorisieren, zu aggregieren und damit vergleichbar zu machen. Um diese sinnvoll filtern zu können, werden die Cloud-Ressourcen mit Tags versehen, zum Beispiel die entsprechende Kostenstelle etc. Benutzerdefinierte Tags helfen dabei, Ressourcen leichter zu identifizieren und zuzuordnen. Nicht getaggte Ressourcen lassen sich selektieren und neu kennzeichnen. Für mehr Transparenz ist ein ausgefeiltes Cloud-Tagging unerlässlich. In Verbindung mit einem definierten integrierten Servicemodell lassen sich Kosten detailliert den Services zuordnen. Dies ermöglicht außerdem aktives Showback beziehungsweise Chargeback – und damit eine Kostentransparenz, die auch psychologisch wertvoll ist, denn sie schärft auch in den Fachbereichen das Bewusstsein für die Kostentreiber und dafür, Ausgaben zu optimieren. Nicht zuletzt hilft das, die Servicekosten realistisch zu kalkulieren. Wichtig in diesem Zusammenhang sind FinOps, die eine operative Basis für den Aufbau einer Kosten- und Wertschöpfungskultur im Rahmen der Cloud-Transformation bieten.
Kostenfaktor Abonnement-Lizenz. Anfang Juli kündigte Salesforce eine Erhöhung seiner Listenpreise um 9 % an. Bereits im April hatte Microsoft die Preise für seine MS 365 Abonnements um 11 Prozent erhöht – die zweite Preissteigerung innerhalb eines Jahres. Um gegenzusteuern, ist die Kostenoptimierung durch ein automatisiertes SaaS-Lizenzmanagement unabdingbar.
Eine der Maßnahmen, die sofortige Einsparungen verspricht, ist die Identifizierung und Deaktivierung ungenutzter Konten. Entsprechende Software-Asset-Management-Tools analysieren und lokalisieren die aktuelle Nutzung und melden Inaktivitäts-Hotspots. Weist ein Anwendungsabonnement keine Nutzung auf, wird es dem zugewiesenen Mitarbeiter entzogen und entweder jemandem zugewiesen, der es benötigt, oder deaktiviert. USU hat im Rahmen der jüngsten Kundenprojekte für Microsoft Office 365 Kosteneinsparungen zwischen 7 und 22 % für ungenutzte Konten realisiert. Hochgerechnet auf größere Unternehmen sind das bis zu 7-stellige Beträge pro Jahr.
Cloud-Abonnements maßschneidern – das ist eine weitere zentrale Optimierungsmöglichkeit. Viele User haben ein MS-365-E3-Abonnement, nutzen jedoch nur Exchange für die E-Mails und nicht weitere Komponenten wie Excel, PowerPoint, Word etc. Hierfür reicht die weitaus günstigere E1-Lizenz aus. Und nur ein kleiner Teil der Belegschaft benötigt normalerweise eine E5-Lizenz mit erweiterten Sicherheitsfunktionen, Power BI Pro, oder Teams Phone. Ein weiteres Beispiel ist Zoom: dort gibt es eine kostenlose Version mit gutem Funktionsumfang, welche die Belange der meisten User abdeckt. Viele benötigen die 150-Dollar-Pro-Version nicht. Bei einem amerikanischen USU-Kunden führte das zu einer Ersparnis im 6-stelligen Bereich pro Jahr. Beim gleichen Kunden erfolgte außerdem eine Konsolidierung von redundanten Anwendungen, die den gleichen Zweck erfüllt – in diesem Falle waren konzernweit neben Zoom auch Teams, Webex, GoToMeeting und zwei weitere Tools verwendet worden.
Wenn man bedenkt, dass Aufwände für das Betriebssystem und die Datenbanken etwa 50 % der Cloud-Server-Kosten ausmachen, lohnt der Blick auf installierte Software mit »Bring Your Own License«-Rechten (BYOL). Beispielsweise können Kunden mit Oracle BYOL ihre vorhandenen On-Premises-Lizenzen mit 100-prozentiger Workload-Garantie und Lizenzmobilität auch in der Cloud einsetzen. Im Falle von SQL-Datenbanken lassen sich auf diese Weise zum Beispiel jedes Jahr 37 % der Lizenzkosten einsparen.
Optimierungspotenzial besteht ferner nicht nur im aktiven »Renewal-Management«, etwa durch den Aufbau eines Renewal-Kalenders oder einer Verlängerungspipeline, sondern auch darin, den Zeitaufwand für die manuelle Bereitstellung und Deprovisionierung von SaaS-Konten zu automatisieren (und damit zu minimieren). Und nicht zuletzt spielt das Thema Compliance auch in der Cloud-Welt eine wichtige Rolle. Denn es gehört zu den Cloud-Mythen, dass es keine Unterlizensierung mehr geben kann, da die Modelle der Cloudanbieter hierfür einen rechtssicheren Rahmen schaffen. Kunden von Microsoft Office 365 können administrative Änderungen vornehmen, etwa indem sie Services auf Domain-/Mieter-/Gruppenebene aktivieren und deaktivieren. So kann ein Administrator beispielsweise die Azure Threat Protection auf Domänenebene aktivieren. Sobald sie aktiviert ist, gilt sie für jeden Benutzer in der Domäne, einschließlich der User, die nicht über die passende Lizenz verfügen.
Rascher ROI. Durch die Ermittlung ungenutzter Cloud-Ressourcen, sei es auf Infrastruktur- oder Software-Seite, können die für Cloud-Kosten Verantwortlichen sehr schnell deutliche und nachhaltige Kosteneinsparungen erzielen. Spezialisierte Fach-Teams bieten hierfür Managed Services an, so dass kein Know-how bzw. Tool-Einsatz auf Kundenseite erforderlich sind. Mehr Möglichkeiten haben Organisationen, die eine professionelle Plattform für hybrides Cloud Management nutzen und dadurch Herausforderungen wie Provider-übergreifende Transparenz, verursachergerechte Verrechnung, die detaillierte Zuordnung zu Business Services oder einen realistischen Forecast der Cloudkosten meistern können.
Dr. Thomas Gerick,
Berater USU Software AG
[1] https://www.datacenter-insider.de/bis-2026-verachtfacht-sich-hierzulande-hybride-multicloud-nutzung-a-a3e6a02f12a40acba4808f7566e8a70b/
[2] https://media.usu.com/de-de/ressourcen/21/studie-hybrid-cloud-management-2021
[3] https://www.channelpartner.de/a/preise-fuer-public-cloud-werden-um-30-prozent-steigen,3615782