Ein Plädoyer für Big-Data-Ombudsleute

Die Digitalisierung treibt ihre Blüten weltweit, teils wilde Blüten, teils originelle Ideen, oft mit dem Ziel des NBO (»next best offer«) im Endkundengeschäft. Einige Anwendungen können sinnvoll sein, wie beispielsweise Pflegeroboter, von denen es in Japan die ersten gibt. Angesichts des demografischen Wandels sollten diese Technologien auch hierzulande Fuß fassen. Scoring und Social Ranking auf der Basis großer Mengen personenbezogener Daten, wie jüngst aus China vermeldet, sind die weniger schönen Blüten der Digitalisierung, mit einem erheblichen Bedrohungspotenzial für die Freiheit des Individuums. Weltweit gilt es, den Nutzen von Datenanalysen und digitalen Geschäftsmodellen gegen den Schutz der Privatsphäre abzuwägen. Die Zukunft wird also aufgrund der Verfügbarkeit von Daten und der Lösungen zu deren Analyse nicht einfacher.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die diese Woche ihre volle Kraft entfalten wird, liefert einige allgemein gefasste Regelungen, die vor allem den Einzelnen schützen sollen. Damit Big Data und die DSGVO künftig Hand in Hand gehen und Unternehmen dennoch neue, digitale Geschäftsmodelle verwirklichen können, könnte die Etablierung von Ombudsleuten von Nutzen sein. Da dies nicht die Rolle der Datenschutzbeauftragten der Länder oder des Bundes sein kann, sind hier private Initiativen gefragt, mit denen Branchenverbände und Anbietervereinigungen unabhängige Ombudspersonen einsetzen.

Die Aufgaben der Daten- oder Digitalisierungs-Ombudsleute wären dementsprechend Transparenz, Akzeptanz, Vertrauen und im Streitfalle Vermittlung. Das impliziert, dass sich diese Personen in keinem Interessenkonflikt mit den beteiligten Unternehmen befinden dürfen. Diese Ombudspersonen könnten zudem die CIOs und Chief Digital Officers (CDOs) bei der Einholung juristischer Hilfe entlasten. CDOs könnten allerdings auch die Aufgabe des Ombudsmanns beziehungsweise der Ombudsfrau für andere Unternehmen eines Branchenverbands übernehmen.

Ähnlich den Ombudsleuten in der Versicherungsbranche liefern die Daten-Ombudsleute den Anwendern, auch aus Unternehmen, Informationen und übernehmen die Vermittlung in zweifelhaften Situationen. Das betrifft auch Situationen innerhalb von Unternehmen, wenn beispielsweise Fachabteilung, IT-Abteilung und der Betriebsrat unterschiedliche Auffassungen über die Machbarkeit eines Projekts haben. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn für eine Big-Data-Analyse zum Zweck besserer Qualitätsprognosen auch der Personalumlauf in einem Schichtsystem berücksichtigt werden müsste. Derzeit scheitern solche Analysen oft am Betriebsrat, weil die Daten eben auch zur datengetriebenen Kontrolle einzelner Personen missbraucht werden könnten.

Eine unabhängige Ombudsperson kann hier nicht nur vermittelnd und beratend mitwirken, sondern sogar über den Erfolg von Big-Data-Projekten, deren Akzeptanz bei Mitarbeitern und Unternehmen sowie die Vermeidung rechtlicher Fallstricke entscheiden. Die Ombudsleute sprechen mit den Betroffenen, »dolmetschen« den Zweck von Big-Data-Analysen (vor allem, wenn es sich um Personaldaten handelt). Indem sie die die Einwilligungen für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten verwalten oder zumindest kontrollieren sowie die Löschverfahren überwachen, unterstützen sie die zweckgemäße Speicherung und Verarbeitung der Daten – auch zur Einhaltung der DSGVO.

Holm Landrock, ISG, www.isg-one.com

 


 

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