Low-Code: Mehr Effizienz im Einzelhandel und Gesundheitswesen

Illustration Absmeier foto freepik

Das Gesundheitswesen und der Einzelhandel haben aktuell mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Digitale Transformation, Datenschutz, Ärztemangel und Kostendruck führen zum Beispiel im Gesundheitswesen zu vielen Problemen. Der Einzelhandel hat hingegen häufig mit Lieferketten, der Integration von künstlicher Intelligenz (KI), dem Nachhaltigkeitsaspekt und der Online-Konkurrenz zu kämpfen. In unserer schnelllebigen Welt sind Flexibilität, Effizienz und Anpassungsfähigkeit von entscheidender Bedeutung – besonders in der IT. Hier kommt die Low-Code-Entwicklung ins Spiel. Die Technologie ermöglicht es Unternehmen, sich schnell und flexibel an sich ändernde Anforderungen anzupassen, bestehende Systeme mit neuen Softwarelösungen nahtlos zu integrieren sowie die Entwicklung von neuen Applikationen zu beschleunigen – ein kraftvolles Werkzeug, das die End-to-End-Transformation von Unternehmen maßgeblich vorantreibt.

 

Die Rolle von Low-Code bei der End-to-End-Transformation von Unternehmen

Die End-to-End-Transformation ist in der Geschäftswelt von entscheidender Bedeutung, insbesondere in Branchen wie dem Gesundheitswesen und dem Einzelhandel. Sie umfasst die vollständige Neugestaltung von Geschäftsprozessen mit dem Ziel, die Effizienz zu steigern und bessere Ergebnisse zu erzielen. Low-Code ist ein Ansatz zur Softwareentwicklung, der es ermöglicht, Anwendungen mit minimalem Programmieraufwand zu erstellen. Die visuelle Natur von Low-Code-Plattformen bietet eine benutzerfreundliche Umgebung, in der sowohl Fachanwender als auch Entwickler zusammenarbeiten können, um maßgeschneiderte Lösungen zu schaffen. Dadurch wird die Entwicklungszeit erheblich reduziert und die Time-to-Market für neue Anwendungen verkürzt. Doch die Rolle von Low-Code geht weit über die Beschleunigung der Entwicklungszeit hinaus. Sie kann dazu beitragen, die Betriebsabläufe effizienter und agiler zu gestalten. Dies ermöglicht Unternehmen, ihre Prozesse zu optimieren, Ressourcen besser zu nutzen und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen im Gesundheitswesen und Einzelhandel mithilfe von Low-Code ihre digitalen Transformationsbemühungen beschleunigen können. Im Gesundheitswesen wird Low-Code unter anderem dafür genutzt, um individuelle Patientenverwaltungssysteme zu erstellen, um Medikamente besser zu verwalten oder um die Patientenkommunikation durch spezielle Apps zu verbessern. Im Einzelhandel kann Low-Code ein echter Game-Changer sein, um beispielsweise eine Anwendung zur Lagerverwaltung zu erstellen, ein benutzerdefiniertes CRM zu entwickeln oder eigene Loyality-Programme digital zu unterstützen bzw. zu entwickeln. All das trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit in diesen dynamischen Branchen zu erhöhen und die Bedürfnisse von Patienten und Kunden effektiver zu erfüllen.

 

Bereits etablierte Anwendungen im Einzelhandel und im Gesundheitswesen

Verbesserung der Customer Experience

Low-Code-Technologien spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Customer Experience. Durch schnelle Entwicklung maßgeschneiderter Anwendungen können Unternehmen agil auf sich ändernde Kundenbedürfnisse reagieren, was wiederrum eine rasche Einführung innovativer Lösungen und eine kontinuierliche Optimierung der Kundenerfahrung fördert. Beispiele hierfür sind mobile Apps zur Produkt- oder Dienstleistungsbestellung, Online-Kundenkonto-Registrierungen und Self-Service-Portale für diverse Kundenanfragen. Ein weiterer Schlüssel zur Verbesserung der Customer Experience ist die Personalisierung.

Workplace Innovation

Unternehmen können dank Low-Code-Plattformen maßgeschneiderte Anwendungen für ihre Mitarbeiter schneller entwickeln. Diese Anwendungen sind besonders benutzerfreundlich, da sie eine intuitive und individualisierte beziehungsweise rollenbasierte Benutzeroberfläche bieten.

Weitere Schlüsselmerkmale von Workplace Innovation durch Low-Code sind die einfache Automatisierung von Prozessen und die schnelle Integration von bestehenden Systemen. Unternehmen können Mitarbeiteranwendungen schaffen, die bestehende Core-Systeme wie ein ERP, spezifische HR-Software oder zum Beispiel ein CRM integrieren, um so sehr spezifische Prozesse über Systeme hinweg zu adressieren und einen Wechsel von prozessorientierten hin zu user-zentrierten Anwendungen zu schaffen. Beispiele für mitarbeiterbezogene Applikationen im Gesundheitswesen oder im Einzelhandel sind die Schaffung von Intranet-Portalen bzw. dem digitalen Arbeitsplatz oder das Entwickeln von Patienten-Dashboards.

Prozess-Automatisierung

Prozess-Automatisierung kann mithilfe von Low-Code grundlegend beschleunigt werden. Kombiniert mit visueller Modellierung und vordefinierter Komponenten definiert es die Entwicklung automatisierter Abläufe neu und spart somit wertvolle Zeit und Ressourcen. Die Variabilität von Low-Code erlaubt zudem, dass sich Unternehmen flexibel an wechselnde Anforderungen anpassen können, ohne aufwendige Umprogrammierungen durchführen zu müssen. Dies ermöglicht es Unternehmen, repetitive und zeitaufwändige Aufgaben zu vereinfachen, was für die Mitarbeiter eine enorme Erleichterung darstellt. Beispiele hierfür sind die Automatisierung von Kundenanfragen, Zahlungsvorgängen sowie Verwaltungstätigkeiten in den Bereichen der Personalverwaltung, Zeiterfassung oder Leistungsbewertungen. Auch lassen sich RPA-Lösungen einfach in die Low-Code-Umgebung einbinden.

 

Im Folgenden sollen Low-Code-Anwendungen in zwei konkreten Bereichen, die nicht unterschiedlicher sein können, präsentiert werden. Jedoch haben sie einen gemeinsamen Nenner, nämlich den eingangs erwähnten Innovationsdruck, der auf vielerlei Ebenen zu spüren ist:

 

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(1) Kundenzentrierung im Einzelhandel richtig meistern

Der Einzelhandel steht vor ständigen Veränderungen und Herausforderungen und die Kundenzentrierung ist zu einem zentralen Anliegen geworden. Doch welche Faktoren müssen berücksichtig werden, um diese richtig umzusetzen?

    • Fortschreitende technologische Entwicklungen: Der technologische Fortschritt hat eine dramatische Veränderung in der Art und Weise bewirkt, wie Einzelhändler mit ihren Kunden interagieren. Die Integration moderner Technologien ist von entscheidender Bedeutung, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Kunden zu begeistern.
    • Sich immer schneller wandelnde Kundenanforderungen: Kundenanforderungen ändern sich heute schneller denn je. Einzelhändler müssen agil sein, um den sich ständig wandelnden Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht zu werden.
    • Bedarf an schneller Anpassung und Flexibilität: Die Fähigkeit, sich rasch an sich ändernde Marktbedingungen anzupassen, ist unerlässlich. Einzelhändler sollten flexibel sein und in der Lage sein, auf Kundenfeedback und Markttrends schnell zu reagieren.
    • Kontinuierlicher hoher Innovationsbedarf: Innovation ist der Schlüssel zur Kundenzentrierung. Einzelhändler müssen ständig nach neuen Möglichkeiten suchen, um das Einkaufserlebnis ihrer Kunden zu verbessern und einen Mehrwert zu bieten.

Beispiel: Produktregistrierung

Ein praktisches Beispiel für die Umsetzung von Kundenzentrierung im Einzelhandel ist die Einführung eines Produktregistrierungsprozesses. Bei der Einführung neuer Produkte wird gleichzeitig eine entsprechende Anwendung entwickelt. Diese ermöglicht es den Kunden, Produkte mithilfe eines QR-Codes auf einfache Weise zu registrieren, indem sie ihn scannen. Durch überzeugende Anreize, z.B. eine Garantieverlängerung und einen benutzerfreundlichen und personalisierten Prozess wird das positive Einkaufserlebnis für den Kunden verlängert. Der Einzelhändler sammelt durch die Registrierung wichtige Kundendaten und gewinnt Einblicke in das Kaufverhalten der Kunden. Abhängig von den Produkten und den eingegebenen Kundendaten können im Registrierungsprozess weitere Prozesse oder Angebote angestoßen werden. Diesen Prozess kann man mit Hilfe einer Low-Code-Plattform sehr effizient, individuell und flexibel umsetzen. Sie ermöglicht eine äußerst schnelle Entwicklung der Produktregistrierungs-App und darüber hinaus lässt sich die Plattform nahtlos in bestehende Systeme integrieren, wie beispielsweise in ein CRM zur Speicherung von Kundendaten, in ein ERP zur Abgleichung von Produktdaten oder in ein Content Management System (CMS) zur Einbindung von Produktinformationen und Bildern.

 

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(2) Gesundheitswesen: hoher Digitalisierungsbedarf über den Patienten hinaus

Die Digitalisierung hat auch das Gesundheitswesen in den letzten Jahren maßgeblich verändert, wobei der Schwerpunkt oft auf den Patienten und seiner »Patienten-Journey« liegt. Patientenportale und Online-Terminvergaben sind mittlerweile Standard geworden. Doch die digitale Transformation der Verwaltung und der zugrunde liegenden Kernsysteme ist eine Herausforderung, der viele Einrichtungen im Gesundheitswesen gegenüberstehen (Stichwort Mitarbeitererlebnis  [1]). Krankenhäuser, Labore und öffentliche Einrichtungen sowie Behörden im Gesundheitswesen kämpfen mit administrativem Aufwand, Papierprozessen und einem Mangel an Schnittstellen zwischen den Systemen und Prozessen. In diesem Zusammenhang erweist sich der Low-Code-Ansatz als äußerst wirkungsvoller Hebel, um die schrittweise Digitalisierung der Prozesse voranzutreiben, während gleichzeitig die Kernsysteme erhalten oder auch sukzessive erneuert werden können. Er ermöglicht die Optimierung des digitalen Arbeitsplatzes der Mitarbeiter und eine nachhaltige Reduzierung der Prozesskosten. Gleichzeitig bietet der Ansatz auch die Möglichkeit, sogenannte »unkritische« patientenbezogene Anwendungsfälle zu adressieren und damit den Geschäftsnutzen der Plattform weiter zu steigern. Beispiele hierfür sind Feedback-Apps oder digitale Kantinenpläne und -bestellungen.

 

Eine transformative Kraft über alle Branchen hinweg

Insgesamt zeigt sich, dass Low-Code insbesondere im Gesundheitswesen und im Einzelhandel eine transformative Kraft hat. Bereits letztes Jahr hat eine Gartner-Studie prognostiziert, dass der globale Markt für Low-Code-Entwicklungstechnologien bis 2023 um fast 20 % wachsen wird. Außerdem sollen Business-Technologien, Hyperautomatisierung und Kompatibilität die Verbreitung der Low-Code-Technologie bis 2026 stark vorantreiben. Das schnelle und unkomplizierte Entwickeln von kundenzentrierten Applikationen und die Verschiebung von papierbasierten Prozessen zu innovativen, digitalen Lösungen stärkt nicht nur die Effizienz, sondern fördert auch die Weiterentwicklung beider Branchen. Während Innovationen florieren und Papierberge schwinden, wird das Potenzial dieser Technologie weiterhin eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung einer – in diesem Fall – zukunftsorientierten, vernetzten und innovativen Gesundheitsversorgung und Einzelhandelserfahrung spielen.

Philipp Sauren

Philipp Sauren ist Director Digital Business Transformation bei der Strategieberatungs- und Technologiefirma IG&H. Mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in der Beratung sowie Industrie unterstützt er Organisationen aus den unterschiedlichsten Bereichen dabei, Strategien und Lösungen zur Digitalen Transformation umzusetzen. Er ist der festen Überzeugung, dass Unternehmen mit diesen Ansätzen nachhaltig wettbewerbsfähig bleiben und so auch mehr Innovationskraft schöpfen können.

 

[1] https://background.tagesspiegel.de/gesundheit/mitarbeiter-erlebnis-entscheidet-ueber-erfolg