Smarte Lösung für IT-Fachkräftemangel und komplexe Probleme – Arbeiten mit Asperger-Autisten

Illustration: Geralt Absmeier

Ihre Fähigkeiten sind oft außergewöhnlich – dennoch haben nur fünf Prozent von ihnen einen festen Job in der IT-Branche. Menschen im Autismus-Spektrum und insbesondere Asperger-Autisten finden sich in der Welt der Bits und Bytes hervorragend zurecht – vorausgesetzt, das Umfeld stimmt. Die Firma Auticon hat das Ziel, möglichst viele von ihnen mit einer besonderen Begabung im IT-Umfeld im ersten Arbeitsmarkt zu integrieren und stellt ausschließlich Menschen im Autismus-Spektrum als Consultants ein.

Dabei verfolgt das Unternehmen aus Berlin, das inzwischen sechs weitere Niederlassungen in Deutschland und zwei im Ausland (Paris und London) unterhält, einen klaren Businessplan. Denn die Berater sind richtig gut in dem, was sie tun.

Asperger-Autisten erkennen komplexe Muster in Gegenständen und Datenbeständen außergewöhnlich schnell und zuverlässig. Bei Business-Intelligence-Projekten beispielsweise liefern sie wertvollen Mehrwert im Umgang mit großen Datenmengen. Sie sind in der Lage, diese Daten zu strukturieren und zu verknüpfen, können auch komplexe Zusammenhänge in großen Datenmengen erkennen und anhand statistischer und mathematischer Prognoseverfahren automatisierte statistische Vorhersagen erstellen. Ihre detailorientierte Wahrnehmung ermöglicht ihnen eine zielgerichtete Orientierung bei Code Reviews zum Beispiel, wenn der Programmcode auf Widersprüchlichkeiten, Inkonsistenzen oder Fehler zu untersuchen ist. Durch den Blick auf das Detail behalten sie die Übersicht, beeindrucken mit einer hohen Konzentrationsleistung und ihrem intrinsischen Qualitätsbewusstsein.

Mit der Automated Test Factory haben sie schließlich zusammen mit PriceWaterhouseCoopers eine cloudbasierte SaaS-Testautomatisierungslösung entwickelt. Damit können Auticon-Kunden angesichts der immer kürzer werdenden Release-Zyklen ihre Software schnell und einfach automatisiert auf Lauffähigkeit und Funktionalität testen.

 

Autismus: Kein »Systemfehler«, nur ein anderes Betriebssystem

Doch was ist das überhaupt: Autismus? »Eine angeborene Abweichung in der Informationsverarbeitung und des Gefühlslebens. Es ist eine andere Art zu Denken – ›neuro-untypisch‹«, sagt Kurt Schöffer, Geschäftsführer der Auticon GmbH. »Es ist aber kein Systemfehler, sondern ein anderes Betriebssystem.«

Trotz ihrer Begabungen haben viele Autisten Probleme, einen Job zu finden. Das hängt vor allem mit den Einschränkungen im Alltag zusammen, die diese »neuro-untypischen« Abweichungen mit sich bringen. Die meisten tun sich schwer mit sozialen Normen (wie Hände schütteln und direkter Augenkontakt) oder nonverbalen Signalen und empfinden Smalltalk oder größere Menschenansammlungen häufig als Stress. Viele Autisten können sich nicht gut präsentieren, was oft bereits im Bewerbungsverfahren zum Ausschluss aus dem Arbeitsleben geführt hat.

Auticon wirbt um mehr Verständnis für Menschen im Autismus-Spektrum und gestaltet die Projekteinsätze so autismusgerecht, dass sich die Consultants auf ihre Stärken und Fähigkeiten konzentrieren können. Gut ausgebildete Job Coaches und Projektmanager unterstützen sie dabei. Sie sind als Ansprechpartner und als Schnittstelle zwischen Kunde und Mitarbeiter in allen sozialen, persönlichen und fachlichen Fragen im beruflichen Umfeld da, gehen auf die individuellen Besonderheiten des jeweiligen Consultants ein, informieren zum Thema Autismus allgemein, besprechen die Arbeitsplatzgestaltung und geben Tipps für den Arbeitsalltag.

 

Es herrscht ein offenes und ehrliches Arbeitsklima

Wenn das Umfeld stimmt, können Unternehmen in vielerlei Hinsicht von der Zusammenarbeit profitieren – fachlich, aber auch sozial. Autisten benötigen klare Strukturen und eine präzise, direkte Kommunikation »ohne Schnörkel«. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass das gesamte Team spürbar auflebt, da die Kommunikation unter den Mitarbeitern präziser verläuft und das Projekt für alle übersichtlicher strukturiert ist. Es herrscht ein ehrliches und offenes Arbeitsklima. Die Zufriedenheit im Team sei deutlich höher, heißt es in den Abschlussgesprächen nach den Projekten.

Gute Erfahrungen mit den Auticon-Consultants haben schon viele Unternehmen gemacht. Die Fiducia & GAD IT AG beispielsweise hat einen IT-Consultant von Auticon bei der Migration der beiden unterschiedlichen Bankenverfahren beim Zusammenschluss der Fiducia IT und GAD auf ein neues Verfahren eingesetzt, das sowohl Banking als auch IT ist. Der Mitarbeiter kümmerte sich um die Qualitätsanalyse und die manuellen Tests bei den Releases. »Der Auticon-Consultant musste sich viel Neues aneignen. Das hat unglaublich gut geklappt. Neben der hervorragenden Arbeit, die der Kollege geleistet hat, finden wir es toll, Menschen eine Chance zu geben, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen«, erklärte Roman Gabrielski, Leiter Governance, Qualität und Professional Service / Testing Service bei der Fiducia & GAD IT AG, nach Abschluss des Projekts.

Auch im Mittelstand können Auticon-Consultants hervorragende Ergebnisse vorweisen: Bei Zwick Roell, dem weltweit führenden Anbieter von Prüfmaschinen für die Werkstoffprüfung, ging es beispielsweise um das Testen einer neuen Version der Software testXpert III. Es handelt sich um eine Windows basierte Software zum Steuern, Regeln und Auswerten von Prüfungen, die mit den Materialprüfmaschinen von Zwick Roell durchgeführt werden.

 

Anika Mahla, Leiterin Marketing bei Auticon

Dr. Daniel Willkomm, Projektmanager bei Auticon

 


 

Consulting 4.0: Data Analytics verändert die Beratungswelt

Digitalisierung ausgebremst: Quo vadis, Fachkräftemangel?

Raus aus der Gefahrenzone: Secure Systems Engineering hilft Sicherheitslücken zu schließen

Wer sind die besten Arbeitgeber in der ITK-Branche?

Zukunft: Wie wird das Leben 2030?

Consulting 4.0 – Mit Analytics ins digitale Beraterzeitalter