Veränderung in der IT-Welt hat viele Facetten – Technologische und kulturelle Aspekte treiben den Wandel

Bob Bailkoski, CEO Logicalis Group erklärt, warum Regularien ein Anreiz für Investitionen sein können und wieso Cloud, Security und 5G ebenso entscheidende Einflussfaktoren für die zukünftige Entwicklung sind wie Vielfalt und Nachhaltigkeit.

 


Wie sehen Sie die Rolle des deutschen Marktes, insbesondere im Vergleich zum globalen Markt? Gibt es hier starke Unterschiede oder wirken Regularien gar hemmend?

Deutschland ist ein sehr attraktiver Markt. Das zeigt auch ein Blick auf Logicalis in Deutschland: Denn diese Organisation ist eine der innovativsten innerhalb der Logicalis Group. Viele unserer Ideen aus einer globalen Perspektive werden oft hier auf lokaler Ebene entwickelt. Ein Treiber dafür sind nicht nur technologische Aspekte. Auch verschiedene Regularien, beispielsweise im Datenschutz, sind Treiber von Innovationen. Hier nimmt Deutschland im weltweiten Vergleich sicher eine Schlüsselrolle ein und verfolgt daher eher einen zukunftsorientierten Ansatz. Ich denke, dass einige der Maßnahmen, die aus regulatorischer Sicht hier in Deutschland ergriffen wurden, auf andere Regionen ausgedehnt werden könnten. 

Das betrifft beispielsweise auch Investitionen der Hyperscaler beim Ausbau ihrer Rechenzentren in der EU, um einige der Hürden zu überwinden, die bei der Übertragung von Daten aus der EU in die USA und umgekehrt bestehen. Eine der Folgen könnte sein, dass diese Unternehmen, wie AWS, Microsoft und Google, zwangsläufig mehr in lokale Märkte investieren und sicherstellen müssen, dass sie im Einklang mit den hiesigen Regularien arbeiten. Ich kann dies also aus der EU-Perspektive als Investitionsinstrument und nicht als Hindernis für Erfolg und Wachstum sehen.


Denken Sie, dass Unternehmen bald alles in die Cloud verlagern? Oder werden wir uns in Deutschland eher auf Hybrid-Lösungen fokussieren? 

Ich denke, Hybrid-Lösungen werden weiter verstärkt genutzt. Die meisten unserer Kunden haben sehr komplexe On-Premises-Umgebungen. Daher ist es eher unwahrscheinlich, dass sie all diese Workloads komplett in die Cloud verlagern. Erstens, weil es sehr herausfordernd ist, zweitens aber auch, weil die meisten Kunden, mit denen ich spreche, die umfassende Kontrolle über geschäftskritische Anwendungen behalten wollen. Für Logicalis bedeutet das, dass wir unseren Kunden helfen, die Komplexität ihrer IT-Systeme zu bewältigen. Denn beim Management dieser neuen hybriden Welt benötigen sie Unterstützung. 


Logicalis hat kürzlich zum achten Mal die CIO-Studie durchgeführt. Dieses Jahr wurden über 1000 CIOs und IT-Führungskräfte zu ihren Herausforderungen befragt. Ein Ergebnis der Studie: IT-Führungskräfte treiben zunehmend die Digitalisierung und sind sich der aktuellen Herausforderungen im Hinblick auf die digitale Transformation bewusst, jedoch werden nicht immer wirksame Maßnahmen ergriffen. Was sind weitere wichtige Erkenntnisse der Studie?

Die Studie erschien zu einem Zeitpunkt, als die Pandemie bereits 12 bis 18 Monate die Welt veränderte. Sie zeigt, wie sich der digitale Wandel beschleunigt hat. Und gerade jetzt suchen Unternehmen nach Wegen, auf die neue Situation zu reagieren, beginnend beim Home Office bis hin zur Sicherstellung des Geschäftsbetriebs. Untersucht man die Auswirkungen der digitalen Transformation genauer, zeigt sich zum einen, dass CIOs vollumfänglich mit CEOs zusammenarbeiten müssen. Zum anderen wird deutlich, dass Sicherheit heute eine bedeutende Rolle in Technologie-Teams einnimmt, auch bedingt durch Remote-Arbeit. Denn in den letzten 18 Monaten hat die Zahl der Angriffe weltweit stark zugenommen. Der dritte Punkt sind moderne Arbeitsumgebungen, die die neue Lebens- und Arbeitsrealität widerspiegeln. Denn hybrides Arbeiten wird in Zukunft nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein. Logicalis hat daher eine Reihe von Cloud-orientierten Lösungen entwickelt, die explizit darauf ausgerichtet sind, unsere Kunden in diesem sich verändernden Umfeld zu unterstützen. Beispielsweise haben wir unsere Production Ready Cloud vorgestellt und uns auf die Entwicklung globaler Sicherheitslösungen konzentriert, die das Beste aus verschiedenen Welten vereinen.  

Ich habe in letzter Zeit mit einigen Führungskräften zudem über die Ergebnisse der Studie gesprochen, und alle haben ein Thema genannt, das bei ihnen auf der Agenda steht: Nachhaltigkeit im IT-Bereich. Nachhaltigkeit ist damit sicherlich ein Thema, das wir in unserer nächsten CIO-Umfrage genauer untersuchen werden. 


Cloud, New Work, Digitalisierung, Home Office – bei all diesen Dingen muss der Aspekt der Sicherheit berücksichtigt werden. Ist IT-Sicherheit Chefsache?

Jeder spielt eine Rolle bei dem Thema, nicht nur der Chef. Organisationen müssen natürlich Prozesse haben, die sie befolgen, aber jeder Mitarbeiter nimmt beim Thema Sicherheit eine Rolle ein. Die Sensibilisierung der Mitarbeiter ist dabei ein wichtiger Aspekt. Das machen wir auch bei Logicalis, indem wir nicht nur Sicherheitstrainings durchführen, sondern auch routinemäßig getarnte E-Mails versenden, um zu sehen, ob unsere Mitarbeiter den Unterschied zwischen einer echten und einer gefälschten Phishing-E-Mail erkennen. Unternehmen stehen hier zusätzlich vor der Herausforderung, dass sie aufgrund von Fachkräftemangel keine Experten für IT-Sicherheit am Markt finden. Managed Services, wie wir sie anbieten, können hier einen Ausweg bieten.


Logicalis ist dabei, den traditionellen Ansatz der Unternehmenssicherheit zu verändern und hat kürzlich die Lösung Secure OnMesh vorgestellt. Was genau verbirgt sich dahinter? 

Secure OnMesh ist eine globale Lösung, die in jedem der 27 Märkte verfügbar ist, in denen wir heute tätig sind. Dahinter steht eine Lösung für das Management von Sicherheitsvorfällen, die es Kunden ermöglicht, Schwachstellen in ihrer gesamten IT-Landschaft zu erkennen und zu beheben. Secure OnMesh vereint die besten Technologien zur Erkennung von Bedrohungen von Cisco, wie SecureX, mit der Cloud-Technologie von Microsoft hin zu einer durchgängigen SIEM-Plattform. So lassen sich komplexe Bedrohungsszenarien erkennen, analysieren und zukünftig in den Griff bekommen. Genau diese Integration leistungsfähiger Cisco- und Microsoft-Technologien ist dabei ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Die Idee hinter der Lösung: Sicherheitsbedrohungen proaktiv von unseren Security-Experten managen lassen, bevor sie Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb unserer Kunden haben. Cisco und Microsoft sind von unserer Lösung überzeugt und haben uns daher bei der Integration geholfen. Ich bin also sehr zufrieden damit.


Auf ihrer Website hat Logicalis eine Charta der Vielfalt unterzeichnet. Was verbirgt sich dahinter?

Die Mitgliedschaft in der Charta der Vielfalt unterstreicht unseren Ansatz in puncto Vielfalt und Integration. Betrachten wir unser Unternehmen und die IT-Branche allgemein, sind wir nach wie vor sehr männerdominiert, obwohl wir vieles unternommen haben, um das Geschlechterverhältnis insgesamt auszugleichen. Die gute Nachricht: Untersuchen wir das Verhältnis zwischen Männern und Frauen in der Organisation, stellen wir fest, dass dies unabhängig von der Position in der Hierarchie ist. Im nächsten Schritt muss es daher darum gehen, dass wir im Rahmen unserer Diversity-Initiativen ein Gleichgewicht in Richtung eines 50:50-Verhältnisses herstellen. Um das zu erreichen, müssen wir dafür sorgen, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber in diesem Bereich wächst. Auch heute noch werden an den Universitäten Studiengänge wie Informatik vorwiegend von Männern dominiert. Wir können darauf Einfluss nehmen, indem wir Initiativen fördern, die Frauen in der IT insgesamt unterstützen.


Was denken Sie, sind zukünftige Trends in der IT?

Die Zukunft wird sicherlich stärker vernetzt sein, und Technologie wird in unserem Leben eine noch größere Rolle spielen als heute. Wir haben beispielsweise in Deutschland und anderen Teilen der Welt große Investitionen in IoT getätigt. Betrachten wir das aus Sicht unserer Kunden, bietet sich eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten, um Prozesse zu automatisieren, die zuvor statisch waren. Wenn Sie an eine herkömmliche Fertigungsstraße denken, ist das oftmals eine sehr feste und statische Umgebung. Mit industriellen IoT-Lösungen ermöglichen wir es unseren Kunden, die Grenzen traditioneller Produktionslinien zu durchbrechen und je nach Bedarf und Zeit agiler zu werden. Ich denke, dass beispielsweise Sensorik im Zusammenspiel mit neuen 5G-Technologien in Zukunft einen echten gesellschaftlichen Wandel bewirken wird. Wir haben daher stark in unsere IoT- und 5G-Fähigkeiten investiert und beispielsweise mit der siticom GmbH einen Spezialisten gekauft, der sich insbesondere auf 5G-Netzwerke für Unternehmen konzentriert. 

Darüber hinaus denke ich, dass Nachhaltigkeit einen sehr großen Einfluss auf die Nutzung von Technologie haben wird. Wir werden sehr eng mit Cisco, Microsoft und unseren anderen Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass wir die energieeffizientesten Lösungen auf dem Markt voranbringen können. Der Kunde entscheidet also zukünftig schon bei der Wahl des Technologieanbieters, wie er den Energieverbrauch, den er insgesamt verursacht, steuert und seinen CO2-Fußabdruck verringert. 

Vielen Dank für das Interview, Herr Bailkoski!

 


Bild: © Logicalis