Digital-Know-how: Kommunen sehen erheblichen Nachholbedarf

Software-as-a-Service-Angebote, Cloud-Lösungen und Online-Dienste bieten auch bei veralteter IT-Infrastruktur innovative Möglichkeiten.

Digitalisierung ist mittlerweile auch für Städte und Gemeinden eines der zentralen Themen. Noch ist das entsprechende Wissen dort aber eher mäßig ausgeprägt. Kommunale Verwaltungen und Unternehmen selbst verorten sich hier durchschnittlich zwischen den Schulnoten 3 und 4. Banken und Sparkassen beurteilen den digitalen Wissensstand ihrer kommunalen Geschäftspartner noch etwas kritischer. Das sind Ergebnisse aus dem »Kommunal-Barometer 2018« [1]. Für diese Studie hat das Münchner FinTech CommneX zusammen mit der TU Darmstadt rund 140 Experten aus Kommunen, kommunalen Unternehmen und Finanzinstituten befragt.

Kämmereien als Vorreiter

Wie die Studie weiter zeigt, ist das Digital-Know-how innerhalb der Kommunen allerdings sehr ungleich verteilt. Während bezogen auf die gesamte Verwaltung nur 13 Prozent der Mitarbeiter ein gutes oder sogar sehr gutes Wissen auf diesem Gebiet attestiert wird, schneiden die Mitarbeiter in den Kämmereien mit 41 Prozent deutlich besser ab. »Die Kämmereien waren bereits deutlich früher mit der Digitalisierung konfrontiert. Ganz einfach deshalb, weil auch die kommunale Finanzverwaltung ein Feld mit hoher Komplexität ist, das sich seit geraumer Zeit nur noch mit geeigneter IT bewältigen lässt«, erklärt Carl v. Halem, Geschäftsführer der digitalen Marktplatz-Plattform CommneX, den Vorsprung der Kämmereien.

Investitionen in technische Ausstattung und Infrastruktur

»Ein Erklärungsansatz für die herausfordernde Situation beim benötigten digitalen Know-how in vielen Verwaltungen ist sicherlich auch, dass viele Arbeitsplätze dort noch nicht die nötige technische Infrastruktur für Menschen mit ausgeprägter digitaler Affinität aufweisen«, ergänzt Friedrich v. Jagow, ebenfalls Geschäftsführer bei CommneX. Tatsächlich zeigt die Studie einen klaren Nachbesserungsbedarf für die digitale Ausstattung: Nur 35 Prozent der Kommunen sind hier nach eigener Aussage gut oder sehr gut positioniert, bei den Kämmereien sieht es nur marginal besser aus. »Nötig sind jetzt vor allem Investitionen in technische Ausstattung und Infrastruktur um hier mit der Entwicklung Schritt zu halten«, so v. Jagow weiter. »Zudem muss die erforderliche innovative Grundeinstellung stimmen. Denn Digitalisierung bietet da Chancen, wo auch alt-etablierte Prozesse schneller, einfacher oder überflüssig gemacht werden können und die Begründung ‚das war schon immer so‘ keine Rechtfertigung mehr ist.«

Diese Selbstprüfung muss eine Verwaltung durchlaufen. Die Bereitschaft dazu ist auf jeden Fall bei vielen Verantwortlichen gegeben, auch wenn man immer wieder auf alte Zöpfe in der Praxis trifft: Internet-Explorer Versionen aus den 90er Jahren etwa oder kommunale Stellenausschreibungen für IT-Experten, die eine Bewerbung per Brief einfordern.

Digitale Marktplätze für Kommunen

Noch gibt es auch vergleichsweise wenig Abstrahleffekte aus den digital kompetenteren Kämmereien in die übrigen Bereiche der öffentlichen Verwaltungen. Als Treiber der Digitalisierung sieht sich laut der Studie derzeit nicht einmal die Hälfte von ihnen. »Dank der neuen digitalen Möglichkeiten könnte sich dies nun ändern, insbesondere der Trend zu Software-as-a-Service-Produkten und Online-Angeboten macht hier das Leben leichter. Die Verwaltung muss nichts installieren oder ins System einbinden, sondern nutzt Online-Services. Dies etablieren wir auch mit dem Fokus auf die kommunale Finanzbeschaffung«, erwartet CommneX-Gründer Carl v. Halem. »Mehr als die Hälfte der Kommunen in Deutschland prüft derzeit, Finanzierungsvorhaben künftig über digitale Marktplätze auszuschreiben. Damit folgen sie den 21 Prozent der Kämmereien, die diese moderne Form der kommunalen Finanzierung schon nutzen.«

 

[1] Kommunal-Barometer 2018: Die CommneX-Studie »Kommunal-Barometer 2018« beruht auf einer Anfang des Jahres abgeschlossenen Online-Befragung zum Thema Kommunalfinanzierung. Insgesamt nahmen 137 Kämmerer, Finanzentscheider kommunaler Unternehmen sowie Kommunal-Experten privater, öffentlich-rechtlicher und genossenschaftlicher Finanzinstitute daran teil. Die Studie wurde wissenschaftlich begleitet von Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachbereichs Unternehmensfinanzierung an der TU Darmstadt. Die Studie kann bestellt werden unter: https://www.commnex.de/kommunal-barometer-2018

 

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