Ganzheitliche Prozesse: BPM auf Basis intelligenter Integrationslösungen treibt die digitale Transformation voran

Illustration Absmeier foto freepik

Mittels Business Process Management (BPM) haben Unternehmen in der Vergangenheit aus Einzelaufgaben ganzheitliche, kundenorientierte Prozesse geformt und so die Effizienz ihrer Arbeitsabläufe substanziell verändert. Mittlerweile neigen sich die Zeiten, in denen Unternehmen ihre BPM-IT-Systeme ausschließlich funktional nutzen, jedoch dem Ende zu. Wer zukünftig wettbewerbsfähig bleiben möchte, sollte zusätzlich ein ganzheitliches Prozessverständnis entwickeln und bereit sein, innovative Technologien in seine Abläufe zu integrieren. Technologische Ansätze wie KI, RESTful-APIs, GRC, Green BPM oder No/Low-Code spielen dabei eine zentrale Rolle:

 

  1. KI und BPM: Wegbereiter datenbasierter Geschäftsmodelle

Künstliche Intelligenz (KI) ist aus der Zukunft des BPM nicht mehr wegzudenken. Momentan hauptsächlich noch im Bereich Process Mining, der datenbasierten Analyse von Prozessen, eingesetzt, werden KI-gestützte Anwendungen künftig auch in anderen Bereichen wie Prozessdesign, -automatisierung oder -optimierung eine entscheidende Rolle spielen. Im Bereich Prozessmodellierung generieren KI-Modellierer, beispielsweise sogenannte AI Modeler®, bereits dynamische, branchenspezifische Prozesse bis hin zu vollständigen Prozesslandschaften – ganz ohne menschliches Zutun und bei Bedarf gleich in mehreren Sprachen. Außerdem kann die KI als Copilot und strategischer Berater fungieren, Aktivitäten und Entscheidungspunkte vorschlagen und in Echtzeit personalisierte Empfehlungen zur Optimierung und Automatisierung von Prozessen liefern. Bei der Simulation von Prozessen und Szenarien unterstützt die KI Unternehmen bei der Berechnung von KPIs, um wirtschaftlich und strategisch sinnvolle Geschäftsentscheidungen abzuleiten. Auch bei der Analyse von historischen Daten kann die KI unterstützen. Mithilfe von maschinellem Lernen und Deep Learning identifiziert sie Abhängigkeiten und erkennt Muster.

Um sich noch gezielter auf die individuellen Strukturen, Datenquellen und Herausforderungen eines Geschäftsbereichs zu fokussieren, werden sich KI-Anwendungen und -Lösungen zukünftig verstärkt branchenspezifisch aufstellen. Die vertikal-spezialisierten Anwendungen werden auf Basis passgenau zugeschnittener Algorithmen in die datenbasierten Geschäftsmodelle integriert. Als Spielmacher und „Master of the Game“ wird es jedoch weiterhin in der Verantwortung des Menschen liegen, die Aufgaben für die KI in korrekter Weise zu definieren und ihre Ergebnisse so zu interpretieren, dass sie den Alltag nicht nur sicherer und nachhaltiger, sondern vor allem auch lebenswerter machen.

 

  1. RESTful APIs: Digitaler Klebstoff einer vernetzten Welt

Die digitale Welt kann nur dann zuverlässig funktionieren, wenn Produkte und Services nahtlos und ohne vorherige Anpassungen zusammenwirken und Daten sicher austauschen. Auch viele BPM-Prozesse setzen sich aus unterschiedlichen Softwarekomponenten und-diensten zusammen, beispielsweise bei No-Code/Low-Code-Automationen oder KI-Anwendungen. Den digitalen Klebstoff, der Daten, Anwendungen und Geräte im gesamten Unternehmen vernetzt und sie dazu bringt, miteinander zu kommunizieren, bilden sogenannte RESTful-APIs, kurz für Representational State Transfer Application Programming Interface (oder REST API). Sie beschreiben, wie sich ein Programm mit einem anderen verbinden und mit diesem kommunizieren kann. Im Gegensatz zu anderen API-Regelwerken bauen die webbasierten REST APIs auf bestehenden Systemen und Funktionen des Hypertext Transfer Protocol (HTTP) auf.

REST APIs lassen sich einfach durch Standard-HTTPS-Protokolle sichern. Bei Bedarf können Unternehmen zusätzlich noch Authentifizierungs- und Autorisierungsmechanismen implementieren und so den Zugriff auf Ressourcen steuern. Über eine einheitliche Schnittstelle zwischen den einzelnen Komponenten werden alle Informationen in standardisierter Form übertragen und Richtlinien und sonstige Praktiken in immer gleicher Weise implementiert.

Auch Automatisierungen lassen sich auf Basis von REST APIs durchgängig umsetzen, was nicht nur die Anzahl manueller Eingriffe, sondern auch das Potenzial für menschliche Fehler minimiert. Eine nahtlose Kommunikation und Aktualisierungen in Echtzeit sind jedoch nur dann möglich, wenn die REST APIs unternehmensweit in der gesamten IT-Infrastruktur implementiert sind und Anwendungen von überall und ohne Verzögerung auf Daten, Ereignisse und Aktionen zugreifen können. Die involvierten IT-Systeme fungieren dabei als externe Prozessbeteiligte und können die Prozessausführung jederzeit bei Bedarf initiieren, unterbrechen, fortsetzen oder beenden.

 

  1. BPM und GRC: Symbiose von Workflow und Compliance

Smarte Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen (ML) oder prädiktive Analytik verschaffen GRC (Governance-, Risiko- und Compliance-Rahmenwerk) zurzeit einen Innovationsschub. Unternehmen werden schon bald in der Lage sein, GRC-Risiken in ihren BPM-Anwendungen so früh zu erkennen, dass sie potenzielle Probleme identifizieren und in vielen Fällen auch beheben können, bevor sie überhaupt auftreten. Compliance-Anforderungen beispielsweise werden zukünftig direkt in BPM-Workflows eingebunden und automatisiert überprüft. Auf diese Weise minimiert sich das Risiko, dass wesentliche Vorschriften nicht eingehalten werden, das macht ein zeitaufwändiges Prozess-Monitoring weitgehend überflüssig.

Auditoren erhalten auf diese Weise einen schnelleren und leichteren Zugriff auf Prozessdaten und Compliance-Aufzeichnungen, was nicht nur die Berichterstattung an die Aufsichtsbehörden vereinfacht, sondern auch den Prüfungsprozess selbst. Aufgrund der integrierten Kennzahlen wird sich das Qualitätsniveau der Prozesse immer weiter verbessern. Unternehmen erhalten so eine zuverlässige und stabile Informationsbasis, die ihre datengestützten Entscheidungen treffsicherer und wettbewerbsfähiger macht.

 

  1. Green BPM: Nachhaltigkeit als Wirtschaftsfaktor

Nachhaltigkeit gehört für Unternehmen inzwischen zum Pflichtprogramm und wird auch vom Gesetzgeber eingefordert. Die Nachhaltigkeitsberichtspflicht beispielsweise fordert ab 2024 von immer mehr Firmen und Organisationen, Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft zu übernehmen. Ein grünes Prozessmanagement, kurz Green BPM, das sich auf die Schaffung ökologisch nachhaltiger Prozesse konzentriert, bietet Firmen und Organisationen einen sinnvollen und strukturierten Rahmen, um nachhaltige, insbesondere umweltfreundliche Geschäftsprozesse zu identifizieren, zu bewerten und zu optimieren. Unternehmen, die Green BPM nahtlos in vorhandene BPM-Systeme integrieren wollen, sollten vor der Implementierung sicherstellen, dass sämtliche Prozesse, Strukturen, Lieferantenbeziehungen und sonstige interne Anforderungen den gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsaspekten und -vorgaben entsprechen.

Im Grunde unterscheidet sich das grüne Prozessmanagement nicht so sehr von eingeführten Geschäftsprozessen. Es durchläuft die gleichen fünf Phasen des BPM-Lebenszyklus, nur dass grüne Prozesse mit jeder Phase stärker auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit ausgerichtet werden. Durch speziell konfigurierte Nachhaltigkeits-KPIs (Key Performance Indicators) in Phase zwei ist es beispielsweise möglich, den Erfolg von Nachhaltigkeitsmaßnahmen präzise zu messen und zu bewerten. Der Energie- und Wasserverbrauch lässt sich durch Festlegen von maximalen Abgabemengen und minimalen Verbleibmengen genau kontrollieren. Und Emissionen können durch das Definieren energieeffizienter Prozesswerte niedrig gehalten werden, was sich unter anderem positiv auf den CO2-Fußabdruck auswirkt.

Green BPM ermöglicht zudem eine umfassende Betrachtung aller im Unternehmen eingesetzten Prozesse und vereinfacht so das Erstellen von Nachhaltigkeitsreports, das Nachweisen für Emissions- und Ressourcenverbrauch und das Durchführen von Risikoanalyse oder Kostenabschätzung von Projekten. Durch den nachhaltigen Ressourcenverbrauch, die ökologisch effizienten Prozesse und das unkomplizierte Reporting wird es möglich, Unternehmen mittelfristig so umzugestalten, dass sie Kosten sparen, ihre Effizienz steigern und gleichzeitig die Umwelt schützen.

 

  1. BPM und No-/Low-Code: Prozessautomatisierung ohne Programmierkenntnisse

Integrierte BPM- und No-Code/Low-Code Plattformen kommen weitestgehend ohne Programmierung aus. Sie erlauben Mitarbeitenden sämtlicher Abteilungen ihre Prozesse mit intuitiven Drag-and-Drop-Tools und ohne besondere Programmierkenntnisse selbst zu automatisieren. Da die automatisierten Anwendungen nahezu parallel zur Spezifikation der Anforderungen entstehen, reduzieren sie die Durchlauf- und Bearbeitungszeiten von Geschäftsprozessen erheblich und beschleunigen die Time-to-Market signifikant. Vor allem repetitive Tätigkeiten wie die Freigabe von Dokumenten, das Prüfen von Rechnungen oder die Anlage von Stammdaten lassen sich mit wenigen Mausklicks automatisieren.

Anders als No-Code kann die Low-Code-Technologie auch eine tiefe Integration mit Drittsystemen eingehen, wobei die einzelnen Systeme über REST APIs miteinander kommunizieren. Low-Code unterstützt komplexe Ende-zu-Ende-Prozesse ebenso wie robotergesteuerte Automatisierungsprozesse (RPA) oder Human Centric Workflows, bei denen menschliche Tätigkeiten und automatisierte Funktionen eine perfekte Symbiose eingehen. Low-Code-Plattformen sind vielseitig einsetzbar und können IoT-fähige Apps ebenso bauen wie bestehende Legacy-Systeme ersetzen oder erweitern. Damit gilt die Low-Code-Technologie zurecht als Motor der Digitalisierung. Laut Gartner werden »bis 2025 70 % der von Unternehmen entwickelten neuen Anwendungen Low-Code- oder No-Code-Technologien verwenden, gegenüber weniger als 25 % im Jahr 2020, während die Ausgaben für Low-Code-Entwicklungstechnologien voraussichtlich auf fast 30 Mrd. US-Dollar ansteigen werden, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 20,9 % von 2020 bis 2025« (Wong, J. und Davis K, 2022).

 

Ein Marathon – kein Sprint

Unternehmen werden ihre Wettbewerbsfähigkeit in den nächsten Jahren nur aufrechterhalten können, wenn sie ihre Prozesse automatisieren und mit geeigneten Maßnahmen, Strategien und Ansätzen auf neue Situationen und Anforderungen reagieren können. Nur wer den kulturellen Paradigmenwechsel akzeptiert, der mit der digitalen Transformation einhergeht, wird moderne und effiziente BPM-Prozesse etablieren können, welche die digitale Transformation voranbringen. Eine derartige Veränderung braucht jedoch Zeit. Sie gleicht einem Marathon und ist mit Sicherheit kein Sprint, der mit der Einführung eines BPM-Tools endet.

Gregor Greinke, CEO der GBTEC Software AG