Die Beziehung der Gesellschaft zur Arbeit ist ungesund – Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen

Mitarbeiter verzichten lieber auf einen Teil ihres Gehalts, als Abstriche bei Wohlbefinden, emotionaler Führung und Technologien zu machen.

Vor einigen Jahren war die Anwesenheit im Büro die Normalität – die Zäsur kam mit der Pandemie. Auf einmal mussten Mitarbeiter ins Homeoffice, worauf weder Unternehmen noch Angestellte vorbereitet waren. Mit der Zeit gewöhnten sich beide Seiten an hybride Arbeitsmodelle – die meisten Mitarbeiter bevorzugen flexible Arbeitsmodelle, zumindest wenn die Technologie funktioniert und sie reibungslos arbeiten können. Allerdings geht es nicht nur um Hardware und Software, die Herausforderung sitzt deutlich tiefer: Angestellte möchten nicht nur flexibel arbeiten, sondern sie möchten auch wertgeschätzt werden und stellen bisherige Führungsstile in Frage. Treibende Kräfte sind Gen Z und Millennials, aber auch Baby Boomer und Gen X haben die neue Autonomie schätzen gelernt. Ein generelles Ergebnis sollte Unternehmen jedoch zu denken geben; Nur 21 Prozent der Mitarbeiter in Deutschland haben ein gutes Verhältnis zu ihrer Arbeit. Dies ist das Ergebnis des HP Work Relationship Index [1]. Die Studie hat untersucht, wie zufrieden Mitarbeiter mit ihrer Arbeit sind und Menschen in zwölf Ländern befragt – dazu gehört auch Deutschland.

Doch es liegt nicht nur an mangelhaften funktionierenden Technologien, dass das Verhältnis zur Arbeit schlecht ist. Insgesamt identifizierte HP sechs verschiedene Faktoren, die die Beziehung zur Arbeit maßgeblich beeinflussen. Dazu gehören Führung, Fokus auf die Mitarbeiter, deren Fähigkeiten und Verwirklichung im Job, auch der Arbeitsplatz beziehungsweise dessen Ausstattung und die eingesetzten Tools. Die unterschiedlichen Aspekte sind miteinander verzahnt. Eines der überraschendsten Ergebnisse: 52 Prozent der Mitarbeiter in Deutschland sind bereit, auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten, wenn Veränderungen eingeläutet würden. Auch hier sind die jüngeren Generationen die Vorreiter: 65 Prozent der Gen Z und 63 Prozent der Millennials kritisieren, wie sie von ihrem Arbeitsplatz und ihrer Arbeit behandelt werden. Am niedrigsten ist dieser Prozentsatz bei der Generation der Baby Boomer mit 44 Prozent. Dabei sind unterschiedlichen Generationen bereit, auf einen signifikanten Anteil ihres Gehalts zu verzichten: Diese liegen zwischen 16 Prozent (Gen Z) und neun Prozent (Baby Boomer), wenn sie an ihrem bevorzugten Ort arbeiten können, und zwischen 18 Prozent (Gen Z) und neun Prozent (Baby Boomer), wenn sie arbeiten dürfen, wann sie möchten.

Führungsstil beeinflusst Zufriedenheit mit der Arbeit. Auch der Führungsstil von Vorgesetzten beeinflusst, wie zufrieden Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und ihren Aufgaben sind. 62 Prozent gaben an, dass es wichtig ist, Menschen zu ermutigen, ihre Emotionen am Arbeitsplatz zu kommunizieren. Dazu gehören vor allem auch die Führungskräfte im Unternehmen. So gaben nur 16 Prozent der deutschen Studienteilnehmer an, dass sich der Führungsstil basierend auf den neuen Arbeitsweisen der letzten zwei bis drei Jahre weiterentwickelt hat. Nur 16 Prozent zeigen die emotionale Intelligenz, die sich Mitarbeiter wünschen. Immer noch zeigen Führungskräfte – egal, ob C-Level oder andere Vorgesetzte – nicht die Empathie, die Angestellte von ihnen erwarten. So sollten sie Fehler zugeben (73 Prozent der weltweit Befragten), ihre Stärken und Schwächen offen kommunizieren (73 Prozent) und transparent bei schwierigen Themen, wie Entlassungen und Budgetfragen sein (68 Prozent weltweit). Dann vertrauen ihre Mitarbeiter ihnen und sind auch gewillt, die »Extra-Meile« zu gehen.

Mitarbeiter stellen ihre physische und psychische Gesundheit in den Vordergrund. Besonders wichtig ist in den letzten Jahren die physische und vor allem auch die psychische Gesundheit der Mitarbeiter. Eine Mehrheit der deutschen Befragten sagt, dass ihre Gesundheit in den letzten zwei bis drei Jahren gelitten hat – bei 62 Prozent ist es die physische Gesundheit, bei 57 Prozent die psychische. Eine ungesunde Arbeitsbeziehung wirkt sich nicht nur auf die Gesundheit aus: Die Mitarbeiter sind weniger produktiv (34 Prozent der Befragten weltweit) und tun nur das Nötigste (33 Prozent weltweit), um ihre Aufgaben zu erledigen – ein Trend, der als »Quiet Quitting« bekannt geworden ist.

Auch die Art des Arbeitsplatzes beziehungsweise der Umgebung spielen eine wichtige Rolle für ein gesundes Verhältnis zur Arbeit, sowohl im Büro als auch zu Hause. Wer flexibler hinsichtlich seiner Arbeitszeit ist, verfügt über ein gesundes Arbeitsverhältnis: Der emotionale und mentale Stress ist so ebenfalls deutlich niedriger. Effektive hybride Arbeitsbereiche mit nahtlosen Übergängen zwischen den Standorten sind von entscheidender Bedeutung – ebenso wie flexible Arbeitsplätze der Mitarbeiter, je nach ihren Aufgaben und den Anforderungen des Unternehmens.

Technologie eines der Kriterien, die für Arbeitnehmer wichtig sind. Ein weiterer Punkt, der die Beziehung der Büroangestellten zu ihrer Arbeit negativ beeinflusst, ist Technologie – die sie eigentlich dabei unterstützen sollte, effizient und produktiv zu sein. Doch nur 21 Prozent der deutschen Arbeitnehmer sind der Meinung, dass sie über die notwendigen Tools verfügen, um in ihrem Job erfolgreich zu sein. Auch beim Thema hybride Arbeitsmodelle sind die Befragten in Deutschland sehr skeptisch: Nur 20 Prozent gaben an, dass sie zuversichtlich sind, dass ihr Unternehmen die richtigen Technologien dafür einsetzt. Dabei ist es 64 Prozent der Deutschen wichtig, für ein Unternehmen zu arbeiten, das Technologien und Tools basierend auf den Bedürfnissen und des Feedbacks der Mitarbeiter bereitstellt. Hier klafft also eine deutliche Lücke, die geschlossen werden muss. Denn ohne die richtigen Technologie leisten Angestellte nicht ihre beste Arbeit und dies beeinflusst das Unternehmen negativ – ebenso wie die Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Großes Potenzial, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern. Die Zufriedenheit mit der Arbeit hängt von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren ab. Insgesamt erwägen 68 Prozent der Mitarbeiter, die eine ungesunde Beziehung zur Arbeit haben, das Unternehmen zu verlassen. In Zeiten, in denen vor allem auch in der Technologie-Branche Mitarbeiter fehlen, ist dies eine Zahl, die Unternehmen zum Nachdenken anregen sollte. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Nur 22 Prozent der Mitarbeiter fühlen sich durchgehend als geschätzt und respektiert statt nur »eine Nummer« zu sein. Hier müssen Unternehmen ansetzen, denn die (Arbeits-)Welt verändert sich weiterhin – und damit auch die Bedeutung, die den geschäftlichen/technischen Fähigkeiten und den Macht-/Personalkompetenzen beigemessen wird. Immerhin bewerten 70 Prozent der Studienteilnehmer weltweit beide Arten von Fähigkeiten in ihrem Verhältnis zur Arbeit als wichtig. Allerdings stecken Büroarbeiter insgesamt in einer Vertrauenskrise, wenn es um ihre Fähigkeiten geht: Nur ein Bruchteil von ihnen ist von seinen Fähigkeiten überzeugt. Dies ist ein wichtiger Ansatzpunkt für Unternehmen: Sie müssen ihren Mitarbeiter dieses Vertrauen geben – zum einen durch Schulungen, zum anderen durch Zuhören sowie durch kontinuierliches Feedback und Ermutigen. Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt von Unternehmensentscheidungen stehen.

 


[1] https://hp.com/wri

 

Illustration: © Elena Ray | Dreamstime.com