Wie ChatGPT auch im Kundenservice Mehrwerte bringt – Ein Chatbot ist nicht genug

Für einen Kundenservice der Extraklasse reicht ein Chatbot nicht mehr aus. Die Multibot-Architektur erlaubt bei überschaubaren Aufwand sehr komplexe Chatbot-Implementierungen.

Derzeit macht die Textgenerierungsmaschine ChatGPT Furore. Suchmaschinenanbieter fürchten um ihr Geschäftsmodell, Mathematiker, Programmierer oder Journalisten um ihre berufliche Zukunft. Die Entwicklung des KI-basierten Sprachmodells ist extrem dynamisch. Die Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft sind zwar noch nicht im Detail absehbar, aber das disruptive Potenzial scheint enorm zu sein. Im Folgenden beleuchten wir die Möglichkeiten, die ChatGPT für den Kundenservice bieten kann. Ein Ergebnis sei vorweggenommen: ChatGPT kann seine Stärken auch im Service gewinnbringend einsetzen – aber nicht ohne den Menschen. Und das ist gut so.

Ist ChatGPT verlässlich? Im Customer Service gibt ein ehernes Gesetz: Die Antwort oder Lösung muss immer verlässlich und qualitätsgesichert sein. Gerade in kritischen Branchen wie Medizin oder Versicherungen gilt diese Regel. Viele Stichproben und Versuche haben in den letzten Monaten gezeigt, dass es die KI-Chatbots mit der faktischen Korrektheit ihrer Antworten nicht immer ganz genau nehmen. Persönlichkeiten, die zufällig denselben Nachnamen tragen, werden durcheinandergebracht, im Automobilkontext vermischen die Systeme die Angabe der Leistung in PS und Kilowatt. Aber: das System lernt extrem schnell dazu. In der Version 4 von ChatGPT, die im März 2023 vorgestellt wurde, konnten viele Unzulänglichkeiten ausgeräumt werden. Um zukünftig typische Fehler zu vermeiden, wurde das System intensiv mit menschlichem Feedback trainiert. Beigebracht hatte man dem Textautomat außerdem viele »vorsichtige« Floskeln, die Aussagen abschwächen beziehungsweise relativieren (könnte sein, würde vermuten etc.).

Trotz deutlicher Verbesserungen in der Aussagequalität bleibt das Grundproblem bestehen, dass das System mit den Texten arbeitet, die verfügbar sind und seine eigenen arithmetischen Schlüsse daraus zieht. Zum Beispiel beim »Leukoplastbomber« Lloy P 300 – hier schlägt die KI in der irrigen Annahme, die Karosserie sei aus Stahl, eine Bearbeitung mit Schleifpapier vor, um den vermeintlichen Rost zu entfernen – fatal, wenn man das Kunstleder so bearbeiten würde.

ChatGPT hat keine Ahnung von realen Sachzusammenhängen, es geht von seinem »Wissen« aus. Obwohl in der letzten Zeit viele Fehler »wegtrainiert« wurden, bleibt das Restrisiko, dass das System die falschen Schlüsse zieht. Entscheidend für den nutzbringenden Einsatz von ChatGPT ist also das Verständnis, was das System kann, und was nicht.

Auch klassische Chatbots im Kundenservice immer wichtiger. Betrachten wir den möglichen Einsatz von ChatGPT für den Kundendienst, so ist zunächst festzuhalten, dass sich Chatbots im allgemeinen zu einem festen Bestandteil im Kundendienst-Alltag entwickelt haben. Der globale Markt für Chatbot-Lösungen beträgt derzeit etwa 3 Milliarden Dollar und soll nach der Einschätzung von Marktanalysten bis 2030 um 25 % jährlich wachsen.

Die klassischen Dialogsysteme können allerdings heute meist nur begrenzte Funktionen abdecken und einfache Fragen beantworten, etwa zur Lieferfähigkeit von Produkten, zu Terminvereinbarungen, Versicherungspolicen, Wetterdaten etc. Damit entlasten sie Service-Teams von Routine-Anfragen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Intelligente Chatbots können durch den Zugriff auf die Inhalte einer professionellen Wissensdatenbank sogar Themen gegebenenfalls durch Rückfragen eingrenzen und auf dieser Basis qualitätsgesicherte Antworten liefern. Leistungsfähige Chatbots sind außerdem in der Lage, aktiv kleine Aufgaben erledigen, beispielsweise Diagnosen durch- oder Buchungen ausführen. Gerade in eher standardisierten Themenbereich wie der IT können Bots Probleme selbst beheben, etwa das Löschen des Browser Caches oder das Wiederherstellen der Netzwerklaufwerke.

Und wo lässt sich ChatGPT im Kundenservice einsetzen? Wenn es um die Textklassifizierung und die Generierung von Texten bei eng begrenzten, weniger kritischen Themen und konsistent aufbereiteten Inhalten geht, kann ChatGPT seine Stärken ausspielen – zum Beispiel beim Nennen von Öffnungszeiten. Auf die Frage »haben Sie am Montag geöffnet«, liefert das System nicht nur die Seite mit den Öffnungszeiten, sondern antwortet konkret: »Ja, wir haben am Montag von 9:00 bis 20:00 geöffnet.« Auch andere Einsatzszenarien sind denkbar, beispielsweise das Generieren von Ideen beziehungsweise Anregungen für einen Werbeslogan, das ein Werbeartikel-Hersteller als Service anbietet. Denkbar ist ebenso das automatische Vermitteln von Ansprechpartnern. Auch das Training anderer Bots kann ChatGPT übernehmen. Nicht zuletzt nutzt ein internationales Möbelhaus ChatGPT derzeit, um die bestehenden Texte im Service an den konzernspezifischen »tone of voice« anzupassen. Und natürlich agiert das Sprachmodell auch als »Small-Talk-Bot«, wenn es darum geht, Alltagswissen zum Besten zu geben.

Integration von ChatGPT erfordert Multibot-Architektur. Dialogorientierte Benutzerschnittstellen, sogenannte »conversational user interfaces« (CUI) sind inzwischen zum Standard für die Mensch-Maschine-Kommunikation geworden. Entsprechend wichtig ist es, die conversational services zu orchestrieren. Nach der Devise »allein stark, zusammen unschlagbar« hat der Servicemanagement-Spezialist USU daher nach dem »Lego-Prinzip« eine Technik entwickelt, welches das Zusammenarbeiten verschiedener Chatbots und damit ein theoretisch unbegrenztes Wachstum von Bots ermöglicht, womit ein umfangreiches Leistungsvermögen einhergeht. Mehrere Chatbots werden zu einer Multibot-Architektur zusammengeschaltet und können so auch komplexere Aufgaben lösen.

Das Modell unterteilt Chatbots in zwei Rollen, Experten- und Lead-Bots. Dabei liefern die Expertenbots Informationen zu bestimmten Fachthemen, der Lead-Bot fungiert als Moderator und weist dem Anwender den für sein Anliegen passenden Experten-Bot zu.

 

 

Durch die beschriebene Architektur lassen sich ein oder mehrere ChatGPT-Bots sehr einfach integrieren. Dies kann man beispielsweise auf der USU Chatbot-Seite testen. Die Inhalte für ein solches »diverses« Bot-Team werden über eine Wissensdatenbank gemanaged – für einen Kundenservice der Extraklasse.

 


Dr. Thomas Gerick,
Berater USU Software AG

 

 

 

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