Effektives multikulturelles Projektmanagement schafft behutsam Standards und beachtet Sitten und Gebräuche aller Projektteilnehmer gleichermaßen: Um die Herausforderungen für Management und Führung von Projekten mit Teams zu meistern, in denen Mitglieder unterschiedliche kulturelle Hintergründe haben, ist fundiertes Wissen über Regeln der Regionen und Kulturen nötig. Dies geht zum Teil weit über theoretisches Wissen um Methoden des Projektmanagements an sich hinaus.
Werden die speziellen Anforderungen beachtet und ein gemeinsames Set von Abläufen und Tools erarbeitet, bietet multikulturelles Projektmanagement großes Erfolgspotenzial. Interkulturelle Kompetenz, Verständnis und Offenheit für unterschiedliche Standards, Wissen über Land und Leute mit ihren individuellen Werten sowie flexible, interdisziplinäre Kommunikation sind Basis für erfolgreiche Arbeit multikultureller Teams. Werden Missverständnisse frühzeitig ausgeräumt, das Vorgehen klar kommuniziert und Probleme vermieden, gelingt die Herausforderung, kulturelle Unterschiede als Stärken im Sinne des Projekterfolgs zu nutzen und ein im Team einheitliches Verständnis und Vorgehen zu schaffen.
Das Potenzial multikultureller Teams ist enorm und kann wesentlichen Anteil für den Erfolg eines Projekts haben. Die facettenreiche Mischung unterschiedlicher Fähigkeiten und spezifischer Sichtweisen ermöglicht neue Zugänge und Perspektiven für Projekte. Professionelles Management entscheidet maßgeblich über das Gelingen multikultureller Projekte. Nachdem ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten des Projektmanagements geklärt wurde, ist der komplette Prozess mit den einzusetzenden Methoden und Instrumenten, sprich der Plan für das Vorgehen im Projekt anzupassen.
Schon bei der Zusammenstellung multikultureller Teams muss genau auf die Gegebenheiten in den Herkunftskulturkreisen geachtet werden. Benötigte Skills und Teamgeist müssen gleichermaßen gewährleistet sein, was insofern eine Herausforderung darstellt, da es auch regional unterschiedliche Auffassungen von benötigten Fähigkeiten und Kompetenzen gibt. Ebenso oft machen verschiedene Standards in der Ausbildung eine Vergleichbarkeit und somit die Bildung funktionaler multikultureller Teams schwer. Zudem benötigt es in erster Linie Erfahrung, um multikulturelle Projekte erfolgreich zu machen. Es gibt Methoden des Projektmanagements, zu denen je nach Land und Kulturkreis andere Erwartungen existieren, was zu Problemen führen kann. Aber unerheblich, um welche Art Projektmanagement es geht, die Theorie der Standardmethoden zu kennen, reicht beileibe nicht. Eine noch so glänzende theoretische Ausbildung ersetzt keine praktische Erfahrung, die unbedingt nötig ist.
Gemeinsame Standards für Zusammenarbeit schaffen
Arbeiten Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammen, stellt das alle Beteiligten vor Herausforderungen. Schon allein die Vorstellungen von Projektmanagement unterscheiden sich gravierend von Land zu Land. Daher ist Grundvoraussetzung für eine funktionierende Zusammenarbeit und den Projekterfolg, dass diese speziellen Bedingungen erkannt und entsprechend einbezogen werden. Je nach Land und Region existieren so etwa unterschiedliche Erwartungen an Zusammenarbeit und Leitung. Projektverantwortliche und Mitarbeiter sollten daher unbedingt in typischen Problemfeldern wie Unterschieden in der Erwartungshaltung erfahren sein. Denn bereits zu maßgeblichen Aspekten wie Zeitplanung, Planungsvorgängen und Berichtswesen haben Mitglieder multikultureller Teams unterschiedliche Erwartungen. Bei der Organisation solcher Projekte gilt es, darauf zu achten, Mitarbeiter einzusetzen, die mit ihrer Erfahrung als Brückenkopf in die jeweilige Kultur fungieren und sozusagen als Schnittstelle dienen, Strukturen erkennen und darauf aufbauend eine verlässliche Basis schaffen.
Ebenso stellen Angehörige verschiedener Kulturkreise unterschiedliche Erwartungshaltungen an die Projektleitung. Um Fehler so gut wie möglich zu vermeiden, muss der Projektleitung genügend Kompetenz zugestanden werden, um den Komplexitätsgrad multikultureller Projekte mit ihren Mentalitätsunterschieden im Team, kulturellen Unterschieden im Kommunikationsverhalten und grundsätzlich anderen Auffassungen in der Umsetzung von Projektzielen erfolgreich stemmen zu können. Wenn bewährte und gelehrte Prinzipien der Projektabwicklung bei multikulturellen Teams Anwendung finden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Projektteilnehmer der Standardlogik entsprechend denken und handeln. Vorhandene Standards müssen an die kulturellen Rahmenbedingungen angepasst werden. Das unterschiedliche Regelverständnis betrifft so elementare Dinge wie den Umgang mit Hierarchie, Arbeitsethik und Pünktlichkeit. Je nach Kultur wird ein Plan entweder klare Vorgabe oder eben auch nur als Richtlinie aufgefasst. Alltägliche Abläufe und Details sind ebenso betroffen wie die Frage, ob Meetings pünktlich zur vereinbarten Uhrzeit starten oder mit einer akademischen Viertelstunde Kulanz.
Andere Länder – andere Einstellungen
Auch Auffassungen von Erfolgsmaßstäben variieren je nach Kulturkreis. Während ein Projekt, das nicht zum zuvor definierten Ziel führt, in einigen Regionen der Welt einem Scheitern gleichkommt, machen Menschen aus anderen Gebieten den Projekterfolg nicht so sehr an formalen Bedingungen fest. Vielmehr herrscht dann dort die Einstellung, dass auch aus Projekten, die sich festgefahren haben, noch Potenzial für ein dann neu zu definierendes Ziel besteht. Überhaupt unterscheiden sich je nach Land und vorherrschender Kultur die Einstellungen gegenüber Risiken. Im Extrem steht »Trial and Error« so dem Nullrisiko-Ansatz gegenüber. Die Vorstellung, ein zu großes Risiko einzugehen, sorgt in vielen Kulturen für Unruhe. Für Projektmanager muss daher gelten, die jeweiligen kulturbedingten Einstellungen konstruktiv in das Projekt einzubeziehen.
Dabei kann allerdings schon eine unsaubere Übersetzung der Sprache im sozialen Miteinander zu Problemen führen. Denn so kann ein Satz, der freundlich gemeint ist, in anderer kulturellen Umgebung Missstimmung auslösen. Wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammenarbeiten, kann aufgrund dessen immer Potenzial für Konflikte entstehen. Zumal die Gruppenbildung innerhalb eines Teams häufig über ethnische Aspekte und Religionszugehörigkeit funktioniert. Projektmanager müssen diese Sondersituation im Blick behalten und die Teambildung aktiv steuern.
Eine zentrale Herausforderung für multikulturelles Projektmanagement sind ebenso die vielfältigen Unterschiede in Sozialstrukturen und Sozialkultur sowie zwischen Ländern, Kontinenten und Regionen oder zwischen sozialen und ethnischen Gruppen. Bei mangelndem Verständnis füreinander kann schnell eine von gegenseitigem Misstrauen geprägte Grundstimmung entstehen. Unterschiedliche Rollenbilder, Lebensstile, Umgangsformen, voneinander abweichende Weltanschauungen und Hierarchieverständnisse, allgemein der Einfluss kultureller Prägungen müssen auf einen »gemeinsamen Nenner« gebracht werden. Instrumente dafür sind beispielsweise ein einheitlich festgelegter Sprachgebrauch, ein Glossar, das als Projektstandard gefunden werden muss, das sich den Regeln der multikulturellen Gruppenmitglieder anpasst und ein gemeinsames, formalisiertes Berichtswesen. Elementar ist also eine konstruktive, alle Kulturen einbeziehende Kommunikation im Vorfeld eines Projekts, da sonst ein Projekterfolg daran scheitert, dass sich die Teams nicht miteinander unterhalten oder sogar innerhalb der Teams keine offene Kommunikation besteht.
Bewusstsein für kommunikative Unterschiede schaffen
Ob es kulturelle und ethnische Akzeptanz von Hierarchien betrifft, das Feedback-Verhalten oder den Umgang mit Freiraum in der Arbeit: In multikulturellen Teams ist – neben Sachverstand und einem gemeinsamen Glossar – vor allem empathisches Vorgehen und Kommunizieren gefragt, sowie eine dem jeweiligen Kulturkreis angepasste verbale Interaktion und Gestik. Bei Konflikten ist der direkte Weg nicht immer der beste, in einigen Kulturen ist das Gegenteil der Fall. Eskalationskultur muss sich am Umfeld orientieren. So möchten Personen bestimmter Kulturkreise lieber im Hintergrund stehen und bei Problemen nicht direkt angesprochen werden. In einigen Ländern ist es üblich, nicht einmal dem Mitarbeiter selbst Fehler direkt zu melden, sondern ihm durch indirekte Kommunikation höflich zu signalisieren, sodass sich dieser mittelbar angesprochen fühlt. Eine Rückmeldung muss in diesen Fällen sanft und eher diffus formuliert sein, um die Mitarbeiter nicht abzuschrecken. Sonst werden Projektergebnisse oder -schwierigkeiten nicht transparent und führen zu einer falschen Einschätzung der aktuellen Situation. Führungskultur und Feedback-Verhalten müssen prinzipiell klaren Leitlinien folgen. Auch den Teilnehmern multikultureller Meetings muss vermittelt werden, was andere Projektteilnehmer erwarten, um falsche Interpretationen zu vermeiden.
Mehr Anweisung? Mehr Selbstständigkeit?
Die Frage, wie viel Freiraum Mitarbeiter brauchen oder wie selbstständig sie arbeiten, beantwortet sich für die Projektleitung häufig als in der jeweiligen Kultur verankerter Standard. Während Angehörige der einen Kultur mit Freiraum gut klarkommen, brauchen andere täglich klare Vorgaben, was zu tun ist. Dies gilt es in der Planung bereits zu berücksichtigen, die sich ebenso in den verschiedenen Regionen der Erde unterscheidet. Während mancherorts bis maximal eine Woche in die Zukunft geplant wird, strukturiert das Büro am anderen Ende der Welt präzise auf zwei Jahre im Voraus jeden einzelnen Tagesablauf: Ein 100-Prozent-Ansatz steht der 80-Prozent-Erfolg-genügt-Mentalität gegenüber und kurzfristiger Erfolg dem Wunsch nach langfristigem. Auch da kann es in multikulturellen Teams schnell zu Reibungen kommen. Häufig muss durch die Projektleitung geklärt werden, ob auftauchende Probleme in der jeweiligen Person begründet liegen oder die Ursachen in einem kulturell bedingten anderen Verständnis der Lage und unterschiedlichen Verhandlungs- und Entscheidungsstilen zu finden sind. Präventivstrategien auf Basis entsprechender Erfahrungen sollten erarbeitet und dokumentiert werden. Während die Eskalation für viele Kulturen so negativ belastet ist, dass sie ignoriert wird, halten sich andere an den dafür vorgesehenen Ablauf und planen Eskalation ein. In manchen Ländern läuft die Eskalation sogar ins Leere und wird erst durch das Eingreifen einer Respektsperson, einer »grauen Eminenz« gelöst.
Fazit: Kommunikation als Kitt zwischen den Kulturen
Interkulturelle Kompetenz, also die Fähigkeit, angemessen, offen und flexibel mit Angehörigen fremder Kulturen zu interagieren, ist für das Projektmanagement mit multikulturellen Teams zwingend nötig. Anerkennung und Respekt, jedoch auch die Fähigkeit zur Anpassung sind nötig, um die jeweils andere Perspektive zu verstehen. Kulturelle Unterschiede wirken sich auf alle Parameter eines Projekts und somit auf seinen Erfolg aus, sie können neue Möglichkeiten erschließen, aber auch Schwierigkeiten heraufbeschwören. Kommunikation in Projekten ist natürlich generell wichtig; aber fachlich effiziente und effektive sowie sozial verbindende Strukturen festzulegen, kommt in multikulturellen Teams eine noch größere Bedeutung zu. Ihr Gelingen ist elementar für erfolgreiche Projektabwicklung, weshalb häufige und regelmäßige Meetings in multikulturellen Projekten praktisch unerlässlich sind. Zahlreiche Probleme ergeben sich im Austausch per Mail, Telefon oder persönlich auch dadurch, dass Kommunikationsprobleme mit Inkompetenz gleichgesetzt werden oder dass wichtige Informationen wegen sprachlicher Defizite gar nicht erst mitgeteilt werden.
Grundlegende Projektmanagement-Prozesse und -Tools festzulegen und eindeutige Kommunikation zum gemeinsamen Projektvorgehen zu vereinbaren, sind Basis für gelungene Zusammenarbeit in multikulturellen Projekten. Projektmanagern stellt sich die Aufgabe, die Dynamik multikultureller Teams aktiv und konstruktiv zu fördern und das Zusammenspiel unterschiedlicher Kulturen, Bildungsstandards und Charaktere so zu unterstützen, dass Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern und Wertesystemen eine gemeinsame Sprache finden und für das Ziel des Projekterfolgs ihre Fähigkeiten gewinnbringend einsetzen. In kritischen Projektsituation sollten die kulturellen Unterschiede als nicht so offensichtliche Problembereiche bedacht werden und in die Lösung mit einbezogen werden. So verwandeln sich kulturbedingte Unterschiede in Chancen, die Erfolg in allen Projektphasen ermöglichen.
Jörg Kunze, Senior Manager DARCBLUE AG
www.darcblue.com
Projektsteuerung in Echtzeit: Warum integrierte Systeme im Projektmanagement mehr leisten
Projektmanagement: Erfolgsgaranten für einen gelungenen Projektstart
Projektmanagement: Ressourcenmanagement und Kapazitätsplanung
Die sieben Best Practices für ein effektives Projektmanagement