Fünf neue Innovationen für Industrie und Produktion durch 5G

Illustration: Absmeier, Pixabay

5G in der Industrie ist in Deutschland eng mit den Campusnetz-Projekten der großen Autobauer verbunden. Diese können zurecht als Pioniere auf dem Gebiet gelten, doch auch anderswo gibt es in Industrie und Produktion spannende Anwendungsszenarien für die Technologie. Dr. Thomas King, CTO bei DE-CIX, stellt fünf davon vor:

 

  1. Digitale Zwillinge

Bei einem digitalen Zwilling handelt es sich um das virtuelle Abbild real existierender Dinge wie Maschinen, Anlagen oder Produkte. Von anderen 3D-Modellen (beispielsweise in CAD) unterscheidet sich das Konzept dahingehend, dass es nicht statisch ist, sondern der aktuelle Zustand des analogen Objekts in quasi-Echtzeit gespiegelt wird. So können auch Parameter wie Auslastung, Abnutzung und Verschleiß im digitalen Modell erfasst werden. Dadurch ermöglichen die digitalen Zwillinge beispielsweise die vorausschauende Wartung und Instandhaltung von Maschinen. Mit diesem Konzept lassen sich Ausfallzeiten von Maschinen vermeiden oder zumindest stark reduzieren, da Verschleiß bereits erkannt werden kann, bevor es zum Defekt kommt. Ein weiteres vielversprechendes Anwendungsfeld für digitale Zwillinge liegt im Bereich der Lieferketten, wo dank digitaler Abbilder Engstellen besser erkannt werden können. Schätzungen zufolge werden bis 2027 über 90 Prozent aller IoT-Plattformen über Fähigkeiten zur Integration digitaler Zwillinge verfügen. 5G-Verbindungen bieten die Kapazität und geringe Latenz, die benötigt werden, um die großen Mengen an (Sensor-) Daten zur Echtzeitverarbeitung auszutauschen.

  1. Robotics as a Service

Die Automobilbranche war mit enormen Investitionen in automatisierte Produktionsanlagen ein Vorreiter bei Fabrikrobotern. Andere Branchen holen allerdings auf und der Bedarf der Technologie wächst. Allerdings sind für andere Branchen oft die Investitionshürden zu hoch. Das führt wiederrum zu einem zunehmenden Interesse an »Robotics as a Service« – ein Konzept, bei dem der Roboterhersteller die Maschinen nicht nur an ein Unternehmen vermietet, sondern sie auch aus der Ferne betreibt, überwacht und wartet. Für solche Anwendungsfälle ist Konnektivität mit hoher Bandbreite und geringer Latenz, wie sie 5G bietet, zwischen den Robotern in der Fabrikhalle und dem Rechenzentrum des Betreibers unerlässlich, damit Telemetriedaten sowie hochauflösende Bilder und Videos übertragen werden können.

  1. Fernwartung

Die deutsche Lufthansa war einer der Pioniere beim Aufbau eines produktiven 5G-Campusnetzes für ihren Geschäftsbereich Engine Services, den das Unternehmen bereits Anfang 2020 realisierte. Frühere Versuche mit WiFi-Technologie führten nicht zum gewünschten Ergebnis, da mangelnde Bildqualität keine präzisen Diagnosen erlaubte. Die größere Bandbreite und die geringe Latenz von 5G ermöglichten es, Kunden hochauflösende Fotos und Videos zur Verfügung zu stellen. Dadurch wurde Inspektion vom Schreibtisch aus ermöglicht, was sich in der Corona-Pandemie als wertvolle Alternative zur üblichen Vor-Ort-Inspektion erwies.

  1. Virtual und Augmented Reality

Ein weiterer Anwendungsfall bei Lufthansa ist ein Augmented Reality (AR)-Projekt zur Gestaltung von VIP-Innenräumen. Anwender können dabei verschiedene Möblierungen im virtuellen Raum erleben. Auch in der Automobilindustrie beginnt sich die Individualisierung durchzusetzen, beispielsweise bei Elektroautos, die mit unterschiedlichen Karosserieformen und Innenausstattungen versehen werden können. Diese Individualisierung wird durch virtuelle Realität (VR) unterstützt, die es Endkunden ermöglicht, das Design zu erleben und zu verändern. Die angepassten Karosserieteile werden anschließend durch additive Fertigung oder 3D-Druck hergestellt. Die VR-basierte Konfiguration erfordert eine Verbindung mit extrem hoher Bandbreite und geringer Latenz zwischen der Cloud oder dem Rechenzentrum des Unternehmens und den Kunden. Eine solche Hochleistungskonnektivität stand den Endnutzern bisher nur über Glasfaserverbindungen zur Verfügung. 5G wird entsprechende Leistungen auch über mobile Netzwerke zugänglich machen.

  1. Intelligente automatisierte Logistik

Laut den Analysten von Gartner sollen bis 2026 75 Prozent der größeren Unternehmen smarte Roboter in der Intralogistik einsetzen. Diese Maschinen müssen gesteuert werden und untereinander kommunizieren können. Dabei spielt 5G eine entscheidende Rolle. Noch größeren Einfluss wird die neue Verbindungstechnologie allerdings außerhalb der Firmengelände im Bereich der Lieferketten haben. 5G kann die Transparenz von Supply Chains verbessern sowie durchgehendes Tracking von Lieferungen gewährleisten. Eine weitere revolutionäre Entwicklung für die Logistik der Zukunft sind autonome Fahrzeuge, auch hier spielt die Konnektivität über 5G-Verbindungen eine entscheidende Rolle.

 

Fazit

So vielversprechend die Möglichkeiten von 5G in der Industrie auch sind, man muss eines bedenken: Die Campusnetzwerke für spezielle Anwendungsfälle können in der Regel nicht isoliert existieren, sondern müssen Daten mit Rechenzentren, anderen Standorten, Clouds und dem öffentlichen Internet austauschen. Dafür benötigen Unternehmen effiziente und sichere Konnektivitätsoptionen. Interconnection, also die direkte Zusammenschaltung verschiedener Netzwerke, an einem Internetknoten wie dem DE-CIX ist ideal, um 5G-Campusnetze mit dem eigenen Rechenzentrum, anderen Netzwerken oder der Cloud zu verbinden. Dadurch ist es möglich, das öffentliche Internet zu umgehen, um die Performance und Sicherheit bei der Direktverbindung zweier Netzwerke zu steigern. Für die multilaterale Vernetzung mehrerer Teilnehmer bietet sich eine sogenannte Closed User Group an, in der sich Netzwerke in einer sicheren Umgebung verbinden können.

 

Quelle: DE-CIX