Die Digitalisierung stellt Unternehmen vor immer neue Herausforderungen, ermöglicht aber auch nie dagewesene Chancen. CIOs, also die Gesamtverantwortlichen für die Ausgestaltung und Nutzung der Potenziale der Informationstechnologie, stehen in diesem Kontext vor der Herausforderung, nicht nur laufende Prozesse optimal zu unterstützen, sondern auch neue Potenziale und Herausforderungen zu adressieren. Wie und wie gut gelingt dies den CIOs? Welche Faktoren machen erfolgreich? Welchen Hintergrund haben CIOs und wie adressieren sie die Herausforderung? Diese Fragen untersuchte eine Studie der Hochschule Koblenz unter Leitung von Prof. Dr. Ayelt Komus aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften in Kooperation mit VOICE, dem Bundesverband der IT-Anwender e.V. [1]
Im Rahmen dieser Studie wurden 14 verschiedene Thesen analysiert. Sind die typischen CIOs männlich, alt und kommunikationsschwach? Treiben sie Innovationen voran oder hängen sie zu sehr im Tagesgeschäft fest? Müssen sie Informatik studiert haben? Während sich manche Vorurteile bestätigt haben, konnten einige im Rahmen der Studie widerlegt werden. Insgesamt zeigt die Studie CIOs, die selbstbewusst ihr Tätigkeitsfeld im gesamten Unternehmen und nicht mehr so zentral in der IT-Abteilung sehen. »Der CIO hat sich in den vergangenen Jahren vom Getriebenen zum Treibenden entwickelt«, betont Studienautor Dr. Ayelt Komus, Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik und Leiter des Labors für Business Process Management an der Hochschule Koblenz. Wie ausgeprägt dieser Effekt ist, sei aber stark unternehmens- und personenabhängig.
Dr. Bettina Uhlich, Vorsitzende des VOICE-Präsidiums und CIO des Spezialchemieanbieters Evonik, betrachtet die Ergebnisse der Studie auch als Aufwertung der IT in den Unternehmen: »Viele Unternehmen haben die zentrale Rolle von IT- und Digitalisierung verinnerlicht. Deshalb geben Sie ihrem CIO mehr Freiräume. Die werden genutzt, um neue Initiativen auf den Weg zu bringen und Innovationen zu etablieren.«
Eine Besonderheit der Studie besteht darin, dass sie sowohl die CIO- als auch die Unternehmensseite beleuchtet, um wichtige Erfolgsfaktoren im Lebenslauf von IT-Verantwortlichen im Top Management herauszuarbeiten. Auf dem Vergleich dieser beiden Perspektiven basieren die zentralen Ergebnisse der Studie: CIOs halten Führungsqualitäten und Personal Skills für erfolgskritischer als Technologie-, Betriebswirtschafts-, und Branchenverständnis. In Stellenausschreibungen sowie von Personalberaterinnen und Personalberatern werden allerdings häufig noch eher technisch ausgebildete und orientierte CIOs gesucht. Gleichzeitig macht die Untersuchung klar, das CIOs in der Tat hauptsächlich männlich und von ihrem Ausbildungshintergrund her eher technisch, mathematisch oder naturwissenschaftlich geprägt sind.
Die von Unternehmen nachgefragte und von den interviewten CIOs durchlaufene Ausbildung mit ihren Schwerpunkten im technischen Verständnis entspricht also nicht den aktuellen Anforderungen und den als wichtig eingestuften Kompetenzen, die CIOs und Unternehmen in dieser Funktion als erfolgskritisch betrachten. »Wenn dieser Disjunkt zwischen Ausbildungsschwerpunkten und Anforderungsprofil anhält, können viele CIOs den Erwartungen ihrer Unternehmen nicht mehr entsprechen«, betont Komus, der seit vielen Jahren als Vordenker zu agilen Methoden, Projektmanagement und digitaler Transformation gilt. Aus seiner Sicht ist es enorm wichtig, dass die Unternehmen zum einen konkretisieren, was sie von der CIO-Funktion erwarten, und zum anderen diese Erwartungen als Anforderungen in Stellenausschreibungen und beim Headhunter-Briefing formulieren: »Als wir mit den Personalberatern sprachen, drängte sich der Eindruck auf, dass Unternehmen, die noch nicht wissen, welche Digitalisierungsstrategie sie verfolgen, auch keine klaren Anforderungen an CIOs formulieren. Das sollten sie möglichst schnell ändern.«
[1] Der Studienbericht steht Interessierten kostenfrei zum Download unter www.process-and-project.net/studien sowie unter www.hs-koblenz.de/cio-studie zur Verfügung.