Digital Health: Telemedizin trifft auf großes Interesse

  • 6 von 10 Bundesbürgern sind offen gegenüber Tele-Monitoring.
  • Drei Viertel würden ihr Erbgut analysieren lassen.
  • Patienten fühlen sich dank Internet souveräner gegenüber dem Arzt.

Der Arzt wird per Videochat von zu Hause aus konsultiert. Big-Data-Analysen warnen uns rechtzeitig vor einer drohenden Herzerkrankung. Und Roboter unterstützen Chirurgen bei heiklen Operationen: Digitale Technologien halten Einzug in die Medizin und das Gesundheitswesen – und die Deutschen sehen darin große Chancen für die Prävention, Diagnose und Heilung von Krankheiten. Das zeigt eine repräsentative Befragung von 1009 Verbrauchern ab 14 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom [1].

6 von 10 Bundesbürgern sind offen gegenüber Tele-Monitoring

Großes Interesse haben die Befragten demnach an telemedizinischen Angeboten: So erklärt jeder Fünfte (20 Prozent), dass er im Krankheitsfall auf jeden Fall seinen eigenen Gesundheitszustand telemedizinisch überwachen lassen würde, weitere 39 Prozent können sich vorstellen, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen. Insgesamt 6 von 10 Deutschen (59 Prozent) sind damit offen gegenüber dem sogenannten Tele-Monitoring. Dabei werden beispielsweise die Vitalwerte wie Blutdruck oder Blutzucker von Patienten mit Herzerkrankungen oder Diabetes digital an ein Krankenhaus übermittelt, wo medizinisches Fachpersonal diese prüft und den Patienten bei Unregelmäßigkeiten benachrichtigt. Die Online-Sprechstunde mit dem Arzt würden 17 Prozent der Befragten auf jeden Fall nutzen, 16 Prozent können sich dies vorstellen (Gesamtinteresse: 33 Prozent). Um Ärzte im Ausland zu konsultieren, würden 8 Prozent auf jeden Fall Telemedizin in Anspruch nehmen, 42 Prozent sind daran zumindest interessiert (Gesamtinteresse: 50 Prozent). Und 14 Prozent würden sich einer Operation unterziehen, bei der ein Spezialist aus der Ferne per Video zugeschaltet ist und dem behandelnden Arzt Hinweise gibt, 45 Prozent können sich dies vorstellen (Gesamtinteresse: 59 Prozent).

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»Telemedizin ist ein hervorragendes Beispiel für das beeindruckende Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Online-Sprechstunden oder Tele-Monitoring können die Versorgung kranker Menschen deutlich verbessern, Arzt und Patient entlasten und dabei auch noch die Kosten im Gesundheitswesen senken«, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Vor- und Nachteile der Online-Sprechstunde

In der Bitkom-Studie wurde unter anderem untersucht, worin die Patienten Vor- und Nachteile der Online-Sprechstunde sehen. Die drei wichtigsten Vorteile: Der Zugang zu räumlich weit entfernten Ärzten wird erleichtert – 57 Prozent nennen diesen Punkt. Außerdem spricht für die Online-Sprechstunde aus Sicht der Befragten, dass die Wartezeit in der Praxis (43 Prozent) sowie die Zeit für die Anfahrt (29 Prozent) entfallen. Zugleich haben die Befragten die Sorge, dass das Risiko einer Fehlbehandlung steigt, wenn sie eine Online-Sprechstunde in Anspruch nehmen – 67 Prozent nennen dies als einen der drei wichtigsten Nachteile. Gut die Hälfte (52 Prozent) ist zudem der Meinung, dass das Verhältnis zwischen Arzt und Patient leidet. Ein weiterer Nachteil der Online-Sprechstunde ist aus Sicht der Befragten, dass Arzt und Patient dafür über technisches Know-how und technische Ausstattung verfügen müssen (43 Prozent). Rohleder: »Die Online-Sprechstunde wird die Präsenz-Sprechstunde nicht ersetzen, sondern ergänzen. Davon profitieren Arzt und Patient gleichermaßen.«

Das E-Health-Gesetz, das Ende 2015 verabschiedet wurde, sieht vor, dass die telemedizinische Befundung von Röntgenbildern sowie die Online-Sprechstunde mit Patienten, die dem Arzt bereits bekannt sind, starten können. »Die Einführung erster Telemedizin-Anwendungen ist ein großer Fortschritt. Weitere Anwendungen müssen schnell folgen«, so Rohleder.

Drei Viertel würden ihr Erbgut analysieren lassen

Über telemedizinische Szenarien hinaus bietet die Digitalisierung zahlreiche Chancen für die Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Moderne Methoden der Datenanalyse mittels Big-Data-Technologien ermöglichen es beispielsweise, Erbgut auf Gesundheitsrisiken zu untersuchen. Drei Viertel der Befragten (72 Prozent) sind für diese Möglichkeit offen. Dabei sagen 38 Prozent, dass sie diese Option auf jeden Fall in Anspruch nehmen würden. 34 Prozent würden sie nur für solche Krankheiten in Anspruch nehmen, die auch therapiert werden können. »Wer über seine individuellen Krankheitsrisiken Bescheid weiß, kann sich entsprechend gesundheitsbewusst verhalten«, so Rohleder. »Deshalb sollte jeder, der diese Informationen haben möchte, die Möglichkeit bekommen, ohne dass daraus eine allgemeine Pflicht erwachsen darf.«

Bereitschaft Gesundheitsdaten freizugeben ist vorhanden

Gesundheitsdaten sind in der Medizin und im Gesundheitswesen auch für zahlreiche weitere Zwecke wertvoll. Zwar haben viele Befragte (82 Prozent) die Sorge, dass durch die Digitalisierung der Medizin die Gefahr des Missbrauchs von Gesundheitsdaten steigt. Vorausgesetzt, dass die Daten optimal geschützt sind, sind sie aber durchaus offen dafür, beispielsweise Informationen zu Symptomen und Krankheitsverlauf zur Verfügung zu stellen: 75 Prozent würden das tun, wenn sie dadurch zur langfristigen Erforschung einer Krankheit beitragen können. 67 Prozent würden ihre Daten herausgeben, wenn sie damit kurzfristig anderen Patienten helfen könnten. Ferner würden 61 Prozent ihre Daten zur Verfügung stellen, wenn damit Medikamente oder Therapien entwickelt werden, die auf sie persönlich zugeschnitten sind. Und 44 Prozent würden ihre Daten gegen eine finanzielle Entschädigung bereitstellen. »Medizinische Daten können im Gesundheitssektor Leben retten. Deshalb müssen wir sie konsequent und klug nutzen. Ein Höchstmaß an Datenschutz ist dabei Voraussetzung«, so Rohleder.

Digitale Technologien nehmen wichtige Rolle in Gesundheitsfragen ein

Schon heute spielen digitale Technologien eine wichtige Rolle in Gesundheitsfragen – das wird deutlich am Beispiel der Online-Gesundheitsrecherche: Zwei Drittel der Internetnutzer (64 Prozent) informieren sich wenigstens hin und wieder im Internet über Gesundheitsthemen, jeder Fünfte (20 Prozent) sogar mindestens einmal pro Monat. Die drei Top-Themen sind dabei: gesunde Ernährung (66 Prozent), Krankheitssymptome (59 Prozent) sowie Fitness/Sport und alternative Behandlungsmethoden (beide 48 Prozent). Dass die Befragten in vielerlei Hinsicht von diesen Recherchen profitieren, zeigt die Umfrage ebenfalls: 24 Prozent derjenigen, die im Netz nach Gesundheitsinformationen suchen, sagen, dass sich ihre gesundheitliche Versorgung dadurch verbessert habe, zum Beispiel, weil sie schneller als früher einen passenden Arzt finden. Sogar drei Viertel aus dieser Gruppe (74 Prozent) erklären, dass ihnen die Gesundheitsrecherche hilft, souveräner gegenüber ihrem Arzt aufzutreten und rund die Hälfte (48 Prozent), dass sie ihren Arzt dadurch besser verstehen. »Patienten sind dank des Internets heute so gut informiert und so mündig wie nie zuvor – und das kann den Erfolg von Therapien enorm unterstützen«, sagt Rohleder. Wenn der Patient zum Beispiel verstehe, wie ihm ein bestimmtes Medikament hilft und warum es auf nüchternen Magen eingenommen werden soll, steigere das die Therapietreue enorm.

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Unseriöse Quellen bei Online-Gesundheitsinformationen

»Zugleich sollte man nicht aufgrund einer Information aus dem Internet zum Beispiel eigenmächtig Therapieänderungen vornehmen, also etwa vom Arzt verordnete Medikamente absetzen, oder sich gar in Panik versetzen lassen, weil man meint, eine bestimmte Krankheit zu haben«, so Rohleder. 20 Prozent der Nutzer von Online-Gesundheitsinformationen sagen, dass sie sich durch die Internetrecherche häufiger als früher Sorgen um ihren Gesundheitszustand machen. Jeder Zweite hat außerdem Probleme, bei der Fülle an Gesundheitsinformationen im Internet seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden. Einen Hinweis auf die Seriosität und Unabhängigkeit des Angebots sowie die Kompetenz der Autoren kann das Impressum liefern. Teils wird daraus ersichtlich, dass einzelne Unternehmen mit wirtschaftlichen Interessen hinter dem Angebot stecken oder Gruppen, die Meinungen fernab der Schulmedizin und etablierter alternativer Behandlungsmethoden vertreten. Auch ein Vergleich unterschiedlicher Seiten kann im Zweifel einzuschätzen helfen, ob die jeweiligen Informationen glaubwürdig sind.

Die Digitalisierung der Medizin birgt unterm Strich mehr Chancen als Risiken

Insgesamt sind die Befragten gegenüber der Digitalisierung in der Medizin und im Gesundheitswesen positiv eingestellt: Eine deutliche Mehrheit (61 Prozent) unterschreibt den Satz: Die Digitalisierung der Medizin birgt unterm Strich mehr Chancen als Risiken. »Wie einst die Erfindung des Penicillins läutet die Digitalisierung jetzt eine neue Ära der Medizingeschichte ein: Sie wird vielen Menschen zu einem längeren Leben mit einer höheren Lebensqualität verhelfen«, so Rohleder. »Die Patienten haben dieses Potenzial erkannt, und die technischen Möglichkeiten sind da – nun wird es Zeit, sie konsequent zu nutzen.«

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Befragung, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1009 Deutsche ab 14 Jahren befragt, darunter 783 Internetnutzer.

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