Die persönlichen Erfahrungen der Schwiegermutter zur digitalen Transformation

Bottom Line (ICT-Anwenderunternehmen)

Im privaten Bereich ist unser Leben mittlerweile stark digitalisiert. Dies ist zurückzuführen auf das Konsumverhalten, welches wir als Kunden an den Tag legen. Alles muss zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar sein. Diese Digitalisierung wird vor allem durch die neue Generation (»Generation Y & Z«) als Kunde wie aber auch als Arbeitnehmer immer mehr in die Geschäftswelt integriert. Führende Angestellte müssen daher einen Spagat hinsichtlich des täglichen operativen Betriebs und somit den Legacy-Systemen sowie den Kunden- beziehungsweise auch Mitarbeiterwünschen hinsichtlich digitaler Services und modernen Kommunikations- und Kollaborations-Plattformen gewährleisten. Andernfalls werden sie als Arbeitgeber und Produkt-/Service-Lieferant unattraktiv. Genauso müssen sie alte Zöpfe überprüfen und eventuell abschneiden oder parallel Know-how im Umgang und der Auswertung von Daten als Basis neuer Geschäftsmodelle aufbauen. Dazu gehört selbstverständlich auch die kontinuierliche Analyse des Anbietermarktes im Kontext des Könnens der digitalen Transformation.

Bottom Line (ICT-Anbieterunternehmen)

Es ist nicht eine Frage, ob Industrien oder Prozesse automatisiert werden, es ist nur die Frage wann und welche konkreten Auswirkungen dies auf die jeweilige Fertigungstiefe hat. Die Technologien, die in den letzten Jahrzehnten entwickelt wurden, sind reif dafür – die Frage, die offen bleibt, ist, wer sind die Spieler am Markt, die das Heft in die Hand nehmen und trotz der täglichen Auslastung Luft und Spielraum für notwendiges Handeln bewahren. Wie stark kann sich die interne IT der Unternehmen einbringen, welche Rolle spielen beispielsweise die IT-Systemhäuser, welche neuen Spieler gibt es am Markt? Als Unternehmen ist man heute gefordert sein Geschäftsmodell zu hinterfragen und zu schauen, ob man mit seinem Werteangebot noch die Kundenzielgruppen erreichen kann.

Schuld an der digitalen Transformation ist meine Schwiegermutter

Vor zwei Jahren stellt mir meine Schwiegermutter beim Frühstück zu ihrem 70. Geburtstag die »Blumen- und Bienchen-Frage«, die sonst nur Kinder stellen: »Sag mal, was machst du eigentlich so genau den ganzen Tag?« Ich antwortete mit Fachbegriffen wie digitale Transformation, Big Data, Industrie 4.0, Internet of Everything, Social Business, New Work usw. – aber das Fragezeichen über ihrem Kopf wurde immer größer. Also griff ich etwas tiefer in die Erklärungskiste. Ich erinnerte sie an die Zeit vor einigen Jahren, als wir den ersten PC in ihrem Arbeitszimmer eingerichtet hatten. An den Aufbau der Anlage, den Anschluss des Modems etc.. Später dann haben wir über ISDN und DSL den Rechner gegen ein Notebook ausgetauscht und das WLAN eingerichtet. All diese Themen riefen bei ihr nur tiefes, unverständliches Kopfnicken hervor. Viele Stunden der Erklärungen und Fehlersuche am Telefon, immer wieder das Installieren von Updates neuer Treiber usw. – man konnte die Stress-Situationen direkt an ihrem geistigen Auge vorbeifliegen sehen. Und die Situation heute, wir hatten ihr ein Jahr zuvor ein iPad geschenkt – eigentlich gingen wir davon aus, dass wir uns unser eigenes Support-Grab ausgehoben hatten – aber dem war überhaupt nicht so. Dieser Moment ließ ihr dann ein breites zufriedenes Grinsen ins Gesicht wandern. Mit einem eleganten Schwung zauberte sie das Gerät auf den Tisch und präsentierte mir fünf Seiten voll mit eigenständig heruntergeladenen Apps. Das Gerät ist mittlerweile ihr täglicher Wegbegleiter, das Buchen von Urlaubsreisen, die Kommunikation mit den Enkelkindern über Social Media, das Einkaufen in den »Online-Märkten«, das Buchen von Bahntickets und Veranstaltungstickets, ihre Musikplaylist bei einem Musik-Streaming-Anbieter, ihr Filmportal, die Nachrichten und vieles mehr. Undenkbar, das Gerät wäre nicht mehr da, und auf die Frage nach dem Support unsererseits mussten wir feststellen, dass wir bis heute noch nicht einmal aktiv werden mussten. Selbst die Installation des TV-Sticks konnte sie, mit kleiner Hilfe unseres Sohnes, der ihr verriet wo sie den WLAN-Code findet, allein machen. All das, was sie an Vereinfachung durch die Technik verspürt, ist leider noch nicht bei allen Unternehmen angekommen.

Und die digitalen Spuren, die sie hinterlässt, wenn sie nach einem Online-Einkauf ihre Kommentare in den Portalen schreibt. Selbst wenn sie aus ihrem Urlaub zurück ist, erfahren wir über Instagram und Facebook sehr schnell wie es ihr im Urlaub gefallen hat. Auch die Postkarte, die es vor Jahren noch gab, wurde durch den Skype-Anruf ersatzlos gestrichen. Ihre Bewertungen, die sie nach einem Urlaub in wenigen Sätzen über das Land, die Leute, das Meer, das Essen und den netten Animateur auf einem Reiseportal schreibt. Oder, wenn sie wieder auf der Suche nach dem nächsten Schnäppchen von einer Internetseite zur anderen wandert und in einschlägigen Portalen die Kommentare liest und Fragen stellt, all das interessiert die Fachabteilungen der Unternehmen, und sie müssen mittlerweile darauf reagieren, wenn sie meine Schwiegermutter als Kundin gewinnen möchten.

Die Art, wie sich meine Schwiegermutter im Internetzeitalter bewegt, ihre Einstellung, die sie sich in den letzten Jahren angeeignet hat – ich möchte alles, auf mich abgestimmt, immer zum günstigsten Preis und der besten Qualität, an jedem Ort, sofort; ich möchte als Kunde gehört werden und mitgestalten – all dies beeinflusst die Geschicke der Unternehmen. Nach und nach werden die Unternehmen gezwungen, durch ihren eigenen Markt getrieben, alles, was digitalisiert werden kann, auch zu digitalisieren.

foto autor michael bauer experton Michael Bauer, Experton Group

 

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