Innovationsmanagement und Prozessmanagement – Zwei unterschiedliche Planeten oder Seiten derselben Medaille?

Wie können die Managementprozesse einer Organisation so transparent organisiert werden, dass die Innovationen, die die Zukunft des Unternehmens sichern sollen, wirklich entstehen?

Das Management von Geschäftsprozessen wird man normalerweise nicht mit »Innovationen« zusammenbringen. In der Tat: Strategie- und Innovationsprozesse sind häufig weniger strukturiert dokumentiert, oft stiefmütterlich behandelt. Nicht dass sie nicht wichtig wären, aber vielleicht weiß man auch nicht, ob und wie man sie messen und steuern kann oder soll.

Sinnvoll ist daher eine vorangegangene Klärung im Unternehmen, mit welchen Zielen und welchem erwarteten Nutzen Prozesse überhaupt dokumentiert, gesteuert und verbessert werden sollen. Da gibt es eine eher strategische und eine eher operative Sichtweise.

Strategisch werden alle Prozesse definiert und weiterentwickelt, die für die Umsetzung des Geschäftsmodells essenziell sind und mit eindeutigen Verantwortlichkeiten und Schnittstellen vernetzt aufgebaut und weiterentwickelt werden müssen. Die operative Sichtweise fokussiert dagegen auf die konkrete Steuerung der Prozessdurchläufe und das Optimierungspotenzial innerhalb der Prozesse, damit dienen Ressourceneinsatz, Häufigkeit und Fehlerkosten als wesentliche Priorisierungskriterien.

Das Innovationsmanagement (IM) und dessen Prozesse werden eher in der ersten Sichtweise betrachtet. Es muss sich nicht direkt auf die eigenen Kunden, sondern auf potenziell vermarktungsfähige Ergebnisse fokussieren. Ein wirksames operatives Geschäftsprozessmanagement (GPM, oder auch BPM für Business Process Management) dagegen soll vor allem die aktuellen Kunden zufriedenstellen und gleichzeitig Wirtschaftlichkeit, Stabilität und Compliance sicherstellen. Beim Management von Innovationen dagegen geht es um die langfristige Überlebensfähigkeit des Unternehmens, um neue Produkte und Lösungen, die man möglichst schon frühzeitig in der Pipeline hat.

So könnte die Aufgabe für einen externen BPM-Berater lauten, wie man helfen kann, auch die Managementprozesse des Unternehmens möglichst so transparent zu organisieren, dass auch die Innovationen, die die Zukunft des Unternehmens sichern sollen, wirklich entstehen? Auch hier kann man den Prozess der Innovationen mit den Beteiligten beschreiben, optimieren und steuern, als Kreativprozess allerdings auf einer gröberen und prinzipiellen Ebene, die nicht versucht, einen vielschichtigen und immer wieder etwas anders laufenden Kreativprozess detailliert zu fesseln.

Das Potenzial des BPM im Innovationsmanagement liegt also nicht darin, den Prozess des Innovationsmanagements im Detail beherrschbar zu machen, denn welche Innovationen kann man beherrschen, ohne sie zu erdrücken? Da der Innovationsprozess eine eigene Freiheit beansprucht, muss er generischer beschrieben sein, mit gröberen Vorgaben als ein normaler operativer Prozess. Im Innovationsmanagement gibt es je nach Modell Stufen oder Meilensteine, die wichtig sind. Die Devise lautet immer: So übersichtlich und verständlich wie möglich und nur so fein wie für die Durchführung zwingend erforderlich. Es können sowohl fein definierte Vorgänge als auch grob definierte Abschnitte in einem Prozess vorkommen. Oder ganze Prozesse können gröber, andere dagegen sehr fein ausgeprägt sein. Es hängt sowohl von der Zielgruppe und deren Wissensstand als auch vom Hauptzweck der Prozessmodellierung ab. Ein Prozess für ein gut und homogen ausgebildetes Team fokussiert auf Prinzipien und Zusammenhänge. Ein Prozess für ständig wechselnde und sehr unterschiedlich ausgebildete Teammitglieder vermittelt auch Details zur Durchführung. Das gilt ebenfalls für Prozesse, die eine Grundlage für die IT-Umsetzung und das anschließende Testing bilden.

Kreative Prozesse mit Design Thinking. Wenn heute jemand über kreative Prozesse spricht, denkt niemand an auf operative Exzellenz und Kundenfokus ausgerichtete Methoden des BPM, mit denen man durch Abstimmung, Modellierung und Verbesserung der Prozesse Transparenz und wirtschaftlichen Kundenfokus ins Unternehmen bringen kann. Stattdessen werden dort häufig Methoden wie Design Thinking eingesetzt. Es geht nicht um die Verbesserung von Bestehendem, sondern um Innovationen, die vorher noch nicht da waren. Das erste I-Phone beispielsweise brachte eine komplett neue und andere Art, ein Telefon mit vielen weiteren Apps smart zu bedienen. 

Methoden wie Design Thinking helfen dabei, kreatives Potenzial in einem gemischten Team strukturiert zu entfalten. Insofern ist das Vorgehen sehr wohl prozesshaft beschreibbar. Das trifft auch für die nachfolgenden, heute häufig agilen Entwicklungsprozesse zu, die aus innovativen Ideen Prototypen, herstellbare Produkte und Lösungen machen.

Statt detaillierten Aufgaben werden die Rollen, Prinzipien, Phasen und Iterationen dargestellt, die dann selbstorganisiert, etwa als Scrum-Team messbare Prozessergebnisse in den Reviews nach jedem Sprint »abliefern«.

Abbildung 1 verdeutlicht, wie Scrum in den Gesamtprozess der agilen Softwareentwicklung eingebunden ist und welche Schritte verpflichtend durchlaufen werden.

 

Abbildung 1: Software mit Scrum agil entwickeln.

 

»Es ist ein Vorurteil, BPM sei für kreative Prozesse ungeeignet, es kommt auf das Ziel und die Flughöhe an«, erläutert Kai Krings, CEO bei der intellior AG. »Klare Ziele, Verantwortlichkeiten in Form definierter Rollen im Prozess und für den Prozess, bewährte Methoden und Werkzeuge sowie messbare Ergebnisse sind auch für Kreativprozesse wichtig, damit Innovationen mit Marktpotenzial und Vorsprung vor den Marktbegleitern entstehen.«

Nun stört es wahrhaftig keinen großen Geist, sich die Frage gefallen zu lassen, wer denn verantwortlich für die Innovationsprozesse im Unternehmen sei. Wer hat die Führungsrolle? Welche Werkzeuge sind im Gebrauch, etwa der Design-Thinking-Werkzeugkoffer oder anderes, was sich um »wimmelnde« Ideen kümmert, indem es zwar im Allgemeinen ummantelt, aber Freiheiten für das kreative Handeln lässt?

Innovative Werkzeuge werden in ihrem prozessualen Zusammenhang grob definiert. Was die Kreativen daraus machen, ist dann »gelebtes agiles Arbeiten«, so Krings. »Wie man es tut, ist im Prozess nur sehr generisch dokumentiert – als Nachschlagewerk für Neueinsteiger, die Rollen, Verantwortlichkeiten und Werkzeuge schnell finden wollen.« So bettet sich das reguliert modellierte Innovationsmanagement in die Prozessketten des Unternehmens mit klaren Zielen und Übergabepunkten ein. 

Wege zur Realisierung. Es folgt die spannende Frage: Wie kommt die Innovation eigentlich und letztlich ins neue Produkt? Wie wird das Ergebnis des Innovationsprozesses weiterverarbeitet und verwendbar? Das geschieht so, dass das (innovative) Ergebnis an einen Folgeprozess weitergegeben wird. Es wird ein Bewertungsprozess angestoßen, der die Fragen beantwortet: Was bringt uns diese Innovation, wenn wir sie denn umsetzen und realisieren? Wie passt sie ins Portfolio oder erweitert sie dieses? Investiert das Unternehmen nun konkret in eine Patentanmeldung? Das sind Folgeprozesse in der Produktentwicklung ebenso wie die Prozesse, wie man die Innovationen vermarkten kann.

Die BPM-Suite Aeneis der intellior AG ist ein Werk-
zeug, das die unterschiedlichen Perspektiven und Zielgruppen im BPM effektiv unterstützt. Dazu gehören auch innovative dynamische Visualisierungen, die helfen, einfacher und schneller Erkenntnisse aus vorhandenen Daten zu bekommen, überhaupt sichtbar zu machen. Dadurch wird dem Nutzer geholfen, Zusammenhänge einfacher und schneller zu begreifen, systemischer zu denken. Innovationsmanagement und Geschäftsprozessmanagement – so gesehen ein beiderseits kreatives Feld für gute, gemeinsame Spielpartien.

Intellior bietet für das systematische Verbessern auch eine KVP-Erweiterung, eine ebenfalls an den Unternehmensprozessen orientierte Unterstützung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Hierbei ist ein anpassbarer Workflow zur Einordnung und Beurteilung von Mitarbeiterideen integriert und digitalisiert die Sammlung und Auswertung von Ideen bis hin zur Umsetzung. Und dabei kann es auch Ideen geben, die dann wieder zu Innovationen führen. 

Eine schöne Wechselwirkung von Prozessorientierung, kontinuierlicher Verbesserung mit Fokus auf Kunden, aber auch Mitarbeitende und Innovationen.

 


Dr. Klaus Neugebauer (l.) unter Verwendung eines Presse­gesprächs mit
Dr. Kai Krings, Vorstandsvorsitzendem der intellior AG

 

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