Stellenausschreibung: Denn sie wissen nicht, wen sie suchen

Die große Kluft zwischen Stellenprofil und Arbeitsalltag.

 

Dr. Ole Mensching, CEO, Careerteam

Mit Voranschreiten der Digitalisierung gestaltet sich in vielen Unternehmen auch die Personalbeschaffung schwieriger: Komplexere Aufgabenbereiche und mangelnde Erfahrung im Bereich Digital lassen die Jobbeschreibungen oft schwammiger werden. Gesucht werden Allrounder, deren Aufgabenbereich sich erst im Arbeitsalltag genauer definiert. Dr. Ole Mensching, CEO der Headhunting Agentur Careerteam weiß, vor welchen Herausforderungen Personaler nun stehen und ob die klassische Stellenanzeige in Zeiten von Active Sourcing zukünftig überhaupt noch relevant bleiben wird.

Frust und Enttäuschung auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite

Dass es aufwendig ist, neue Mitarbeiter einzustellen, bezweifelt niemand. Noch aufwendiger ist es aber, wenn sie wieder kündigen – etwa, weil sich die Erwartungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer während des Arbeitsalltags als nicht deckungsgleich herausstellen. Einen Mitarbeiter mit allem, bitte: Personaler wissen oft nicht, wen genau sie eigentlich für Fachabteilung xy suchen, welche Qualifikationen wirklich wichtig sind und wie der Arbeitsalltag des Mitarbeiters letztendlich aussieht. Was dann oft bleibt, ist Frust und Enttäuschung auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.

»Oft gehen Anforderungsprofile noch auf beliebige Wunschlisten zurück, die bereits für andere Positionen vordefiniert oder von der Fachabteilung zwischen Tür und Angel erstellt wurden«, erklärt Dr. Ole Mensching. »Und das ohne auf die Aufgaben und Anforderungen der Position selbst zu achten.« Die Recruiter stehen dann vor der Herausforderung, die Position mit jemandem zu besetzen, der am besten alles beherrscht und flexibel überall einsetzbar ist.

Suchprofil: Generalist (m/w) oder vergleichbar

»Statt auf Allrounder zu setzen, sollte der Personalbedarf besser definiert werden«, sagt Mensching. »Dadurch können Kosten eingespart und Missverständnisse verhindert werden. Mitarbeiter möchten vom ersten Tag an klar strukturierte Aufgaben- und Verantwortungsbereiche und keine ständig wechselnden Tätigkeiten, für die ihnen vielleicht eine ausgereifte Qualifikation fehlt.«

Besonders in Zeiten der Digitalisierung steigt die Nachfrage an qualifiziertem Personal täglich an und Unternehmen versuchen durch Active Sourcing (also die Direktansprache externer Kandidaten), Jobbörsen und persönlichen Kontakten, neue Talente zu gewinnen. »Wenn Mitarbeiter kündigen und/oder der Bedarf an Mitarbeitern steigt, dürfen jedoch nicht überstürzt und willkürlich Stellenanzeigen geschaltet werden«, warnt Mensching. »Der Aufgabenbereich des gesuchten Kandidaten muss genauestens mit der Fachabteilung abgestimmt werden, da somit der Personalabteilung die Suche nach einem geeigneten Kandidaten erleichtert wird, eine Aufgabenabgrenzung zu anderen Kollegen und Teams erfolgt und der Bewerber nicht mit falschen Erwartungen die Stelle antritt.«

Deshalb sollte vorab innerhalb der Fachabteilung definiert werden, welche Aufgaben in den Tätigkeitsbereich des zukünftigen Mitarbeiters fallen werden, wie viele Aufwandsstunden die jeweiligen Aufgaben umfassen und welche Qualifikationen unabdingbar für die Ausführung sind, bevor die Personalabteilung mit der Suche beauftragt wird. Denn nur mit einem präzisen Briefing können Personaler geeignete Kandidaten finden und auch im Bewerbungsgespräch souverän Fragen beantworten, die vielleicht anhand der Stellenanzeige noch offengeblieben sind.

Der Blick in die Glaskugel: Stirbt die klassische Stellenanzeige aus?

Das Personalwesen befindet sich im Wandel und vor allem Active Sourcing gewinnt im Zuge der Personalgewinnung immer mehr an Bedeutung. Doch bedeutet das, dass zukünftig keine kostspieligen Jobanzeigen mehr geschaltet werden müssen? »Trotz aller Entwicklungen und neuen Möglichkeiten in der HR muss Unternehmen bewusst werden, dass Stellenanzeigen – neben einer attraktiven Internetpräsenz – als Aushängeschild des Unternehmens dienen und sie deshalb immer von großer Bedeutung sein werden«, weiß Mensching.

»Es gibt heute noch immer zahlreiche Unternehmen, die aufgrund ihrer attraktiven (Arbeitgeber-)Marke einen guten Rücklauf an Bewerbungen auf Stellenausschreibungen erzielen – und das sowohl quantitativ als auch qualitativ.« Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels sei der Schlüssel zum Erfolg deshalb ein gutes Employer Branding. »Eine Jobanzeige muss nicht nur Anforderungen an den Bewerber auflisten, sondern kann auch eine positive, einladende Unternehmenskultur ausstrahlen, indem sie attraktiv gestaltet ist, alle wichtigen Informationen zum Unternehmen und zur Stelle enthält und vor allem die Vorzüge des Unternehmens darstellt.«

 


 

Hier folgt eine Auswahl an Fachbeiträgen, Studien, Stories und Statistiken die zu diesem Thema passen. Geben Sie in der »Artikelsuche…« rechts oben Ihre Suchbegriffe ein um weitere Artikel zu finden.

 

Bewerbermangel adé: So finden Sie den passenden Kandidaten

Arbeitnehmer werden anspruchsvoller

Recruiting in digitalen Zeiten: 5 Regeln für modernes Bewerbermanagement

Die Suche nach einem neuen Job

Employer Branding: Wie KMU ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern können

Social Media beim Employer Branding und Recruiting

Den Erfolg von Branding-Kampagnen messen

So finden deutsche Unternehmen Softwareentwickler

Talentsuche am Campus: die drei größten Fehler beim Studenten-Recruiting