Migrationseffekte: Integration schafft Wachstum

Die Flüchtlinge haben einen positiven Effekt auf die deutsche Konjunktur. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Demnach erhöht die jüngste Zuwanderung das Bruttoinlandsprodukt bis 2020 um insgesamt rund 90 Milliarden Euro. Der Effekt auf das Pro-Kopf-Einkommen ist vorerst negativ.

In den vergangenen zwei Jahren sind etwa 1,2 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Rund 90 Prozent von ihnen möchten Befragungen zufolge langfristig hier bleiben – mit positiven Auswirkungen auf die Konjunktur: Nach Schätzungen des IW steigern die Flüchtlinge das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um rund 0,4 Prozent, bis 2020 könnte dieser Effekt auf knapp ein Prozent pro Jahr steigen. Das liegt sowohl am erhöhten privaten Konsum als auch an den zusätzlichen Staatsausgaben für die Integration. Im gleichen Zeitraum dürfte allerdings auch die Erwerbslosenquote um rund 1,5 Prozentpunkte steigen. Das wirkt sich wiederum negativ auf das jährliche Pro-Kopf-Einkommen aus, das um bis zu 800 Euro sinken könnte.

»Wie stark die simulierten Effekte tatsächlich ausfallen, wird maßgeblich davon abhängen, wie gut die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt«, sagt IW-Experte Tobias Hentze. Dafür müsse in die Qualifizierung von Flüchtlingen investiert werden. Denn während fast jeder fünfte Asylbewerber studiert hat, haben mindestens ebenso viele nur eine Grundschule oder überhaupt keine Schule besucht.

Die Kosten für die Integration von Flüchtlingen schätzen die Autoren der Studie auf bis zu 28 Milliarden Euro pro Jahr. »Wenn das Geld in effektive Förderprogramme investiert wird, kann es langfristig durch steigende Steuereinnahmen zum großen Teil wieder hereingeholt werden«, sagt Hentze. Allerdings kommt es nicht nur auf den finanziellen Aufwand an – die Politik muss Unternehmen auch unbürokratisch bei der Beschäftigung von Flüchtlingen unterstützen.

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Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse der makroökonomischen Simulationen zeigen einen positiven Effekt der Flüchtlingsmigration auf die konjunkturelle Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Der Effekt auf das Pro-Kopf-Einkommen wird zunächst negativ ausfallen, da es noch einige Zeit dauert, bis das Gros der erwerbsfähigen Flüchtlinge einen Arbeitsplatz gefunden hat. Daher dürfte auch die Erwerbslosigkeit erst einmal ansteigen.

Wie stark die simulierten Effekte in der Realität ausfallen, wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell die Integration in den Arbeitsmarkt und der Ausbau des Bildungsniveaus gelingen. Je besser die Qualifizierung der Flüchtlinge und je zü- giger ihr Zugang zum Arbeitsmarkt voranschreiten, umso mehr Staatsausgaben können über Steuern und Abgaben gegenfinanziert werden. Entscheidend hierfür sind zielführende Förderprogramme und unbürokratische Hilfestellungen für die Unternehmen.

Zweifelsfrei ist die Aufnahme und Integration der Flüchtlinge eine herausfordernde Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Nur wenn es nachhaltig gelingt, Bildungsniveau und Erwerbsbeteiligung der Flüchtlinge zu erhöhen, kann die Flüchtlingsaufnahme zu einer dauerhaften Steigerung der Wirtschaftsleistung führen, die in den kommenden Jahrzehnten ihre volle Wirkung entfalten könnte. In diesem Fall stellt die Flüchtlingsmigration nicht nur einen positiven Impuls für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland dar, sondern sie verbessert auch das Potenzial, langfristig zu wachsen.

Hier gibt es die Studie als PDF: https://www.iwkoeln.de/studien/iw-trends/beitrag/tobias-hentze-galina-kolev-gesamtwirtschaftliche-effekte-der-fluechtlingsmigration-in-deutschland-318617


 

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