Von analogen und digitalen Geschäftsmodellen – Wer treibt die digitale Transformation voran?

Stellen Sie sich eine mittelständische Firma vor – nennen wir sie die Tradition GmbH. Sie hat einen festen Kundenstamm, volle Auftragsbücher, hochqualifizierte Mitarbeiter und verdient mit analogen Geschäftsmodellen und -prozessen gutes Geld. Sie sitzen beim Geschäftsführer und sollen ihn von der Notwendigkeit der digitalen Transformation überzeugen.

Die klassischen Argumente für den digitalen Wandel, etwa Disruption des Geschäftsmodells, neue Konkurrenz durch Brancheneindringlinge oder Fachkräftemangel, klingen für das Management der Tradition GmbH wie ferne Zukunftsmusik. Sie werden Aussagen hören wie »Das betrifft vielleicht andere, ist für uns jedoch nicht relevant.« Als Beweis präsentiert der Geschäftsführer der Tradition GmbH souverän lächelnd die Geschäftszahlen und die hundertprozentige Auslastung für die nächsten 24 Monate. 

Wie kann man solche Unternehmen davon überzeugen, die eigene Transformation voranzutreiben? In diesem Beitrag werden wichtige Treiber der Digitalisierung vorgestellt und deren Motivation erläutert. Diese Treiber beeinflussen jedes Unternehmen weltweit – auch die Tradition GmbH. 

Triebfedern im digitalen Change-Prozess. Egal ob B2B oder B2C, Unternehmen sind immer Teil von Systemen aus Kunden, Wettbewerbern, Zulieferern, Mitarbeitern und anderen. Die einzelnen Player beeinflussen sich und sind voneinander abhängig. Jeder treibt die Digitalisierung aus seiner Perspektive voran. 

So etablieren sich neue Kommunikationskanäle, Lieferketten werden komplett automatisiert, Service-Anforderungen ändern sich permanent. Aufgrund der Abhängigkeiten ist es unmöglich, sich diesen Veränderungsprozessen dauerhaft zu entziehen. Wer es dennoch versucht, findet sich schnell außerhalb des Systems wieder. 

Doch wer sind nun die Treiber, welche individuellen Gründe motivieren sie, sich stetig zu verändern? 

 

Unternehmen sind immer Teil eines Beziehungsgeflechts aus Kunden, Wettbewerbern, Zulieferern, Mitarbeitern und Shareholder. Die einzelnen Player beeinflussen sich und sind voneinander abhängig. Jeder treibt die Digitalisierung aus seiner Perspektive voran.

Unternehmen sind immer Teil eines Beziehungsgeflechts aus Kunden, Wettbewerbern, Zulieferern, Mitarbeitern und Shareholder. Die einzelnen Player beeinflussen sich und sind voneinander abhängig. Jeder treibt die Digitalisierung aus seiner Perspektive voran.

 

Kunden: Auf der Jagd nach dem Wow-Faktor. Es klingt profan, aber in allen Unternehmensbereichen sitzen und entscheiden Menschen. Für eine Kaufentscheidung sind nicht nur rationale Fakten relevant. Auch B2B-Kunden entscheiden oft aus emotionalen Gründen. Immer wichtiger wird eine durchgängig schlüssige Customer Journey gepaart mit einem »Wow-Faktor«, etwa bei Produktpräsentationen via Augmented oder Virtual Reality. 

Und der Einsatz lohnt, denn im B2B-Bereich geht es meist um hohe Stückkosten. Eine Turbine für ein Wasserkraftwerk kauft man eben nicht so oft wie neue Sneaker. Zudem wollen B2B-Kunden verbindliche Informationen darüber, ob ein Produkt ad hoc verfügbar ist und wann genau es geliefert werden kann. Digitale Lösungen ermöglichen erstklassige Nutzererfahrungen und können Kunden auf allen Ebenen begeistern. 

Wettbewerb: Konkurrenz freut sich über neue Kunden. Rückblick: Wenn sich früher ein junger Mensch für sein erstes Auto entschied, blieb er dieser Marke oft treu bis ins Alter. Das galt mit Abstrichen auch im B2B-Bereich. Heute sind Kunden weniger loyal. Es ist viel einfacher geworden, Angebote zu vergleichen und den Anbieter zu wechseln. Wenn Bedürfnisse bei einem Mitbewerber besser befriedigt werden, wandern Kunden ab. Da geht es nicht nur um den Preis, sondern um das Gesamterlebnis: von der Produktpräsentation über den Kaufprozess bis hin zu verbindlichen Informationen zu Verfügbarkeit und Lieferdetails. 

Die Digitalisierung macht massive Wettbewerbsvorteile möglich. Stellen Sie sich vor, Ihr größter Wettbewerber arbeitet intern seit zwei Jahren an der Transformation seiner Geschäftsprozesse. Er könnte morgen Produktion, Sales und Lieferkette auf Knopfdruck umstellen. 

Wenn Ihre Kunden noch ein Formular ausfüllen und faxen müssen, um festzustellen, ob das gewünschte Produkt überhaupt vorrätig ist, werden Sie sie verlieren.

Partner: Don Quichote der Lieferkette. In der Logistik entwickelt sich alles in Richtung vollautomatisierte Supply Chain. Durch das Internet of Things werden Produkte, Lager, Verkauf und Service vernetzt. Predictive Maintenance, Connected Car, Smart City oder andere Anwendungen aus dem Bereich Industrie 4.0 werden zunehmend Standard. 

Zukunftsfähige Unternehmen setzen hier neue Benchmarks. Wer sich ausklammert, befindet sich im sprichwörtlichen Kampf gegen Windmühlen. Um sich nicht von seinen Lieferanten zu isolieren, egal ob es um Bauteile, Rohstoffe, Energie oder Know-how geht, sollte den neuen Standards früh entsprechen.

Shareholder: Show me the money! Shareholder haben genau ein Ziel: Profitmaximierung. Daher sind sie an erfolgreichen bestehenden und neuen gewinnträchtigen Geschäftsmodellen interessiert. Sie haben eine feine Antenne für Profit-gefährdende Faktoren, wie Probleme mit Zulieferern, abwandernde Kunden oder eine sich verschlechternde Wettbewerbsposition.

Wir sprachen bereits über sinkende Loyalität. Im Falle von Shareholdern war diese noch nie besonders ausgeprägt. Sobald sich Erfolgsprognosen verschlechtern, wird nach anderen, profitableren Investitionen gesucht. 

Mitarbeiter: Wer soll die Werte schöpfen? Unser Alltag wird immer mehr zu einer digitalen Erlebniswelt. Das allgegenwärtige Smartphone dient als Schlüssel zum Online-Shoppen, Spotify hören, Netflix schauen, Mobile Payment und Vieles mehr. Und das sind nur Anwendungsfälle für Menschen, die wenig technik-affin sind. Digital Natives sind mit dem Internet aufgewachsen und nutzen die vernetzten Möglichkeiten ganz natürlich.

Es ist absurd, diese Skills im Arbeitsumfeld zu ignorieren. Innovationsfreudige Mitarbeiter frustriert sowas und auf dem derzeitigen Arbeitnehmermarkt sind sie schnell weg. Und ein schlechtes Arbeitgeber-Image minimiert die Chancen im Wettbewerb um Talente. Das gilt besonders für gute Azubis und Young Professionals. 

Jetzt starten – ohne Patentrezept. Sicher gibt es auch in den nächsten Jahren noch Unternehmen, die gute Geschäfte mit alten Geschäftsmodellen machen. Doch nur das smarte Zusammenfließen von Menschen, Daten und Dingen sichert höchste Wettbewerbsfähigkeit. 

Also: Sagen Sie dem Geschäftsführer der Tradition GmbH, dass seine heutige wirtschaftliche Basis der ideale Startpunkt für die Transformation ist. Doch Vorsicht vor vermeintlichen Patentrezepten. Der Wandel wird nur dann erfolgreich sein, wenn die jeweiligen individuellen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Deshalb sollten angestoßene Change-Prozesse stetig kritisch hinterfragt werden. Je früher Sie beginnen, desto schneller amortisieren sich die Investitionen. Die digitale Transformation ist reale Gegenwart und gleichzeitig auch die Zukunft – gestalten Sie sie zu Ihrem Vorteil.


Timmo Köhler,
Geschäftsführer bei
bitgrip GmbH,
Partner für Digitalisierung

 

 

Illustration: © gualtiero boffi, bsd /shutterstock.com

 

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