Die Menschen in diesem Land wünschen sich digitale Services in allen Lebensbereichen

Stadt, Land, Frust: Zwei von drei Bürgern finden ihren Wohnort nicht digital.

 

Die Erwartungen an eine digitale Stadt sind groß, die Realität bisher meist ernüchternd. Zwei Drittel der Bundesbürger (64 Prozent) sagen: Meine Stadt ist nicht digital. Nur drei von zehn (30 Prozent) bewerten den Digitalisierungsgrad ihrer Gemeinde hingegen als fortgeschritten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 1.000 Personen ab 18 Jahren in Deutschland, die anlässlich der Smart Country Convention in Berlin vorgestellt wurde [1].

 

 

»Deutschland hat noch einen ziemlich langen Weg zum Smart Country vor sich. Umso wichtiger ist es, jetzt schnell große Schritte zu machen. Die notwendigen Technologien sind vorhanden, aber Bund, Länder und Kommunen setzen sie noch zu selten ein«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Für eine bessere Umwelt und weniger Stress im öffentlichen Raum brauchen Städte und Gemeinden das nötige Geld, Know-how und eine enge Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Wirtschaft und örtlicher Bevölkerung. Mit der Smart Country Convention haben wir eine Plattform geschaffen, mit der wir die Digitalisierung des Public Sector und der öffentlichen Dienstleistungen beschleunigen werden.«

 

Dr. Christian Göke, Vorsitzender der Geschäftsführung Messe Berlin, erklärt: »Das Besondere an der Smart Country Convention ist der branchenübergreifende Charakter: Wir sind davon überzeugt, dass es neben den vertikalen Branchen- und Messeevents dringend einer horizontalen, übergreifenden Veranstaltung zur Digitalisierung der Verwaltung und der öffentlichen Dienstleistungen bedarf. Egal ob Stadt oder Land, egal ob Bürgeramt, öffentlicher Nahverkehr oder Energieversorgung – Smart Country steht für die intelligente Vernetzung sämtlicher Bereiche. Daher freuen wir uns, dass wir nicht nur das Bundesinnenministerium als Schirmherr und Dänemark als Partnerland gewinnen konnten. Auch alle drei kommunalen Spitzenverbände sowie der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) sind als Partner dabei.«

 

Dänemark ist Spitzenreiter der Digitalisierung

Lars Frelle-Petersen, stellvertretender Generaldirektor des Dänischen Industrieverbands: »Wir freuen uns sehr darüber, Partnerland auf der groß angelegten Smart Country Convention in Berlin zu sein. Dänemark hat mit der Digitalisierung der öffentlichen Behörden und privaten Unternehmen große Fortschritte gemacht und ist 2018 von der UNO zum Spitzenreiter der Digitalisierung in der Welt ernannt worden. Dank einer engen Zusammenarbeit zwischen allen Verwaltungsebenen – und mit Lösungen aus dem privaten Sektor – verwendet eine große Mehrheit der Dänen die digitalisierten öffentlichen Dienstleistungen, weil es das Leben leichter macht und Zeit spart.«

 

Verbesserungsbedarf

Wo sehen die Deutschen den größten Verbesserungsbedarf an ihrem Wohnort? Vor allem in den Bereichen Wohnen (81 Prozent), Verwaltung (79 Prozent), Sicherheit (77 Prozent), Verkehr (74 Prozent) und Bildung (72 Prozent). Acht von zehn Bundesbürgern (79 Prozent) stimmen der Aussage zu, dass abgehängte Städte und Gemeinden von der Digitalisierung besonders profitieren können. 62 Prozent sagen, dass die Digitalisierung eine große Chance bietet, das Leben in der Stadt und auf dem Land lebenswerter zu machen. Jeder Zweite (57 Prozent) kann sich vorstellen, in einer Stadt oder Gemeinde mit vielen digitalen Angeboten zu leben.

 

Städtische Verwaltungen entlasten, mehr Fachkräfte auf dem Land

Für Stadt und Land erwarten die Menschen von der Digitalisierung jeweils unterschiedliche Effekte. Im städtischen Raum sehen die Bürger vor allem in der Entlastung der Verwaltung die größte Chance, da die Prozesse durch die Digitalisierung vereinfacht und beschleunigt werden können (74 Prozent). Jeweils jeder Zweite sieht Vorteile in einer Reduzierung der Verkehrsbelastung (57 Prozent) und der Umweltbelastung (47 Prozent). Sechs von zehn (62 Prozent) erwarten, dass typische Probleme des städtischen Raums durch digitale Technologien gelöst werden.

Im ländlichen Raum werden andere Schwerpunkte gesehen. Oben steht die Hoffnung, dass Gemeinden durch die Digitalisierung für Fachkräfte wie Ärzte oder Informatiker attraktiver werden. Sechs von zehn Menschen in Deutschland (59 Prozent) stimmen dieser Aussage zu. Weitere Vorteile sieht mehr als die Hälfte darin, dass die Angebote im öffentlichen Nahverkehr verbessert werden können (57 Prozent) und mit der Digitalisierung gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land hergestellt werden (51 Prozent). Für zwei von fünf Bundesbürgern (41 Prozent) lassen sich typische Probleme in ländlichen Gemeinden durch digitale Technologien lösen. Berg: »Viele ländliche Kommunen tun sich schwer mit der Digitalisierung. Digitalisierung braucht gerade auf kommunaler Ebene zweierlei: Einen ausgeprägten politischen Willen und starke Partner, die bei der Umsetzung helfen.«

 

Mehrheit fordert Online-Beteiligung bei Entscheidungen

Darüber hinaus haben Bürger auch konkrete Vorstellungen davon, wie das Leben in einer digitalen Stadt aussehen kann und möchten sich mehr beteiligen. Fast alle Befragten (94 Prozent) wollen stärker beteiligt werden. Besonders hoch im Kurs steht die Möglichkeit, konkrete Verbesserungen zur Steigerung der Lebensqualität am Wohnort online vorzuschlagen (74 Prozent). Zwei Drittel (68 Prozent) würden gerne einen Mängelmelder nutzen, um auf Probleme im öffentlichen Raum hinzuweisen. Jeder Zweite (52 Prozent) möchte sich online an Planungs- und Entscheidungsprozessen in der Politik und Verwaltung beteiligen. 47 Prozent würden die Möglichkeit nutzen, in Bürgerhaushalten auf lokaler Ebene Vorschläge zur Verwendung von Steuereinnahmen einzureichen.

 

Drei von vier Bundesbürgern möchten Behördengänge online erledigen

Für Verwaltungsvorgänge stehen digitale Dienste besonders hoch im Kurs. Vier von fünf Bundesbürgern (86 Prozent) möchten etwa Katastrophenwarnungen der Behörden über das Smartphone empfangen. Drei Viertel (75 Prozent) würden gerne Behörden- und Verwaltungsangelegenheiten über das Internet erledigen, etwa den Wohnsitz ummelden oder Kindergeld beantragen. Zwei Drittel (66 Prozent) wollen per Internet wählen gehen. Ein Drittel (33 Prozent) würde die eigenen Daten zur Verfügung stellen, damit Behörden darauf zugreifen können. »Wir müssen das Tempo auf dem Weg zum digitalen Staat erhöhen. Die Menschen wollen nicht mehr auf dem Amt anstehen oder wertvolle Zeit mit Papierkram vergeuden. Ein Blick nach Dänemark zeigt, wie von A bis Z fast alles digitalisiert werden kann und die Verwaltung bürgerfreundlicher wird«, sagt Berg. »Viele der bislang verfügbaren Angebote sind noch unnötig kompliziert. Deutschland braucht eine flächendeckende E-Government-Offensive.«

 

 

Um die Digitalisierung der Verwaltung und öffentlicher Dienstleistungen zu beschleunigen, findet vom 20. bis 22. November 2018 erstmals die Smart Country Convention statt. Sie wird vom Digitalverband Bitkom in Zusammenarbeit mit der Messe Berlin durchgeführt. Das dreitägige Event bringt alle relevanten Akteure aus Verwaltung, Politik, Digitalwirtschaft, Verbänden und Wissenschaft zusammen. Als Kombination aus Kongress, Workshops, Expo und Networking widmet sich die Smart Country Convention der Digitalisierung von Städten, Gemeinden und des öffentlichen Raums. Dabei geht es sowohl um die digitale Verwaltung als auch um die Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen in den Bereichen Energie, Mobilität, Sicherheit, Abfall, Wasser, Bildung, Gesundheit und Wohnen.

 

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Befragung, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.007 Personen ab 18 Jahren in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.

 


 

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